Angesehen: Gnome 3.12

Mit der neuen Gnome-Version erhalten mehrere Anwendungen ein Facelifting. Deutlich ausgebaut wurde die Wayland-Unterstützung und der noch junge App-Store. Die Foto-App der vorwiegend für Linux entwickelten Desktop-Oberfläche greift nun auch auf Facebook-Fotos zu.

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Von
  • Thorsten Leemhuis
Inhaltsverzeichnis

Zu den auffallendsten Neuerungen des jetzt erhältlichen Gnome 3.12 zählen Verbesserungen am Software-Installationswerkzeug Gnome-Software. Das Programm, das sich wie ein App-Store von Mobilbetriebssystemen bedienen lässt, zeigt jetzt Screenshots und Qualitäts-Ratings von Programmen an. Die erst vor einem halben Jahr mit Gnome 3.10 und Fedora 20 eingeführte Anwendung kann nun auch lokal vorliegende Software einrichten – etwa Pakete, die man mit dem Browser heruntergeladen hat.

Gnome 3.12 (16 Bilder)

Das Statusmenü der Shell von Gnome 3.12.

Komplett geändert hat sich das Aussehen von Videos (früher Totem): Der Video-Player hat ein weiter vereinfachtes User-Interface erhalten, das dem anderer Gnome-3-Anwendungen wie Photos, Documents oder Contacts ähnelt. Die Software bietet jetzt auch Channel, über die man das Video-Angebot von Rai.tv, The Guardian, Blip.tv und Apples Movie Trailer durchstöbern kann; weitere Web-Videokänäle lassen sich recht einfach nachrüsten.

Auch der Texteditor hat ein Facelifting hinter sich: Wie zuvor schon Evince, Nautilus und viele andere Gnome-Anwendungen zeigt nun auch Gedit keine Menüzeile an, sondern integriert die wichtigsten Bedienelemente direkt in der Fensterleiste am oberen Rand. Ähnlich ist es jetzt auch beim Web-Browser (Web, früher Epiphany); ferner nutzt er nun für jedes Tab einen eigenen Render-Prozess, was Stabilität und Reaktionsgeschwindigkeit verbessern soll.

Das obere Bedienleiste des Desktops zeigt im Statusbereich rechts nun auch ein Netzwerk-Icon an, wenn das System in einem LAN hängt; damit korrigieren die Entwickler eine viel kritisierte Eigenschaft von Gnome 3.10, das Verbindungs-Informationen nur bei einer Anbindung über WLAN, Mobilfunk und Co. angezeigt hat.

Es gibt aber auch diesmal Änderungen, die Kritik auslösen dürften. Im Fenster- und Kontext-Menü des Gnome-Terminals ist etwa der Eintrag verschwunden, um ein neues Terminal-Tab zu öffnen. Mehrere Terminal-Tabs werden aber weiterhin unterstützt, die Tastenkombination Strg+Shift+T funktioniert nach wie vor; alternativ kann man nun Strg gedrückt halten, wenn man über das Menü ein weiteres Terminal öffnet.

Eine andere Neuerung dürfte Kommandozeilenfreunde hingegen erfreuen: Die Suche in der Aktivitäten-Übersicht der Shell findet nun Terminals, in denen ein zum Suchbegriff passender Befehl läuft. Läuft in einem Terminal beispielsweise eine SSH-Verbindung zum Rechner "foo.home" auf, dann listet die Gnome-interne Suche ein Terminal-Tab auf, wenn man nach diesem Netzwerknamen sucht. Bei Auswahl dieses Suchergebnis aus springt der Desktop dann zum Terminal-Fenster und öffnet sogar das passende Tab, wenn man zwischenzeitlich zu einem anderen gewechselt war; das klappte bei unseren Versuchen aber nicht, wenn mehrere Terminal-Fenster offen waren.

Nachdem bereits einige Komponenten von Gnome 3.10 Unterstützung für besonders hochauflösende Displays boten, soll Gnome 3.12 diese nun vervollständigen. In der Übersicht der Anwendungen lassen sich Programm-Icons nun zu Gruppen zusammenfassen, wie es ähnlich auch Android und iOS ermöglichen. Die Fenster-Übersicht der Gnome-Shell zeigt nun auch Programm-Dialoge an. Die Knöpfe in Dialogen haben ein leicht anderes Aussehen erhalten und heben sich dadurch jetzt nicht mehr so stark ab; das gleich gilt für Tabs in Gedit, Browser und Co., denn auch die wurden umgestaltet.

Die zentrale Software zur Zugangsdatenverwaltung von Online-Konten unterstützt nun Fotoalben von Facebook; die Gnome-Anwendung Photos kann darauf zurückgreifen, um bei Facebook hinterlegte Bilder anzuzeigen oder zusammen mit lokalen Bildern in Alben zu organisieren.

Drei neue Anwendungen sind hinzugekommen: der IRC-Client Polari, ein einfacher Sound-Recorder und der Protokollbetrachter Gnome-Logs. Unter den Änderungen am Virtualisierungs-Frontend Boxes ist eine Import-Funktion, um mit dem Virt-Manager angelegte VMs zu verwenden. Zudem kann das Programm nun auch eine Netzwerkkonfiguration für Gastsysteme erstellen, die NAT (Network Address Translation) nutzt. Der Entwickler des Laufwerks-Verwaltungsprogramms Gnome-Disks hat die Unterstützung zum Einrichten von Software-RAIDs entfernt, um Bedienoberfläche und Code zu vereinfachen; zudem habe es bekannte Schwierigkeiten mit Mdadm gegeben und Features wie das Btrfs-interne RAID wurden nicht unterstützt.

Mehr Infos

Gnome 3.12 ausprobieren

Die Gnome-Entwickler haben ein Live-Linux veröffentlicht, mit dem man das neue Gnome ohne Installation testen kann. Die 900 MByte große Distribution bootet von DVDs und USB-Sticks; sie basiert auf Komponenten von Fedora 20 und einem Add-On-Depot, das die Distribution des Fedora-Projekts mit dem neuen Gnome versorgt.

Die Gnome-Entwickler haben die bei Gnome 3.10 eingeführte Unterstützung für den potenziellen X-Server-Nachfolger Wayland erheblich ausgebaut. Durch eine der Umbauten lässt sich eine Wayland-Sitzung jetzt sehr einfach über den Anmeldemanager GDM aufrufen. Da es aber immer noch Funktionslücken bei der Wayland-Unterstützung gibt, bleibt diese bis auf weiteres experimentell.

Kurz vor der neuen Gnome-Version haben auch die Entwickler von GTK+ einen neue Version der von Gnome verwendeten Grafikbibliothek veröffentlicht. Unter den neuen Features von GTK+ 3.12 sind Popover, die Informationen oder Bedienelemente zu einem Oberflächenelement in einem Bereich sammeln, der einer Comic-Sprechblase ähnelt und oberhalb des normalen Fensterinhalts angezeigt wird (1, 2, 3).

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Einen anderen Blick auf diese und weitere Neuerungen von Gnome 3.12 bietet die Release-Notes des Gnome-Projekts; sie umfassen auch Auflistungen, die Neuerungen bei der Benutzeroberfläche, verbesserte oder neue Apps sowie für Entwickler wichtige Änderungen bündeln.

Einige der bekannten Gnome-Entwickler haben zudem Blog-Einträge geschrieben, in denen sie einige Änderungen detaillierter erläutern; darunter Allan Day sowie Matthias Clasen, der gleich eine ganze Reihe von Blog-Beiträgen verfasst hat (1, 2, 3, 4). Weitere Informationen liefern die beiden in einem Interview, das die von der Linux-Foundation betriebene Webseite linux.com kürzlich veröffentlicht hat. (thl) (thl)