Streit über Googles Quantencomputer

Ein Team um den Schweizer Matthias Troyer hat den Quantencomputer in Googles KI Lab gegen herkömmliche Supercomputer antreten lassen. Über das Ergebnis gibt es eine heftige Debatte.

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Der D-Wave-Quantencomputer, der am gemeinsamen KI-Labor von Google und der NASA installiert ist, kann die Lösung für ein komplexes Problem aus der Festkörperphysik nicht schneller finden als klassische Supercomputer. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung, die der Physiker Matthias Troyer von der ETH Zürich Ende Januar im Preprint-Archiv arxive.org veröffentlicht hat (Defining and detecting quantum speedup, Troels F. Rønnow, Zhihui Wang, Joshua Job, Sergio Boixo, Sergei V. Isakov, David Wecker, John M. Martinis, Daniel A. Lidar, Matthias Troyer). Über die Interpretation der Ergebnisse ist erneut eine heftige Diskussion entbrannt.

Quantencomputer sind eigentlich bislang noch Stoff für Science-Fiction-Romane. Theoretisch können sie in einer Minute Probleme lösen, an denen konventionelle Computer Tausende von Jahren arbeiten. Bisher gibt es jedoch nur Prototypen, an denen Wissenschaftler zeigen, dass die Idee im Prinzip funktioniert. Wirklich nützlich sind diese Maschinen bisher noch nicht.

Einzige Ausnahme: Das kanadische Unternehmen D-Wave Systems behauptet, den Stein der Weisen gefunden und eine Architektur für alltagstaugliche Quantenrechner entwickelt zu haben. Darüber tobt jedoch ein heftiger akademischer Streit. Denn bislang konnte das Unternehmen der Forschungs-Community weder beweisen, dass sein Rechner Quanten-Eigenschaften nutzt, noch dass er spürbar schneller rechnet.

Anders als die meisten universitären Forschungsprojekte setzt D-Wave auf ganz spezielle Quantensysteme: supraleitende Leiterschleifen aus Niob. Prinzipiell kann der Strom darin sowohl im als auch gegen den Uhrzeigersinn fließen. Jede supraleitende Schleife verhält sich damit wie ein überlagertes Quantensystem mit zwei Zuständen – ein Qubit. Über programmierbare Spulen verbindet D-Wave die einzelnen Leiterschleifen miteinander, überlagert das Ergebnis mit weiteren Magnetgeldern und stellt eine komplexe Energie-Landschaft her. Solche adiabatischen Quantencomputer eignen sich nur für Optimierungsprobleme, sind aber sehr viel robuster als Quantenrechner, die zum Beispiel mit Ionenfallen arbeiten.

Für Google und die Nasa installierte D-Wave im Sommer 2013 im Supercomputer-Forschungszentrum der Nasa sein neuestes Modell. Seit dem Herbst läuft die Maschine. Jetzt wollen die Projektpartner sie erstmals mit praktischen Problemen füttern und untersuchen, ob der D-Wave-Rechner wirklich spürbar schneller rechnen kann.

Troyer und Kollegen prüften das nun für die Berechnung des Grundzustandes eines Spin-Glases. Ihr Ergebnis: Bei einzelnen Rechenläufen war der D-Wave-Rechner schneller, bei einigen aber auch langsamer als klassische Rechner. Mit zunehmender Zahl der Spins wuchs jedoch im Mittel auch beim Quantenrechner die Rechenzeit exponentiell an. D-Wave-Kritiker wie der Physiker Scott Aaronson sehen sich durch das Paper bestätigt.

Jeremy Hilton, der bei D-Wave die Prozessor-Entwicklung leitet, betont dagegen, der 512-Qubit-Chip, der für den Test verwendet wurde, zeige für "diesen speziellen Benchmark" keinen Geschwindigkeitsvorteil. Für diesen speziellen Anwendungsfall habe man das aber auch nicht erwartet. Die D-Wave-Hardware könne aber bereits jetzt mit den besten klassischen Computern mithalten. "Im Lauf der nächsten Jahre werden wir sie überholen." Noch in diesem Jahr will D-Wave einen Chip mit 1000 Qubits präsentieren. (wst)