Erste präzise Genchirurgie bei Primaten

Chinesische Forscher arbeiten an Methoden, Eingriffe in die DNA deutlich genauer zu machen.

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Von
  • Susan Young

Chinesische Forscher arbeiten an Methoden, Eingriffe in die DNA deutlich genauer zu machen.

Eine neue Gentherapie-Technik, die vor einem Jahr bekannt wurde, sorgt bei Forschern für große Hoffnungen. Sie erlaubt nämlich eine Art Mikrochirurgie bei Genen: punktgenaues Einfügen, Ausschneiden sowie Umschreiben von DNA-Stücken und sogar einzelner Basen. Dabei sind ihre molekularen Werkzeuge nicht nur einfacher und günstiger herzustellen als die bisheriger Methoden. Sie erlauben es auch, mehrere Gene auf einmal gezielt zu verändern.

Chinesische Forscher haben die Methode namens "CRISPR/Cas9" jetzt erstmals erfolgreich bei Makaken eingesetzt. Zuvor war "CRISPR/Cas9" nur bei Mäusen, Ratten und Zebra-fischen erfolgreich erprobt worden.

Bei höher entwickelten Tieren und dem Menschen waren die Forscher nicht über Zellversuche in der Petrischale hinausgekommen. Dabei sind gerade Primaten wie diese wegen ihrer genetischen Ähnlichkeit zum Menschen wichtige Versuchstiere. Vor allem als Modellorganismen für die Erforschung verschiedener Krankheiten sowie das Testen neuer Therapien und Wirkstoffe spielen sie eine große Rolle.

Die chinesischen Forscher von der Nanjing Medical University und dem Yunnan Key Laboratory of Primate Biomedical Research in Kunming veränderten per CRISPR/Cas9 drei Gene von Makaken-Embryos im Einzeller-Stadium: eines zur Steuerung des Stoffwechsels, eines zur Regulierung der Immunzellentwicklung und eines mit Einfluss auf Stammzellen und die Geschlechtsentwicklung.

Dann pflanzten sie die Embryos Makaken-Leihmüttern ein, von denen eine Äffchen-Zwillinge zur Welt brachte. Eine Genanalyse bei den Babys ergab, dass zwei der Zielgene tatsächlich verändert waren. Noch sind die Affen so jung, dass sich nicht sagen lässt, ob die Genveränderungen auch auf ihre Physiologie oder ihr Verhalten Folgen haben.

Forscher weltweit hoffen darauf, dass sich die neue Methode bei Primaten etablieren wird. Denn damit ließen sich erstens neue Gentherapien, etwa für die Huntington-Krankheit und andere schwere Erbkrankheiten, in Affen-Modellen testen. Zweitens ließen sich so Krankheitsmodelle innerhalb einer Generation erzeugen statt aufwendig und teuer per Züchtung. Das könnte drittens die Wirkstoffforschung deutlich beschleunigen.

Bisherige Gentherapien, die einen direkten Eingriff in Chromosomen erfordern, kämpfen mit zwei Hauptproblemen. Erstens sind einige ungenau und erlauben kein präzises Einfügen im Genom. Das kann im schlimmsten Fall etwa Krebs auslösen.

Die Werkzeuge der genaueren Methoden wiederum sind teuer und schwer herzustellen. Denn nötig sind ein komplexes DNA-schneidendes Protein sowie eine Art GPS-Partnermolekül, das die zu schneidende Stelle markiert. Aber auch diese spezifischeren Werkzeuge können an unerwünschten Stellen aktiv werden.

Die neue CRISPR-Methode dagegen ist gleichzeitig günstig und präzise: Als Markierung dienen keine komplexen Moleküle, sondern leicht und günstig herstellbare RNA-Stücke, die komplementär zur gesuchten DNA-Adresse sind. Sie lösen gleichzeitig den Schneideprozess aus. Zwar geschieht auch das manchmal an der falschen Adresse. Bei den chinesischen Versuchen trat das Problem allerdings nicht auf. Trotzdem sind sich Wissenschaftler weltweit einig, dass die Methode weiter erforscht und getestet werden muss. (bsc)