Schwedische GEMA testet Modell zur Legalisierung von Filesharing

Die schwedische Verwertungsgesellschaft für Musikrechte will mit Zugangsanbietern ein Modell erproben, bei dem die Provider mit dem Zugang eine optionale Musikflatrate anbieten.

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  • Theo Röhle

Ein Modell zur Legalisierung sämtlicher Musikdownloads aus dem Internet will die schwedische Verwertungsgesellschaft für Musikrechte (Stim) ab Herbst erproben. Mit mehreren Internetanbietern diskutieren die Verwerter derzeit Möglichkeiten, die Verträge der Kunden um eine optionale Musik-Flatrate zu erweitern. Eine speziell entwickelte Software soll registrieren, welche Lieder auf den Rechnern der Nutzer abgespielt werden.

Die Verwertungsgesellschaft hatte sich bereits im Februar mit dem Vorschlag zu Wort gemeldet, zusammen mit Zugangsanbietern die Voraussetzungen für eine Musik-Flatrate auszuloten. Vorgesehen ist, dass die Anbieter Lizenzverträge mit Stim abschließen und die Kosten dann in Form einer optionalen Musik-Flatrate an ihre Kunden weitergeben. Bei einem gemeinsamen Treffen von Vertretern schwedischer Internetanbieter, der Musikbranche und Stim wurden nun weitere konkrete Schritte verabredet. Ab Herbst dieses Jahres soll das Interesse der Kunden für die "fairen" Flatrates getestet werden.

"In unserer Vision soll man all die Musik hören können, die im Internet zu haben ist, genauso wie wir Fernsehen gucken; legal und ohne darüber nachzudenken, was gerade dieses Programm uns kostet", erklärte die stellvertretende Stim-Vorsitzende Eva Modin. Anders als bei den bisher verfügbaren Flatrate-Angeboten wird jedoch kein begrenzter Katalog zum Download zur Verfügung gestellt. Die Lizenzkosten sollen danach berechnet werden, welche Dateien beim Nutzer tatsächlich abgespielt werden, unabhängig von ihrer Herkunft. So soll eine gerechte Verteilung der Einnahmen auf die Urheber gewährleistet werden.

Auf welcher Datengrundlage diese Berechnungen angestellt werden sollen, ist bisher allerdings noch unklar. Ein Vorschlag sieht vor, dass Stim Statistiken auswertet, die Nutzer selbst über ihre Hörgewohnheiten erstellen. Als technische Lösung wird dagegen eine spezielle Software diskutiert, die im Hintergrund die ID3-Tags der abgespielten MP3-Dateien ausliest und anonyme Statistiken an Stim übermittelt. Laut eines von Stim in Auftrag gegebenen Forschungsberichts wurden in Schweden im vergangenen Jahr insgesamt 700 bis 900 Millionen Musik-Dateien heruntergeladen; pro Person seien das jeweils 540 pro 700 Dateien oder 55 bis 70 Alben. Zum Vergleich: Der Bundesverband Musikindustrie bezifferte die Zahl der illegalen Musikdownloads für 2007 auf 312 Millionen.

Mit dem neuen Modell will Stim einen Ausweg aus den "Grabenkämpfen" der File-Sharing-Debatte bieten, der sowohl die veränderten Gewohnheiten der Musikkonsumenten als auch die Rechte der Urheber berücksichtigt. Einem Bericht der Tageszeitung Dagens Nyheter zufolge haben mehrere große Internetanbieter bereits Interesse an dem Modell signalisiert, bei Tele2 sollen auch schon erste Preisvorstellungen von rund 5 Euro pro Monat im Gespräch sein.

Die Testphase im Herbst wird erste Aufschlüsse darüber liefern, ob sich das Modell in Schweden langfristig etablieren lässt. Aufgrund des vergleichsweise hohen schwedischen File-Sharing-Aufkommens lassen sich Preisgestaltung und technische Verfahren dann eventuell auch auf andere Ländern übertragen. Ausschlaggebend für den Erfolg könnte dabei jedoch die Frage werden, ob sich die Nutzer auf die Erfassung ihrer individuellen Musikgewohnheiten einlassen. (Theo Röhle) / (vbr)