450 Jahre Galileo Galilei: ein unendlicher, offener Raum

Vor 450 Jahren wurde Galileo Galilei geboren, der mit seinen Beobachtungen die Grundlage für das moderne Bild des Universums legte.

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Von
  • Detlef Borchers

Für viele Menschen ist Galileo Galilei der Typ mit dem Fernrohr, der beweisen konnte, dass die Erde sich um die Sonne dreht und sich mit der katholischen Kirche verkrachte. Für wenige ist er der erste moderne Wissenschaftler, der mit eigener Werkstatt und Drittmittelforschung unerbittlich empirisch harte Beweise ermittelte -- und sich 22 Jahre Zeit ließ, die Theorie von Nikolaus Kopernikus und die Berechnungen von Johannes Kepler zu beweisen.

Vor 450 Jahren wurde Galileo Galilei in der Nähe von Florenz geboren. Nach vielen Jahren als Mathematik-Professor und unermüdlicher Experimentator neuer Geschäftsideen nutzte er ein durch Experimente verbessertes Fernrohr, das in den Niederlanden von Hans Lippershey erfunden wurde, um in den Weltraum zu sehen. Mit der Entdeckung der Jupitermonde ist Galilei der Begründer der modernen Weltraumforschung. Für Isaac Newton wie für Albert Einstein war er der Gigant, auf dessen Schultern sie weiter sehen können. Für die katholische Kirche ist er ein andauerndes Ärgernis.

Als die ersten Nachrichten über ein geheimnisvolles Fernrohr aus den Niederlanden nach Italien gelangten, verwandelte der an der Universität von Padua lehrende Galileo Galiei seinen Palast in eine Großforschungs-Sternwarte: Padua gehörte damals zum Einzugsbereich der Republik Venedig. Diese wollte Fernrohre, um ihre Schiffe frühzeitig vor Angriffen absichern zu können. Galilei und seine Gehilfen experimentierten mit über 2000 kristallklaren Linsen, die die Glasbläser aus Murano lieferten und die Brillenschleifer Venedigs auswölbten. Seine eigene Erfindung war eine Art Blendenring, der die Ausstrahlung der lichtstreuenden Randzonen blockierte. Mit seinem ersten guten Fernrohr schaute er in den Himmel und zur Milchstraße, über die damals viele Philosophen grübelten. In dem eiligst danach veröffentlichten Sternenboten schrieb er:

Die Galaxis ist nämlich nichts anderes als eine Ansammlung zahlloser, haufenförmig angeordneter Sterne, denn auf welches Gebiet sich das Fernrohr auch richtet, bietet sich dem Auge unverzüglich eine gewaltige Menge von Sternen dar.

Aufzeichnungen über die Positionen der Jupitermonde an verschiedenen Tagen.

Den wissenschaftlichen Durchbruch erzielt Galilei indes mit der Entdeckung der Jupitermonde. Ihre im "Sternenboten" enthüllte Existenz kann über die Jahre hinweg auch von Wissenschaftlern mit schlechterer Ausstattung bestätigt werden. Besonders Johannes Kepler freut sich, der ohne jedes Fernrohr mit den Daten von Tycho Brahe die elliptischen Bahnen der Planeten errechnete. Nach Lektüre des "Sternenbotens" schreibt er begeistert nach Italien:

Komme erst mal einer, der die Kunst des Fliegens lehre, dann werde es an Kolonisten aus unserem Menschengeschlecht nicht fehlen. /../ Und so, als ob die wagemutigenden Reisenden schon morgen vor der Tür stünden, wollen wir die Astronomie für sie begründen, ich die des Mondes, du, Galilei, die des Jupiter.

Zeit seines Lebens versuchte Galileo Galilei am florentinischen Hof, an dem sein Vater als Musiker brillierte, eine einflussreiche Stellung zu ergattern. Sein persönliches Pech war es, sein in Dialogform veröffentlichtes Hauptwerk über die Planetenbahnen mit der Figur eines Trolls namen Simplicus zu bestücken, der fortlaufend unsinnige Einwände gegen die Planetentheorie vorbringt. Seinen Gegnern gelang es, den damals neu gewählten Papst Urban zu suggerieren, dass er selbst gemeint sei. Das Urteil, lebenslanger Hausarrest, fiel sehr milde aus, anders als bei Giordano Bruno.

Über Galilei schrieb Michel Foucault: "Der wahre Skandal von Galileis Werk war nicht so sehr die Wiederentdeckung, das sich die Erde um die Sonne dreht, sondern die Konstituierung eines unendlichen und unendlich offenen Raumes; dergestalt, dass sich die Ortschaft des Mittelalters gewissermaßen aufgelöst fand: der Ort einer Sache war nurmehr ein Punkt in ihrer Bewegung". (jo)