State of the Internet: Schnellere Verbindungen, mehr IPv6, Glasfaserdrossel in Deutschland

In seinem langen, aber lesenswerten Report, berichtet Akamai unter anderem über die IPv6-Verbreitung, Quellen von Internet-Attacken und den Breitbandausbau. Dabei fällt auf, dass die Zunahme in Deutschland mit dem Vectoring-Start rapide nachlässt.

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Von
  • Dusan Zivadinovic
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Visualisierung von Internet-Traffic: In diesem Fall die Städte mit den meisten Web-Zugriffen

(Bild: Globus: Akamai, Hände: Chandres, CC BY-SA 3.0)

Im Internet sind die durchschnittlichen sowie die maximalen Verbindungsgeschwindigkeiten im vierten Quartal 2013 gegenüber 2012 stark gestiegen; bei Breitbandverbindungen übersteigen die jährlichen Wachstumsraten die 100-Prozent-Marke. Das sind die positiven, Europa betreffenden Ergebnisse aus einer Studie des Cloud- und Load-Balancing-Anbieters Akamai. Zu den negativen Befunden zählt unter anderem, dass Internet-Attacken, die sich auf IP-Adressen aus China zurückverfolgen lassen, zugenommen haben. In der Negativ-Rangliste taucht überraschend Kanada auf – mit einer 25-fachen Steigerung.

Die Statistiken hat das Unternehmen aus dem Verkehrsfluss seiner eigenen weltweiten Datenumschlagplätze herausgelesen (Akamai Intelligent Platform). Sie liefern, so Akamai, Daten zur weltweiten Internetnutzung. Die Studie hat Akamai sowohl als PDF-Datei veröffentlich, als auch in einer für iPhone und iPad ausgelegten App zusammengefasst.

Unter den zahlreichen Ergebnissen erscheint bemerkenswert, dass Internet-Attacken zumeist auf den Port 445 zielen, dass Europa weiterhin weltweit führend bei der IPv6-Verbreitung ist, und dass im Mobilfunk ein russischer Provider derzeit die höchste durchschnittliche Verbindungsrate liefert. Deutschland ist bei Verbindungsgeschwindigkeiten sowohl international, als auch auf Europa und auf den DACH-Raum bezogen, abgeschlagen.

Weltweit betrachtet, verzeichnet Akamai einen positiven Trend. Das Unternehmen unterscheidet in seinen Statistiken eine durchschnittliche Verbindungsgeschwindikgeit und eine maximal erzielte Verbindungsgeschwindigkeit.

Demnach war im vierten Quartal 2013 gegenüber dem Vorjahresquartal ein Anstieg der durchschnittlichen Geschwindigkeit um 5,5 Prozent auf 3,8 MBit/s zu beobachten. Der globalen Zunahme steht jedoch eine Abnahme bei der Hälfte der Länder und Regionen der Top-10-Liste entgegen. Die Niederlande verzeichneten eine Abnahme um 0,7 Prozent und Lettland gar um 6,7 Prozent. Trotz eines Rückgangs um 1,1 Prozent belegt Südkorea weiterhin Platz eins, jetzt mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 21,9 MBit/s.

Im Jahresvergleich verzeichneten europäische Länder in der weltweiten Top-10-Liste einen beeindruckenden Zuwachs. Die Niederlande (weltweit auf Platz drei) erzielten im Vergleich zum vierten Quartal 2012 einen Zuwachs von 38 Prozent auf 12,4 MBit/s; in der Schweiz (Platz 5), belief sich die Zunahme auf 27 Prozent (12 MBit/s). Die Tschechische Republik (11,4 MBit/s; Platz 6) brachte es ebenso wie Schweden (10,5 MBit/s, Platz 7) auf ein Plus von 30 Prozent. Lettland (Platz 8) erzielte einen Zuwachs um 11 Prozent und Irland (Platz 9) gar um 59 Prozent; beide Länder erreichen 10,4 MBit/s.

In Akamais Statistik der schnellsten Internet-Verbindungen belegt Rumänien den ersten Platz in Europa, weltweit reicht das mit 50,6 MBit/s für Platz 7.

Bei der maximalen gemessenen Geschwindigkeit verzeichnete die Firma nach einem leichten Rückgang im dritten Quartal 2013 eine Zunahme im vierten Quartal um beachtliche 30 Prozent auf 23,2 MBit/s. Mit einem Wachstum von 11 Prozent im vierten Quartal übertraf Rumänien die 50-MBit/s-Schwelle und erreichte eine Spitzengeschwindigkeit von 50,6 MBit/s. Auch andere europäische Länder erzielten Spitzenwerte von mehr als 40 MBit/s, darunter die Schweiz, die Niederlande, Großbritannien, Belgien und Schweden. Deutschlands Bemühungen reichten Akamai nicht, um es in dieser Aufzählung zu erwähnen, aber dazu später mehr.

Ein Reihe von Ankündigungen im Verlauf des vierten Quartals 2013 deutet auf weitere Steigerungen der Spitzengeschwindigkeiten in europäischen Ländern hin. Der französische Telekommunikationsanbieter Illiad kündigte im Oktober den Start seines 1-Gigabit-Breitbandnetzes an. Im November folgte Swisscom mit einem 1-GBit/s-Angebot für 650.000 Privathaushalte. Zudem plant die finnische Regierung, internationale Datenleitungen mit einer Investition von 100 Millionen Euro durch eine Unterwasser-Glasfaserverbindung nach Deutschland aufzurüsten. Das Projekt soll 2015 abgeschlossen sein.

Im vierten Quartal 2013 verzeichnete Akamai erneut einen hohen Anteil an "High-Broadband-Verbindungen" in Europa. Darunter versteht das Unternehmen aber lediglich Geschwindigkeiten über 10 MBit/s. Spitzenreiter bei dieser Zählung ist demnach die Niederlande mit 45 Prozent, gefolgt von der Schweiz mit 42 Prozent. Fünf weitere Länder erreichten eine Adoptionsrate von mehr als 30 Prozent (die Tschechische Republik, Belgien, Dänemark, Großbritannien und Schweden). Finnland, Irland, Norwegen und Österreich brachten es auf eine Rate von mindestens 20 Prozent.

Einige europäische Länder erreichten bei den High-Broadband-Verbindungen ein besonders starkes Jahreswachstum. Auf Platz eins steht die Türkei mit einer Steigerung um 234 Prozent gegenüber dem vierten Quartal 2012, gefolgt von Irland (178 Prozent), Frankreich (144 Prozent), Spanien (127 Prozent) und Belgien (123 Prozent).

Akamai unterhält ein nicht näher bezeichnetes Netzwerk aus "stillen Software-Agenten". Sie sind den Angaben zufolge über das ganze Internet verteilt und loggen Verbindungsversuche. Akamai gibt an, in diesen Logs Angriffsversuche erkennen zu können (Attack Traffic). Auch lässt sich ablesen, aus welchen Ländern der Attack Traffic stammt und welche Ports ins Visier genommen werden. Zu beachten ist natürlich, dass dabei ein anhand der IP-Adresse identifiziertes Ursprungsland nicht zwangsläufig auch der Urheber des Angriffs ist.

Im Verlauf des vierten Quartals 2013 identifizierte Akamai 188 Länder und Regionen, aus denen Angriffe stammten; das sind drei mehr als im Vorquartal. Mit einem Anstieg auf 43 Prozent des gesamten Attack Traffic (35 Prozent im Vorquartal) steht China weiterhin an der Spitze der Negativliste, gefolgt von den USA mit 19 Prozent (11 Prozent im dritten Quartal 2013) und Kanada, das bei einer Steigerung um das 25-Fache einen Anteil von 10 Prozent erreichte. Der Anteil Europas am Attack Traffic sank auf etwas mehr als 11 Prozent, während er im Vorquartal noch 13 Prozent ausmachte.

Mit 30 Prozent zielten im vierten Quartal 2013 die meisten Angriffe auf Port 445, also auf Microsofts DS-Dienst. Er war damit der am häufigsten angegriffene Port in sechs der Top-10-Länder: Deutschland, Rumänien, Russland, Taiwan, Kanada und den USA. Port 80 (HTTP) blieb mit weiterhin 14 Prozent auf dem zweiten Platz. Der Port 443 (HTTPS) belegt den dritten Rang; dessen Anteil sank aber im vierten Quartal auf nunmehr 8,2 Prozent, von 13 Prozent im dritten Quartal 2013. Man kann aber schon gespannt sein auf die Statistiken für 2014: Wird da eine höhere Angriffswelle auf Port 443 wegen des kürzlich bekannt gewordenen Heartbleed-Bugs zu sehen sein?

Internet-Attacken und Quell-IP-Adressen: Die meisten Angriffe stammen laut Akamai von IP-Adressen, die China zugeordnet sind.

Zusätzlich zum erfassten Attack Traffic enthält der Bericht auch Informationen zu DDoS-Angriffen, die Akamai-Kunden gemeldet haben. Während die Zahl dieser DDoS-Attacken vom zweiten auf das dritte Quartal 2013 von 318 auf 281 zurückging, stieg sie vom dritten auf das vierte Quartal um 23 Prozent auf 346. Im gesamten Jahr 2013 meldeten Akamai-Kunden 1.153 DDoS-Attacken. Das entspricht einem Anstieg um 50 Prozent gegenüber 2012 (damals 768).

Im vierten Quartal 2013 informierten europäische Kunden Akamai über 38 DDoS-Angriffe; das entspricht einem leichten Rückgang gegenüber dem Vorquartal. Insgesamt entfielen auf Europa im vergangen Jahr 14 Prozent (167) aller von Akamai registrierten DDoS-Attacken.

Die meisten gemeldeten DDoS-Angriffe im vierten Quartal 2013 entfielen auf den Enterprise-Sektor (159), gefolgt von E-Commerce-Kunden (82). Zusammen brachten sie es auf rund 70 Prozent aller registrierten
DDoS-Attacken. Akamai ermittelte in seinem Report erstmals die Wahrscheinlichkeit, mit der betroffene Unternehmen ein weiteres Mal mit einem DDoS-Angriff rechnen sollten. Nach einem ersten Angriff musste im dritten Quartal 2013 ein Unternehmen mit einer Wahrscheinlichkeit von 25 Prozent mit einer weiteren Attacke rechnen. Im vierten Quartal 2013 ist die Wahrscheinlichkeit auf 35 Prozent angestiegen. Akamai schließt das daraus, dass 56 von 162 angegriffenen Unternehmen im gleichen Quartal nochmals betroffen waren.

Deutschland belegt in der Statistik der weltweiten IPv6-Verbreitung den 4. Platz. Das geht sowohl auf den Dual-Stack-Betrieb der Telekom zurück, als auch auf DS-Lite-betriebene Anschlüsse von Kabel-Providern zurück.

Dir Firma führt auch eine Statistik über die Anteile der Internet-Protokolle, die beim Zugriff auf seine Plattformen eingesetzt werden, also IPv6 oder IPv4. Im vierten Quartal 2013 registrierte das Unternehmen mehr als 780 Millionen IPv4-Adressen aus 238 Ländern und Regionen, eine Steigerung um 3 Prozent gegenüber dem dritten Quartal 2013.

Die USA und einige europäische Länder sind Akamais Zahlen zufolge weiterhin weltweit führend bezüglich der IPv6-Einführung. Zur Top-Ten-Liste gehören die sieben europäischen Staaten Schweiz, Rumänien, Luxemburg, Deutschland, Belgien, Frankreich und Irland. Ein zweistelliges Wachstum gegenüber dem Vorquartal verzeichneten Deutschland, Luxemburg, die Schweiz, Belgien und Irland.

Zu den IPv6-Vorreitern zählen weiterhin Universitäten, wobei es moderate bis große Zuwächse bei den
Adoptionsraten der Top-Ten-Unis gab. In Europa verzeichnete die Universität Wien im vierten Quartal 2013 bei den IPv6-Anfragen an Akamai eine Steigerung um 43 Prozent.

Die durchschnittlichen Geschwindigkeiten der Mobilfunknetzbetreiber reichten im vierten Quartal 2013 von 0,6 MBit/s (Provider ZA-1 in Südafrika) bis hin zu 8,9 MBit/s (RU-1 in Russland). Im dritten Quartal betrug der Höchstwert noch 9,5 MBit/s.

35 Prozent aller Anfragen aus den Mobilfunknetzen an die Akamai-Plattformen stammten im vierten Quartal laut dem Report von Androids Webkit-Browser, gefolgt von Apples mobilem Safari mit mehr als 29 Prozent. In der Statistik der mobilen Zugriffe aus allen Netzen zusammen (also etwa auch WLAN-vermittelten DSL-Zugriffen) bringt es Apples Mobile Safari auf knapp über 47 Prozent. Androids Webkit kommt bei dieser Zählung auf 32 Prozent.

Durchschnittliche Verbindungsgeschwindigkeiten: Südkorea belegt unangefochten Platz 1, Deutschland rangiert dieser Akamai-Statistik zufolge auf Platz 21.

Im weltweiten Ranking steht Deutschland mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 7,7 MBit/s nur an 21. Stelle. Im europäischen Vergleich an 13. Stelle. Der Jahreszuwachs beträgt laut Akamai 20 Prozent. Vom dritten zum vierten Quartal 2013 jedoch nur 1 Prozent. In der DACH-Region belegt Deutschland damit den dritten und letzten Platz. Die Schweiz liegt mit 12 MBit/s international auf Rang 5 und in der EMEA-Region nach den Niederlanden auf Rang 2. Für Österreich verzeichnet der Cloud-Dienstleister 9 MBit/s, international Rang 15 und in der EMEA-Region Rang 10.

Auch bei den Spitzengeschwindigkeiten ergibt sich in der DACH-Region die gleiche Reihenfolge: Der Schweiz attestiert die Studie 44,2 MBit/s und eine Zunahme um 23 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Österreich belegt mit 36,4 MBit/s und einer Zunahme um 38 Prozent gegenüber dem Vorjahr Rang 2. Deutschland bleibt mit 35,8 MBit/s und einer Zunahme um 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr Schlusslicht.

Man fragt sich, ob die Zahlen für Deutschland besser aussehen würden, wenn die Telekom ihre bundesweite Glasfaseroffensive fortgesetzt hätte. Der Zuwachs der Durschschnittsgeschwindigkeit betrug laut Akamais Statistik von 2012 zu 2013 immerhin 20 Prozent. Aber vom dritten zum vierten Quartal 2013 war es nur noch 1 Prozent mehr. Auffällig ist, dass im August 2013, also im dritten Quartal, die Bundesnetzagentur den Startschuss für die VDSL-Pläne der Telekom gegeben hatte. Im September äußerte sich die Telekom dann zu ihren erneuerten Ausbauplänen – Glasfaser ja, aber nicht mehr bis zu den Haushalten der Kunden (FTTH), sondern nur noch bis zu den Kabelverzweigern, in die das Unternehmen dann das VDSL-Vectoring einpflanzt.

Aktuell halten nur noch Mitbewerber der Telekom am FTTH-Ausbau fest, oft aber nur auf kleine Bezirke oder Stadtteile beschränkt. Die Telekom, die sich ihr bundesweites Telefonnetz anscheinend noch einmal per VDSL und VDSL-Vectoring vergoldem will, kommt damit nur langsam in Schwung. Aber die Bundesregierung wäre ja schon zufrieden, wenn 2018 flächendeckend 50 MBit/s erreicht werden. (dz)