Anonymous vs. Scientology: Koordinations-Website geht offline

Am Donnerstagabend ging die Website Enturbulation.org überraschend offline. Für die als "Anonymous" firmierenden Anti-Scientology-Aktivisten waren die Webforen einer der wichtigsten Koordinationspunkte.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 249 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Gerald Himmelein

Seit Donnerstagabend ist die Website Enturbulation.org offline. Für die als "Anonymous" firmierenden Anti-Scientology-Aktivisten waren die Webforen der Site einer der wichtigsten Orte zur weltweiten Koordination. Anfang September begann eine Welle von DDoS-Attacken, die den Server bis zuletzt stark ausbremsten. Für den jetzigen Totalausfall sind diese Attacken jedoch nur mittelbar verantwortlich.

In einem Telefonat mit heise online erklärte "LE", der Haupt-Administrator von Enturbulation, er habe den Server aufgrund einer Reihe von Schwierigkeiten vorübergehend abschalten müssen und aus dem Rechenzentrum abtransportiert. LE zufolge soll Enturbulation.org in zwei bis vier Wochen wieder online gehen – unter einem neuen Dach und mit einem leistungsstärkeren Server.

Zahlreiche Gründe führten zur vorübergehenden Schließung, darunter schwelende Konflikte zwischen Administratoren, ein potenzielles Sicherheitsproblem und die fortgesetzten Performance-Probleme durch die DDoS-Angriffe. LE zeigte sich zuversichtlich, dass der Enturbulation-Ausfall die Aktivitäten der Anonymous-Bewegung gegen Scientology nicht beeinträchtigen werde.

Im Februar versammelte sich eine Gruppe von Aktivisten unter dem Namen "Anonymous", um im Monatsrhythmus friedlich weltweit gegen die Scientology-Organisation zu protestieren. Anonymous hat weder eine Mitgliedsstruktur noch eine Führungshierarchie; viele Teilnehmer kennen einander nur über Online-Pseudonyme. Im März gingen weltweit über 9000 Demonstranten gegen Scientology auf die Straße. Der vorübergehende Ausfall des bisher größten Koordinationshubs kommt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt: Seit dem Hochpunkt im März sinken die Teilnehmerzahlen bei den weltweiten Demonstrationen ständig. Dazu trugen nicht zuletzt interne Konflikte bei, die in diversen Foren ausgetragen wurden. Zur bisher letzten Protestwelle am 13. September fanden nur noch knapp über 1000 Teilnehmer zusammen.

Als vor einer Woche einer der Administratoren öffentlich die Schließung von Enturbulation vorgeschlagen hatte, fassten die meisten Forenteilnehmer dies noch als schlechten Scherz auf. Bis Enturbulation wieder online ist, werden die gegen Scientology gerichteten Aktivisten auf alternative Foren ausweichen müssen. Derzeit dient Scientology Exposed als Hauptauffangbecken für Enturbulation-Exilanten. Anonymous Resources führt ein Register über alle bekannten Websites lokaler Anonymous-Gruppen.

Die Urheber der DDoS-Angriffe sind weiterhin unbekannt. In diversen IRC-Channels wird gemunkelt, die Verantwortlichen seien andere Anons, denen die Aktivitäten gegen Scientology ein Dorn im Auge sind. Es ist aber nicht auszuschließen, dass die Angriffe mittelbar von Scientology ausgehen – schließlich hatte die Anonymous-Bewegung ihr Vorgehen gegen die umstrittene Organisation ihrerseits mit einem verteilten Angriff auf Scientology-Webseiten begonnen.

Mehr zu den Aktionen von Anonymous gegen Scientology:

(ghi)