Verbogenes Licht

Auf einer Beleuchtungsmesse in Tokio haben organische Leuchtdioden ihren großen Auftritt. Doch noch kommen die tollsten Modelle nicht über einen Prototypenstatus hinaus.

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Von
  • Martin Kölling

Auf einer Beleuchtungsmesse in Tokio haben organische Leuchtdioden ihren großen Auftritt. Doch noch kommen die tollsten Modelle nicht über einen Prototypenstatus hinaus.

Licht hat in seinen jüngsten evolutionären Stufen schon viel von seinem Schrecken verloren. Vor dem elektrischen Zeitalter musste man Angst haben, dass bei einer Fehlbedienung von Kerzen, Öl- oder Gaslampen das Haus abbrennt. Bei den traditionellen Glühlampen warnten wir unseren Nachwuchs immer noch davor, sich nicht die Finger zu versengen. Bei den modernen LEDs ist das schon kein Thema mehr. Denn sie sind bereits so effizient, dass sie verglichen mit Glühlampen kaum noch Wärme abgeben.

Doch nun steht schon die nächste Metamorphose an: superflache, flexible Flächenleuchten aus organischen Leuchtdioden, besser bekannt unter ihrem Kürzel OLED. In Tokio werden dieser Tage auf der Messe "LED Next Stage" wieder Lichtblicke der Zukunft präsentiert, darunter ein Weltrekord. KonicaMinolta nimmt für sich in Anspruch, das effizienteste OLED-Leuchtpanel der Welt erschaffen zu haben.

Der Prototyp ist zwar nur 15 Quadratzentimeter klein, soll aber mit 131 Lumen pro Watt die höchste Lichtausbeute unter den Leuchtmitteln haben. Dies liegt nicht nur über den 114 Lumen pro Watt des bisherigen Rekordhalters Panasonic, sondern soll sogar besser sein als die handelsüblichen LED-Leuchten für den Hausgebrauch.

Das an sich deutet schon darauf hin, dass die heute boomenden LEDs vielleicht nur eine Übergangsstufe auf dem Weg in ein gänzlich neues Zeitalters des Lichts darstellen. Denn wie sehr OLEDs unsere Vorstellung von Beleuchtung revolutionieren könnten, zeigen andere Prototypen. Panasonic beispielsweise stellt auf der Messe gebogene OLED-Leuchttafeln vor, mit denen künftig Flächen diffuses Licht spenden könnten. Designer warten seit Jahren darauf.

Mitsubishi Electric wiederum hat es sich zur Aufgabe gemacht, OLED-Lampen für den Hausgebrauch zu entwickeln. Der Elektronikkonzern hat eine quadratische Leuchtscheibe mit einer handelsüblichen Fassung für Glühlampen kombiniert, so dass sie sich mühelos daheim verwenden ließe, so sie denn schon erschwinglich wäre. Auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter versucht unterdessen das Start-up Aliklu, 50.000 Dollar Startkapital einzuwerben, um eine OLED-Campingleuchte zur Marktreife zu entwickeln.

KonicaMinolta ist da schon einen Schritt weiter. Auf der bald stattfindenden Messe "Light+Building" in Frankfurt wollen die Japaner flexible OLEDs vorstellen, deren Farbton sich verändern lässt. Mit einer Dicke von nur 70 Mikrometern soll es sich obendrein um das derzeit dünnste OLED-Panel handeln. Meine Meinung: Wir stehen vor lichten Welten. Ich bin schon gespannt, wie sehr die Leuchtmittel unser Leben und Wohnen verändern werden.

LEDs haben es bei mir schon geschafft. In den wesentlichen Orten - am Schreibtisch, am Bett und bei der Wohnzimmerbeleuchtung bevorzuge ich sie schon lange. Denn die Lampen sind nicht nur dünner und kühler, sondern lassen sich auch in Helligkeit und Farbton von weiß bis rötlich-gelb (oder bei Sharp gar rosa) verändern.

Meine Deckenleuchte hat sogar verschiedene Leuchtprogramme, die direktes und indirektes Licht in diversen Varianten miteinander mischen. Das Theater-Programm funzelt nur die Decke Richtung TV ein wenig an, so dass man nicht gänzlich im Dunkeln auf die Glotze guckt. Dann gibt es noch ein Studierprogramm, das den Raum in gleißendes bläulich-weißliches Licht taucht, eine Variante für den Couchtisch, die den Tisch mit kleinen Strahlern erhellt und dazu gegen die Decke leuchtet. Und natürlich das normale Licht, bei dem die gesamte Deckenflunder strahlt.

Ich möchte diese Funktionen nicht mehr missen. Doch werde ich irgendwann auf OLEDs umschwenken? Hm, eigentlich wäre das Verschwendung. Denn die LED-Lampen werden womöglich 20 bis 30 Jahre halten, in etwa die durchschnittliche Lebenserwartung eines japanischen Einfamilienhauses. Wäre doch eigentlich schade, sie zu ersetzen. (bsc)