Fünf Provider unterzeichnen Vertrag zu Kinderporno-Sperren

In Deutschland soll in wenigen Monaten der Zugang zu Webseiten mit kinderpornographischen Inhalten erschwert werden; Bundesfamilienministerin von der Leyen und das Bundeskriminalamt sprechen von einem wichtigen politischen Signal.

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Das Familienministerium hat schon den Entwurf einer Stopp-Seite für die Kinderporno-Sperren fertig

(Bild: Bundesfamilienministerium)

Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen hat ihr in mehreren Monaten in zähen und harten Verhandlungen immer wieder mit Nachdruck verfolgtes Ziel erreicht: Am Freitagvormittag haben fünf große deutsche Internetprovider Verträge mit dem Bundeskriminalamt (BKA) unterzeichnet, mit dem sie den Zugang zu Webseiten mit kinderpornographischen Inhalten erschweren wollen. Die Vereinbarung zeige den gemeinsamen Willen von Politik und Wirtschaft, "diese Verbrechen zu blocken", freute sich die CDU-Politikerin über das "Signal" für ganz Europa. Es könne nicht angehen, dass "dieser schwere Missbrauch von Kindern scheinbar folgenlos abrufbar ist". Mit an Bord sind die Deutsche Telekom, Vodafone/Arcor, Hansenet/Alice, Telefonica/O2 und Kabel Deutschland.

Über die genauen Inhalte der öffentlich nicht zugänglichen Verträge haben beide Seiten Stillschweigen vereinbart. Der Chaos Computer Club (CCC), der einem Arbeitskreis gegen Internetsperren und Zensur angehört und mit rund 250 Vertretern anderer zivilgesellschaftlicher Organisationen vor dem Bundespresseamt gegen das Vorhaben protestierte, hatte im Vorfeld bereits einen Entwurf publiziert. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD), der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco und Experten bei einer Anhörung im Bundestag hatten erhebliche grundrechtliche Bedenken gegen den Ansatz vorgebracht, der als leicht umgehbar wenig effektiv im Kampf gegen Kinderpornographie gilt. BKA-Chef Jörg Ziercke verriet allein, dass die "Sperrung" wie geplant über das Domain Name System (DNS) erfolgen solle. Auch die Einrichtung eines Stopp-Servers sei geplant, der eine abschreckende Wirkung auf Gelegenheitstäter haben solle. "Da ist das Massengeschäft", meinte Ziercke. "Ignorieren ist keine Lösung."

Familienministerin Ursula von der Leyen und BKA-Chef Jörg Ziercke bei der Präsentation des Sperr-Vertrags mit den Providern

(Bild: heise online/Stefan Krempl)

Telekom-Chef René Obermann betonte, dass die Telekom die Datenschutzprobleme aufwerfende Stopp-Seite genauso wie Kabel Deutschland erst im Rahmen der von der Bundesregierung parallel verfolgten gesetzlichen Regelung angehen werde. Wichtig erschien ihm auch, dass der bis Ende 2010 befristete und mit einem Kündigungsrecht von drei Monaten versehene Vertrag "Handlungsspielraum" bei der Auswahl geeigneter Sperrtechnologien lasse. "Wir waren uns im Ziel einig", ergänzte Vodafones Politikchef Thomas Ellerbeck. Die Industrie habe nun gezeigt, dass sie rasch handlungsfähig sei und eine "Allianz für die Werte in einer Gesellschaft" mittrage. Es handle sich um einen "klar abgrenzbaren Tatbestand", sodass "wir uns nicht als Internet-Polizei sehen". Eine umfangreiche Kontrolle des Internet werde nicht angestrebt.

Der Regulierungsexperte von Hansenet, Eric Heitzer, räumte ein, dass der gewählte Weg "nicht der effektivste" sei. Wenn er aber nur dazu führe, "dass Angebot minimal kleiner wird, scheint uns das bei Abwägung der Interessens ausreichend." Ausschlaggebend für die Unterzeichnung des "angreifbar bleibenden" Vertrags seien "nicht rein rechtliche Überlegungen" gewesen, sondern vielmehr die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung.

Von der Leyen sprach von einem "Gerücht, dass Seiten gesperrt würden, die nichts mit Kinderpornographie zu tun haben". Das BKA werde die Filterliste sorgfältig ermitteln und die volle Verantwortung dafür übernehmen. Bei Bedenken werde auf der als "roter Ampel" fungierenden Stopp-Seite ein Ansprechpartner bei der Polizeibehörde genannt. Eine sich die Hände in Unschuld waschende "Pontius-Pilatus-Haltung" dürfe es bei der Schwere der im Internet gezeigten Missbrauchsfälle nicht geben. Die Tür bleibe daher offen für andere Zugangsanbieter, die sich aus den Gesprächen ausgeklinkt hätten. Die betroffenen Provider betonen ihrerseits, immer an Verhandlungen interessiert gewesen, jedoch von vornherein auf eine gesetzliche Lösung gedrängt zu haben. Für die tägliche Aktualisierung der Sperradressen plant das BKA die Einrichtung von vier bis sechs neuen Stellen.

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(Stefan Krempl) / (jk)