Wir, der Feind: Kunstfestival EMAF behandelt Überwachung und Big Data

Einmal wie Präsident Obama im Situation Room sitzen, einem Killerdrohnenflieger lauschen oder den ultimativen Aluhut der Verschwörungstheoretiker begutachten? Eine Ausstellung zum modernen Selbstüberwachungsstaat in Osnabrück macht es möglich.

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Von
  • Detlef Borchers

Überwachung und Big Data sind die Themen, die im Mittelpunkt des European Media Art Festivals (EMAF) und seiner ab heute geöffneten Begleitausstellung stehen. Neben den Filmen und Installationen gibt es einen kleinen Kongress, der sich mit den "psychologischen und inszenatorischen Mechanismen der Überwachung" beschäftigen will.

Wir sind. Wir haben Handy. Und wir überwachen uns selbst. Big Brother ist plakativ von Lila umrahmt, der nette Hipster von neban mit Brille und Bart, mit GPS- oder Glonass-Peilung, dem das Leben unter Verdacht lebenswert erscheint. In welchem Ausmaß die allgegenwärtige Überwachung Spuren in der Kultur hinterlässt, fragt sich das diesjährige Medienkunstfestival EMAF. So findet der Ausstellungs-Besucher einen Entschleunigungshelm, eine ungewöhnlich schüchterne Kamera und den Versuch, ganz ohne Freifunk mit Selbstbau-Antennen ein autonomes, Open Source-geprägtes Kommunikationsnetz namens Qaulnet zu installieren. Dies könnten dann Demonstranten nutzen, erklären die Schweizer Künstler Christoph Wachter und Mathias Jud.

EMAF: Wir, der Feind (4 Bilder)

Im Situation Room während der US-Militäraktion gegen Osama bin Laden im Mai 2011 (Bild: Pete Souza, The White House)

Zur künstlerischen Bewältigung der Überwachung gehört auch der Nachbau des Situation Rooms, in dem das berühmteste Bild des laufenden Drohnenkrieges der USA entstand. Die Ausstellung in der Kunsthalle Osnabrück ist bis zum 25. Mai geöffnet, einzelne Installationen stehen im Turm Bürgergehorsam, in dem einstmals aufbegehrende Bürger gesteckt wurden.

Zu den filmischen Bewältigungen des Themas zeigt das morgen startende und bis zum 27. April laufende Media Art Festival viele Einreichungen, etwa 5000 Feet is the Best, in dem ein Pilot einer Predator-Drohne die ideale Flughöhe für Angriffe aus der Luft beschreibt. Die alltägliche Selbstüberwachung wird von den dampfenden Kühltürmen von Googles Datencenter im belgischen St. Ghislain illustriert, aber auch von der Selbstkontrolle der smarten Geschäftsleute. Zum Thema Überwachung und Alltag gibt es einen kleinen Kongress, auf dem so unterschiedliche RednerInnen wie die britische Geheimdienstkritikerin Annie Machon oder der Kontrollverlust-Theoretiker Michael Seemann auftreten. (anw)