Multipath-TCP bündelt Internet-Leitungen

Mit Multipath-TCP können Client und Server für eine TCP-Übertragung automatisch mehrere Leitungen bündeln, um so den Durchsatz und die Ausfallsicherheit zu erhöhen. Nun äußert sich einer der Entwickler zu den spannenden Einsatzgebieten der Technik.

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Von
  • Dusan Zivadinovic
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Olivier Bonaventure ist Professor an der Katholischen Universität Löwen. Als Mitverfasser des RFC 6824 "TCP Extensions for Multipath Operation with Multiple Addresses" gehört er mit seinem Team zu den treibenden Kräften der Entwicklung. heisenetze sprach mit ihm über Stand und Perspektiven des Projektes.

In der IETF Working Group sind drei Implementierungen diskutiert worden: Eine von Citrix, eine Implementierung der Universität Löwen und eine von Apple. Apple hat Multipath-TCP mit iOS 7 bereits eingeführt, um die Spracherkennungs-Anwendung Siri zu stützen. Interessierte User können die Vorteile aber auch auf Linux-PCs nutzen. Manche setzen es bereits auf virtuellen Maschinen ein und es gibt bereits sieben oder acht Websites, die Multipath-TCP aktiviert haben. Auf der Website Multipath-TCP.org sind sie aufgeführt.

Im Lab setzen die Entwickler Multipath-TCP auf einem ssh-Server ein, den Studenten und Mitarbeiter nutzen. Wenn sie sich mit ssh einloggen, machen sie das über Multipath-TCP. Das hat den Vorteil, dass die ssh-Verbindungen offen bleiben, wenn man vom WLAN ins Ethernet wechselt oder sich von einem Raum in den anderen begibt und die Geräte dabei neue IP-Adressen erhalten.

Spannende Aussichten lässt aber auch ein probeweise entwickelter MPTCP-Protokollkonverter erwarten, der sich prinzipiell in einem Home-Gateway einsetzen ließe. Das lässt an Multi-WAN-Router mit zum Beispiel DSL- und Mobilfunk-Internet-Zugängen denken, die Multipath-TCP-Verbindungen selbstständig für die Nutzer im LAN aushandeln.

Mit einem solchen Protokollkonverter könnte man aber auch Multipath-TCP auf dem Smartphone aktivieren und für das Mobile Data Offloading verwenden, das heisst, wenn gleichzeitig WLAN und 3G (oder 4G alias LTE) verfügbar sind, könnte der Verkehr über das WLAN und den Mobilfunk zum Konverter gehen, wo die Umwandlung in normales TCP stattfindet, um den Webserver zu erreichen, mit dem man interagiert. Das könnte für Netzbetreiber und Nutzer ein interessanter Ansatz sein, schnell in den Genuss der Vorteile von Multipath-TCP im Zugangsnetz zu kommen und nicht erst warten zu müssen, bis alle Content Distribution Networks und alle Inhalteanbieter ihre Server auf Multipath-TCP umgestellt haben.

Wie Multipath-TCP im Detail funkioniert, beschreibt ein ausführlicher Artikel in der aktuellen c't 6/2014. Das vollständige Interview mit Olivier Bonaventure bringt heise Netze:

(dz)