Neue Regeln für öffentlich-rechtliche Online-Angebote

Nach langem Streit um die Rahmenbedingungen für Online-Angebote von ARD und ZDF haben sich die Ministerpräsidenten der Bundesländer auf einen Entwurf für den neuen Rundfunkstaatsvertrag geeinigt, der 2009 in Kraft treten soll.

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Nach monatelangem zähem Ringen um neue Rahmenbedingungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und seine Rolle im Internet haben sich die Länderchefs auf einen Entwurf des neuen Rundfunkstaatsvertrags geeinigt. Sie verständigten sich zum Auftakt der Ministerpräsidentenkonferenz in Dresden auf die endgültige Fassung des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrags. "Ohne Änderung" habe man sich auf den letzten Vorschlag der Rundfunkkommission geeinigt, sagte der Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder, der rheinland-pfälzische Regierungschef Kurt Beck (SPD), am heutigen Donnerstag in Dresden.

Es bleibe es bei der vorgesehenen Frist für TV-Sendungen, die nach sieben Tagen aus dem Netz verschwinden müssten, sagte Beck. Für Großereignisse wie Sportveranstaltungen gilt eine Frist von 24 Stunden. "Presseähnliche Angebote" sind nur mit einem eindeutig ausgewiesenen Sendungsbezug zulässig. Darüber hinaus werden alle neuen Internet-Angebote von ARD und ZDF künftig in einem dreistufigen Test daraufhin überprüft, ob sie vom öffentlich-rechtlichen Auftrag gedeckt sind und ob sie zum publizistischen Wettbewerb beitragen, zudem wird die Finanzierung der Angebote geprüft.

Auch die bereits bestehenden Angebote sollen diesem Test unterzogen werden, etwa die Mediatheken der Sender. Dafür wollen die Ministerpräsidenten eine Übergangsfrist bis Ende 2010 einräumen, die EU-Kommission will den Stichtag Ende 2009. Zum Bürokratieabbau trägt der neue Staatsvertrag sicher nicht bei. Zuständig für die Prüfung sind die Aufsichtsgremien der Sender, also Rundfunk- und Fernsehräte. Wie das Verfahren gehandhabt werden soll, ist noch völlig offen. Für Streitfälle schlägt Beck eine eigene Schlichtungsstelle vor. "Da wird sich eine Praxis herausbilden müssen", sagte der SPD-Politiker der Süddeutschen Zeitung.

Mit dem neuen Vertrag sollen auch die Vorgaben der EU-Kommission umgesetzt werden. Brüssel hatte ein Missbrauchsverfahren wegen des Verdachts staatlicher Subventionierung der Rundfunkanstalten unter der Bedingung eingestellt, klare Rahmenbedingungen für die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Internetangebote zu schaffen. Beck sagte heute, er erwarte keine Probleme mehr mit der EU-Kommission. Vor der Unterzeichnung und Ratifizierung des Vertrages solle es noch eine Anhörung mit privaten Medienhäusern geben. Nach der Unterzeichnung Ende des Jahres muss der Vertrag im Frühjahr von allen Landesparlamenten ratifiziert werden.

Während die Ministerpräsidenten ihre Einigung als "überzeugendes Beispiel für funktionierenden Föderalismus in Deutschland" und "wesentlichen Baustein" für die Modernisierung des Mediensystems rühmen, ist das Echo bei den seit Monaten um jede Formulierung im Vertragstext ringenden Parteien gemischt. Einigermaßen zufrieden sind die Verleger, die gegen die öffentlich-rechtliche Konkurrenz im Netz kräftig getrommelt hatten. Auf der Gegenseite gibt man sich dagegen zerknirscht.

Etwas ernüchtert spricht der ARD-Vorsitzende Fritz Raff von einem "Kompromiss, mit dem wir leben müssen". Die nachträgliche Überprüfung sämtlicher Angebote durch die Gremien führe zu "erheblichem Verwaltungsaufwand" und "enormen Kosten", fürchtet der ARD-Chef. Die Fristen für die Verweildauer der Programme im Netz "erscheint uns nach wie vor weder logisch, noch im Sinne der Gebührenzahler vertretbar". Raff vermisst darüber hinaus eine klare Definition, was unter "presseähnlichen Angeboten" zu verstehen sei. ZDF-Intendant Markus Schächter sieht den Öffentlich-Rechtlichen "enge Grenzen" gesetzt, aber auch Handlungsspielraum.

Der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) sieht wichtige Forderungen der deutschen Verlage berücksichtigt. Der VDZ begrüßte insbesondere, dass "presseähnliche Angebote" nur sendungsbezogen zulässig sind und die jeweilige Sendung ausweisen müssen. Nicht alle ihre Erwartungen erfüllt sehen auch die Zeitungsverleger. Die Verleger würden künftig mit Argusaugen darauf achten, ob mit dem Drei-Stufen-Test tatsächlich verantwortlich gearbeitet werde, sagte ein Sprecher des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV).

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(vbr)