Künftiges Init-System der Linux-Distribution Debian: Zwischen Patt und allgemeiner Abstimmung

Derzeit scheint im technischen Leitungsgremium der Linux-Distribution ein Patt zwischen den Befürwortern von Systemd und Upstart zu herrschen. Möglicherweise können am Ende aber auch alle Debian-Entwickler über das künftige Init-System abstimmen.

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Von
  • Thorsten Leemhuis

In den Diskussionen über das zukünftige Standard-Init-System von Debian haben jetzt alle Mitglieder des Debian Technical Committee öffentlich Stellung bezogen. Unter den Debian-Entwicklern herrscht Einigkeit, das alte Sysvinit durch ein moderneres Init-System abzulösen; diskutiert wird, ob das für Ubuntu entwickelte Upstart oder der im Fedora-Umfeld entstandene Systemd eingesetzt werden sollen.

Eine offizielle Entscheidung hat das technische Komitee der Linux-Distribution noch nicht getroffen. Nach derzeitigem Stand der Diskussion könnte es zu einer Pattsituation kommen, bei der der Vorsitzende das letzte Wort hätte. Doch selbst eine Festlegung auf ein Init-System bedeutet möglicherweise kein Ende der Debatte: Ein Debian-Entwickler erwägt bereits, eine Abstimmung unter allen Entwicklern herbeizuführen.

Recht klar für Systemd votiert haben das Technical-Committee-Mitglied Russ Allbery, der Vorsitzende Bdale Garbee und Neumitglied Keith Packard. Für Systemd ausgesprochen hat sich auch Don Armstrong, allerdings nicht so deutlich. Klar hinter Upstart stehen Ian Jackson, Steve Langasek und Colin Watson – die beiden Letztgenannten arbeiten bei Ubuntu-Sponsor und Upstart-Entwickler Canonical. Auch Andreas Barth tendiert zu Upstart, aber weniger deutlich. Damit steht es derzeit vier zu vier; sollte dieses Patt in der offiziellen Abstimmung des CTTE bestehen bleiben, muss der CTTE-Vorsitzende entscheiden.

[Update 21.1., 18:30] Eine Seite in Debians Debatten-System fasst die Argumente für und gegen Systemd, Upstart, das alte Sysvinit und einige andere Optionen zusammen. (Danke an Hendrik Weimer für den Hinweis.)

In den Dezember- und Januar-Archiven der CTTE-Mailingliste finden sich zahlreiche Beiträge, in die Mitglieder des Debian Technical Committee zusammen mit anderen über das Für und Wider der verschiedenen Init-Systeme diskutieren. Neben den Statements der Mitglieder des Gremiums findet sich dort unter anderem auch eine Mail von Noa Resare, der sich im Namen des Musik-Dienstes Spotify für Systemd ausgesprochen hat.

In einer anderen Mail berichtet Ian Jackson von einem kürzlich abgehaltenen IRC-Meeting des Technical Committee. Dessen Mitglieder seien sich demnach einig, dass in der kommenden Debian-Version 8 (Jessie) SysV-Scripte zum Start von Diensten Pflicht bleiben. Zudem dürfe Software, die nicht zum Init-System gehört, kein bestimmtes Init-System voraussetzen – das könnte den Betreuern der Gnome-Pakete das Leben erschweren, denn der Desktop erwartet mehr und mehr Teile von Systemd. Jackson erwähnt einige weitere Fragen, die es vor einer Abstimmung über das Standard-Init-System noch zu klären gäbe.

Debian-Entwickler Guillem Jover zeigte sich indes unzufrieden: Es sei nicht angebracht, dass eine kleine Gruppe von Entwicklern eine Entscheidung treffe, die für das Debian-Projekt derart weitreichende Bedeutung habe. Er präsentierte den Antragsentwurf für eine "General Resolution". Sollte dieser Antrag akzeptiert werden, dürfen alle Debian-Entwickler über das zukünftige Standard-Init-System abstimmen. (thl)