Philips' TV-Geschäft: Ein langes Sterben

Auch in Europa streckt der Philips-Konzern im TV-Geschäft endgültig die Waffen – Marke und Produkte gehen zu TP Vision. Früher setzte das Unternehmen Maßstäbe in der Branche. Ein Rückblick.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 186 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Karl-Gerhard Haas
Inhaltsverzeichnis

Philips gibt die verbliebenen 30 Prozent des Gemeinschaftsunternehmens TP Vision, das Europa und Asien mit Philips-Fernsehern beliefert, an den Partner TPV ab. Damit geht ein langes Sterben zu Ende. Dabei setzten die Niederländer (und Belgier; ein Gutteil der TV-Entwicklung war in einem Philips-Werk in Brügge angesiedelt) in ihren besten Zeiten Maßstäbe in der Branche und bedienten die gesamte TV-Kette von der Studiotechnik bis zum Fernseher. Es gab mit der "Iconoscope" eine eigene Aufnahmeröhre für TV-Kameras; die zum Schluss zusammen mit LG betriebene Bildröhrenfabrik in Aachen lieferte nicht nur für die eigenen TVs, sondern auch an Grundig, Loewe oder Panasonic.

Die Anfänge waren bescheidener: In den Kindertagen des Fernsehens war Philips zwar dabei – das erste TV-Gerät baute das Unternehmen 1928; 1936, als die BBC die RadioOlympia organisierte, war auch ein Philips-TV am Start. Den ersten Philips-Farbfernseher gab es 1964, beim Beginn des PAL-Farbfernsehens 1967 war auch Philips dabei. Bis in die späten 1980er setzten allerdings andere Hersteller die Meilensteine. PAL wurde von Walter Bruch bei Telefunken entwickelt, die Trinitron-Bildröhre kam von Sony, den ersten europäischen Fernseher mit Stereoton baute Loewe.

Aber kein Hersteller setzte so früh und konsequent auf die 100-Hertz-Technik wie Philips. Das erste Gerät dieser Bauart stellte zwar 1987 ITT-Schaub-Lorenz (später Nokia) vor – die Technik war aber nicht ausgereift; ob es je in den Handel kam, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Parallel zu Grundig konnte Philips dann aber ab 1989 liefern – das lästige Großflächenflimmern der Bildröhren in 50-Hertz-Ländern war dank 100 Hertz passé. Die erste Generation der 100-Hertz-Technik hatte nur einen Fehler: Sehr schnelle Schwenks und quer laufende Titel ruckelten.

In den Folgegenerationen verzettelte sich Philips: Ein "Digital Scan" genanntes System sollte zusätzlich das Halbbild-Zeilenflimmern wegputzen, was aber nur bei Standbildern gut gelang. Diese Schwäche sollte Bewegungsvorhersage eliminieren – "Natural Motion" war geboren. Mit der Mitte der 1990er verfügbaren Rechenleistung klappte auch das zunächst mehr schlecht als recht. Im Jahr 2000 war es so weit: Mit "Digital Natural Motion" gelang es Philips, ein weitgehend großflächen- und zeilenflimmerfreies sowie flüssiges Bewegtbild darzustellen.

Philips: Das Ende einer Ära (6 Bilder)

Premiere: Philips stellt 1997 Europas ersten Flach-TV vor - mit eher bescheidenem Bild und zum Preis von nur noch 15.000 Euro.

2002 kam mit "Pixel Plus" die Antwort auf einen ähnlichen, nicht sehr erfolgreichen Vorstoß Sonys names DRC (Digital Reality Creation): Die Fernseher hauten das Auge übers Ohr und gaukelten ihm ein Mehr an Details vor. Technisch war’s ein Taschenspielertrick – was nicht an Informationen im Bildsignal enthalten ist, kann kein noch so cleverer Algorithmus wiederherstellen. Aber er kann erfolgreich so tun als ob – wie jeder Nutzer von Bildbearbeitungssoftware bestätigen kann.

All das wertete den Bildeindruck von Röhrengeräten auf – Schlusspunkt der Entwicklung war 2006 der erste Röhren-TV (32 PW 9551) mit HDMI-Eingang. Schon 1997 brachten die Niederländer den ersten Flach-TV Europas in den Handel – zum stolzen Preis von umgerechnet 15.000 Euro. Der von Fujitsu gelieferte 1,07-Meter-Bildschirm (42 Zoll) wies stolze 852 × 480 Pixel auf, über die Bildqualität schweigt des Sängers Höflichkeit. 2001 hatte Philips mit dem 32 PF 9964 einen Plasma-TV mit 82 Zentimetern Diagonale im Programm – mit besserem Bild und einem fast zivilen Preis von 6000 Euro.

Das Vermarktungs-Glanzstück in der jüngeren Philips-TV-Geschichte ist aber das 2004 eingeführte Ambilight, eine integrierte Fernsehleuchte. Fernsehen wurde objektiv entspannter; subjektiv wirkte der Bildschirm größer – und anders als viele andere technische Finessen ist es ein Ausstattungsmerkmal, das sich von selbst erklärt.

Zu besseren Zeiten forschte Philips – meist mit dem verbliebenen europäischen Partner Thomson – an HDTV. Ähnlich wie die Japaner mit ihrem analogen Muse-System war das von Philips und Thomson in den späten 1980ern konzipierte HD-MAC zu früh und zu teuer – wie wir zwischenzeitlich wissen, brauchte es Flachbildschirme und Digitaltechnik, um HDTV zum Durchbruch zu verhelfen. (anw)