Kunsthand mit Gefühl

Eine neue Generation von Prothesen wird Patienten endlich erlauben, Form und Struktur von Objekten zu ertasten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 1 Kommentar lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Veronika Szentpetery-Kessler

Mit neuartigen Prothesen können Amputierte nicht nur greifen sondern auch fühlen. Das berichtet Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe (hier im Heise-Shop erhältlich). Forschern der Case Western Reserve University in Cleveland haben es geschafft, eine Kunsthand so mit körpereigenen Nerven zu verbinden, dass der Träger Tasteindrücke erhält. Dazu statteten sie die Prothese mit Drucksensoren aus. Um die Signale ans Gehirn weiterzuleiten, umhüllten die Wissenschaftler drei Nervenbündel im Armstumpf mit je einem dünnen Schlauch. Auf ihm sitzen Elektroden, die das Tastsignal an die Nervenfasern übermitteln.

Mal sei es, als berühre er einen fliegenden Ball, erzählt Proband Igor Spetic gegenüber Technology Review. Mal fühle es sich an, als handle es sich um weichen Stoff oder Sandpapier. „Es ist wirklich spannend zu sehen, was möglich ist“, erklärt der Arbeiter aus Madison (Ohio), der seine Hand bei einem Unfall an einer Maschinenpresse verloren hatte. Der 48-jährige kann Berührungen an einzelnen künstlichen Fingern des Prototyps spüren und auch an der Handrückseite. Spetic konnte sogar vorsichtig Kirschen entstielen, ohne sie zu zerdrücken.

Ähnliches gelang kürzlich zwar auch Forschern der ETH Lausanne mit der „Lifehand-2“-Prothese, die sie gemeinsam mit Partnern aus Deutschland, Italien und England entwickeln. Bei ihr waren die Elektroden direkt mit den Nerven verbunden. Die Methode liefert den Wissenschaftlern zufolge zwar bessere Tasteindrücke – deren Qualität jedoch mit der Zeit spürbar abnahm. Die Kunsthand aus Cleveland dagegen liefert seit anderthalb Jahren eine gleichbleibend gute Signalqualität, berichtet Dustin Tyler, Leiter des Projekts an der Case Western Reserve University in Cleveland.

Perfekt ist aber auch dieses Modell noch nicht, gibt Tyler zu. Dieselbe Berührung fühlt sich unterschiedlich an, je nachdem, wie der Neuroforscher die Signalübertragung justiert. Bis die fühlende Prothese marktreif ist, wird es dem Wissenschaftler zufolge aber noch bis zu zehn Jahre dauern.

Mehr zum Thema in Technology Review:

(vsz)