30 Jahre Macintosh: Als 1984 nicht wie "1984" war...

Am 24. Januar 1984 stellte Steve Jobs den Ur-Mac mit 128 KByte vor und zielte damit gegen die "grauen Herren in ihren grauen Anzügen mit ihren grauen Rechnern". Eine kurze Apple-Zeitreise.

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Wenn die Geschichte stimmt, die der frühe Apple-Programmierer Andy Hertzfeld zu erzählen weiß, war der 24. Januar 1984 für das Macintosh-Team kein Tag wie jeder andere. Statt wie üblich gegen 10 Uhr bei Apple aufzuschlagen, kamen die Entwickler bereits um 7 Uhr 30 in das Bürogebäude Bandley 3, um dann gemeinsam zum Flint Center in Cupertino zu marschieren, das Apple für sein Aktionärstreffen und die Macintosh-Präsentation gebucht hatte.

Steve Jobs, mit seinen nicht ganz 29 Jahren unzweifelhafter Anführer der Gruppe und "Master of Ceremonies", hatte am Wochenende zuvor ein einziges Mal durchgängig geprobt – laut Hertzfeld hasste er die Perfektionierung seiner Auftritte durch ständiges Wiederholen damals noch. Dabei gab es noch jede Menge Probleme beim Demo-Teil der großen Präsentation, die den Mac unter anderem sprechen ließ (siehe Video). Und laut Aussagen des damaligen Apple-Chefs John Sculley hatte Jobs richtig Bammel, dass etwas schief gehen könnte.

Apple hatte den Mac in wenigen Jahren vom Forschungsprojekt zur Zukunftshoffnung für das Unternehmen erkoren, das seit 1977 vor allem von der Substanz des Heimcomputers Apple II lebte und mit dem teuren Bürorechner Lisa auf dem Markt nicht vorankam. IBM saß Apple mit seinem PC-Erfolg im Nacken, weshalb Jobs' Präsentation mit dem berühmten "1984"-Werbespot von Ridley Scott auch gegen die "grauen Herren in ihren grauen Anzügen mit ihren grauen Rechnern" abzielte, wie es damals gerne hieß. (Der Mac kam dagegen in Beige, Pantone-Farbcode 453 – und Apple packte ans Ende von Ridley Scotts Werbespot den Claim "On January 24th, Apple Computer will introduce Macintosh. And you will see, why 1984 won't be like '1984'".)

Was Jobs dann am Morgen des 24. Januar 1984 vor mehr als 2500 Besuchern präsentierte, war in der Tat revolutionär. Der Macintosh 128K kam mit dem Motorola 68000 Prozessor, der mit effektiv 8 MHz lief. Der Preis von 2500 US-Dollar war zwar höher, als Apple zuvor versprochen hatte. Doch die grafische Oberfläche mit ihren 512 mal 342 Bildpunkten auf dem eingebauten 9-Zoll-Schwarz-Weiß-Röhrenmonitor blieb beeindruckend. Ähnliche GUIs hatte es vorher nur in Profisystemen zu fünfstelligen Beträgen gegeben.

Trotzdem war der Ur-Mac im Grunde zu schwachbrüstig. Mit vielen Softwaretricks gelang es Apple aber, ein gut funktionierendes Ökosystem zusammenzuzimmern, das revolutionäre Programme wie MacPaint und frühe Desktop-Publishing-Systeme wie PageMaker ausführen konnte. Viele Nutzer lernten erst mit dem Mac, was denn dieses seltsame Zeigeinstrument "Maus" ist und warum man damit einen Pfeil auf dem Bildschirm mit vielen "Fenstern" zu steuern hatte.

Apples Macintosh (8 Bilder)

Macintosh 128k mit Zubehör

Der 128k-Ur-Mac. Man beachte das zusätzliche Floppy-Laufwerk, das auf dem Schreibtisch einigen Platz einnimmt. (Bild: Apple)

Jobs konnte zwar ein faszinierendes Produkt vorstellen, doch es sollte noch Jahre dauern, bis Apple der Marktdurchbruch gelang. 1985 wurde der Firmengründer dann von Sculley ausgebootet, unter dessen Ägide dann eine Reihe unterschiedlichster Macs vom Quadra bis zum PowerBook entstand, die zwar immer besser wurden, den neuen Hauptgegner Microsoft Windows aber nicht besiegen konnten.

Mitte der 1990er-Jahre ging es mit Apple dann massiv bergab. Der Marktanteil war eingebrochen und es gelang dem Computerkonzern nicht, sein klassisches Mac-Betriebssystem zu renovieren. Schließlich holte der damals aktuelle Apple-Chef Gil Amelio Steve Jobs zurück, der eine Renaissance des Konzerns (und des Macs) einleitete.

Los ging es mit dem vom heutigen Design-Chef Jony Ive gestalteten Ur-iMac, der 1998 mit seinem All-in-one-Gehäuse die Herzen früher Internet-Nutzer eroberte und in kaum einem Start-up-Büro fehlen durfte. Es entstanden Hits wie der Einsteiger-Laptop iBook (anfangs bunt mit Henkel, später in strahlendem Weiß), immer wieder neue Power-Mac- und PowerBook-Varianten und ebenso stark geliebte wie kritisierte Cube.

Vom Quadra bis zum Röhren-Mac Pro (7 Bilder)

Quadra 610

Eine der zahlreichen Desktop-Maschinen, die Apple in den Neunzigerjahren auf den Markt brachte. Revolutionäres Design war das nicht. (Bild: Apple)

Ab Sommer 2005 gefror dann die Hölle, wie Jobs süffisant formulierte: Apple hatte sich entschieden, von PowerPC-Prozessoren wie dem G5 (der es niemals in Mobilrechner geschafft hatte) auf die Intel-x86-Plattform zu wechseln. Seither nutzt Apple die jeweils neueste PC-Chiptechnik, was unter anderem erlaubt, auf Wunsch problemlos auch Windows auf dem Mac auszuführen.

Weitere signifikante Entwicklungen waren der kompakte Mac mini (ab 2005), das MacBook Air (ab 2008), immer flachere neue iMacs sowie zuletzt MacBook Pro Retina und – nach einem langjährigen Verharren im liebevoll Käsereibe genannten Alu-Design – der aktuelle "Röhren"-Mac Pro.

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Und die Macintosh-Geschichte ist noch nicht beendet. Auch wenn mancher Analyst behauptet, Apple habe vor, seine iOS-Gerätelinie mit dem OS-X-basierten Mac zusammenzuführen, zeigt der Konzern mit regelmäßigen Weiterentwicklungen, dass er noch immer am traditionellen Computermarkt interessiert ist. Das hat auch wirtschaftliche Gründe: Mit dem Mac gelang es Apple in den letzten zehn Jahren als einzigem großen Computerhersteller, regelmäßig zu wachsen und dabei gutes Geld zu verdienen.

Wer den Macintosh-Geburtstag angemessen feiern will, muss unterdessen nicht nach Cupertino fahren, wo es heute eine große Party gibt. Im Technikmuseum Phantechnikum in Wismar zeigen Mitglieder der Apple-User-Group einen Macintosh 128K in Aktion.

Das aktuelle Heft 1/14 von Mac & i erzählt die Geschichte aus 30 Jahren Mac ausführlich nach – inklusive persönlicher Anekdoten der Redakteure. (bsc)