Mit Mikroben und Metaboliten gegen das Altern

Der Gentechnikpionier Craig Venter hat eine neue Firma gegründet, die die weltgrößte Datenbank genetischer und physiologischer Informationen schaffen soll.

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Von
  • Susan Young

Der Gentechnikpionier Craig Venter hat eine neue Firma gegründet, die die weltgrößte Datenbank genetischer und physiologischer Informationen schaffen soll.

Human Longevity, ein Start-up aus dem kalifornischen San Diego, hat ein nicht sehr bescheidenes Ziel: Die Firma will den bislang umfangreichsten und komplettesten Datenschatz zusammentragen, den es über menschliche Gesundheit auf der Erde gibt. Ziel ist es, mit diesen Daten Alterserkrankungen frühzeitig diagnostizieren und behandeln zu können.

Das Unternehmen meint es ernst: Hinter Human Longevity steckt der Gentechnikpionier Craig Venter. Zunächst ist geplant, 40.000 menschliche Genome im Jahr zu sequenzieren. Dabei kommen neue Sequenzierungsmaschinen von Illumina zum Einsatz, die einen besonders hohen Durchsatz haben sollen. Nach einiger Zeit will man so sogar 100.000 Genome im Jahr einlesen können. Doch dabei allein wird es nicht bleiben: Human Longevity wird auch die im Körper vorhandenen Mikroorganismen, das sogenannte Mikrobiom, sequenzieren, sowie Tausende von Metaboliten erfassen und analysieren, die sich in Proben, die die Studienteilnehmer abgeben, befinden – etwa im Blut.

Durch die Kombination dieser Datenquellen hofft die neue Firma, die bislang noch wenig verstandenen Prozesse zu durchleuchten, die die Alterungsprozesse des Körpers mit sich bringen. Ebenfalls untersucht werden altersbedingte Leiden wie Krebs und Herzkrankheiten. "Die Alterungsprozesse üben Kräfte auf uns Menschen aus, die zu zahlreichen Veränderungen führen. Dabei sind diese oft patientenspezifisch und hängen von genetischen Grundvoraussetzungen genauso ab wie von Umweltbedingungen", sagt Leonard Guarente, Altersforscher am MIT. "Viele meiner Forscherkollegen hoffen, dass es eines Tages möglich sein wird, Krankheiten besser zu behandeln, wenn wir in die mit der Alterung einhergehenden Prozesse eingreifen können."

Doch trotz vieler Jahrzehnte der Forschung in diesem Bereich gibt es immer noch keine funktionierenden Therapien, um Alterungsprozesse zu verlangsamen. Krankheiten wie Krebs, Alzheimer oder Herzleiden betreffen große Teile der Bevölkerung. Eine breitere Datenbasis könnte hier helfen, glaubt Guarente. Zentraler Aspekt sei dabei, weiter zu gehen als die einfache Sequenzierung des Genoms. Stattdessen müsse man auch die Genaktivität überprüfen und sich den Zustand von Proteinen und anderen wichtigen Molekülen im Körper ansehen.

Aus diesem Grund arbeitet Human Longevity mit der Firma Metabolon aus North Carolina zusammen, um Metaboliten, die im Blutkreislauf zirkulieren, zu untersuchen. Die Firma gehört zu den Pionieren in diesem Bereich und katalogisiert Stoffwechselprodukte wie Aminosäuren, Fette und andere winzige Moleküle im Blut und in anderen Proben, um genauere diagnostische Tests für Krankheiten zu entwickeln.

Dabei kommen Massenspektrometer zum Einsatz, die kleinste Spuren identifizieren können. In einer Blutprobe des Menschen existieren rund 1200 verschiedene Arten von Metaboliten, der Metabolon-Prozess kann auch die vorhandenen Mengen bestimmen. Während die Genomsequenzierung Informationen über mögliche Krankheitsrisiken liefern und Hinweise darauf geben kann, wie lange ein Mensch lebt, zeigen Stoffwechselprodukte, wie Umweltbedingungen, Nahrungsaufnahme und andere externe Einflüsse die Gesundheit beeinträchtigen.

Metaboliten helfen den Forschern auch, die Ergebnisse von Untersuchungen des Genoms besser zu interpretieren. Es lässt sich so feststellen, ob ein bestimmtes Gen bei einer Erkrankung wirklich von Bedeutung ist oder es sich um einen normalen zellulären Prozess handelt. Wenn ein bestimmter Metabolit mit einem bestimmten genetischen Signal korreliert, haben Wissenschaftler wiederum Anhaltspunkte dafür, welche Funktion dieses haben könnte.

Eine neue Zusammensetzung der Blut-Metaboliten wird nicht nur durch Veränderungen im menschlichen Zellverhalten verursacht. Die Mikroben, die in unseren Körpern leben, produzieren Stoffwechselprodukte, die im Blut erkannt werden können, sagt John Ryals, Chef und Gründer von Metabolon. "Wenn man erkrankt, kann es sein, dass sich die Zusammensetzung des Mikrobioms im Darm verändert. Das wiederum beeinflusst auch die Moleküle, die die Mikroorganismen erzeugen."

Forscher von Ryals' Firma konnten zudem bereits zusammen mit anderen Wissenschaftlern belegen, dass sich die Blutbiochemie mit dem Altern verändert. "Man kann ermitteln, wie alt jemand ist, indem man sich einfach nur die Metaboliten ansieht."

Human Longevity plant, die Informationen aus seiner Datenbank an Pharma- und Biotechnikfirmen zu lizenzieren. Auch die Forschung soll von ihnen profitieren können. (bsc)