Anti-Piraterieabkommen ACTA steht in Brüssel zur Diskussion

Vertreter der EU-Kommission haben während einer Anhörung zum geplanten Anti-Piraterie-Abkommen betont, nicht über das bestehende EU-Recht hinausgehen zu wollen.

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Von
  • Monika Ermert

Vertreter der EU-Kommission haben während einer Anhörung zum geplanten Anti-Piraterie-Abkommen (Anti Counterfeiting Agreement, ACTA) betont, sie beabsichtigten keineswegs, dabei über bestehendes EU-Recht hinauszugehen. Luc Devigne, der für die Kommission die Verhandlungen führt, räumte ein, dass die Verhandlungspartner über die Bestimmungen des Abkommens "Trade Related Aspects of Intellectual Property Rights" (TRIPS) hinausgehen wollen. Die wenigen ACTA-Kritiker, die zur Anhörung erschienen waren, warnten trotz der Beteuerungen der Kommissionvertreter, ihr gehe es nicht um die Beschlagnahme des privaten Musikplayers, dass die Reichweite von ACTA in der digitalen Welt nach wie vor weitgehend im Dunkeln liege.

Weder bei der Welthandelsorganisation (WTO), die für ein TRIPS-Update zuständig wäre, noch bei der World Intellectual Property Organisation (WIPO) lasse sich aktuell über eine schärfere Durchsetzung von Ansprüchen auf geistiges Eigentum sprechen, sagte Devigne. Die Kommission würde in einzelnen Punkten aber gerne weitergehen. Daher wolle sie Patente oder auch geografische Ursprungsbezeichnungen von den zivilrechtlichen Maßnahmen des Abkommens erfasst sehen. Einig seien sich die Verhandlungspartner darin, bei den strafrechtlichen Maßnahmen Patente auszuschließen.

Vertreter der Rechteinhaber rieten zu Erweiterungen der Verantwortlichkeit, so etwa Richard Heath, der den Unilever-Konzern und die International Trademark Association (INTA) vertrat, und Rocky Rowe von der European Crop Protection Association/CropLife International. Auch Transporteure oder Vermieter von Anlagen sollten ihrer Meinung nach zur Verantwortung gezogen werden können. Ein Kommissionsvertreter verwies auf den gemeinsamen Standpunkt der EU-Mitgliedsstaaten zu einstweiligen Verfügungen gegenüber Dritten, der sich aus der EU-Richtlinie zur Durchsetzung Geistiger Eigentumsrechte (IPRED) ergebe.

Karsten Hesse von der Deutschen Post stellte die Entschädigung für Unternehmen zu Diskussion, deren Ladungen durch ungerechtfertigte Beschlagnahmen aufgehalten würden. Sein eigenes Unternehmen beschäftige jetzt schon 10.000 Prüfer, die Zollfragen vorab klären. Mancher kleine Subunternehmer müsse sich aber letztlich darauf verlassen, was in den Frachtpapieren stehe.

Gegen eine mögliche Ausweitung von Haftungsregelungen auch für Internet Service Provider (ISP) bis hin zur Einführung von Netzsperren sprach sich Michael Brandstetter von der Österreichischen Wirtschaftskammer aus, der eine Stellungnahme der österreichischen ISP vorlegte. Trotz der Haftungsprivilegierung von Zugangsprovidern in der E-Commerce-Richtlinie lasse es die EU-Richtlinie über die Informationsgesellschaft den Mitgliedsstaaten offen, Netzsperren einzuführen. Brandstetter meint, die Einbettung von Netzsperren in ACTA könnte die gesetzgeberische Freiheit der Mitgliedsstaaten unterlaufen.

Die Nachfolgerichtlinie zu IPRED, die eine strafrechtliche Handhabe gegen Piraterie und Fälschungen liefern sollte, ist bislang zwischen Kommission, Rat und Parlament hin- und hergeschoben worden. Weil bei diesen strafrechtlichen Maßnahmen noch ein gemeinsamer Standpunkt der Mitgliedsstaaten fehlt, verhandeln sie diesen Punkt in den ACTA-Verhandlungen selbst.

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(Monika Ermert) / (anw)