EU stimmt für Blindenschranke, aber gegen Urheberrechtsausnahme für Bibliotheken

Ein internationales Abkommen über Urheberrechtsausnahmen für Blinde erlaubt Verbänden und Bibliotheken künftig, auch ohne die Zustimmung des Rechteinhabers Kopien geschützter Werke in für Sehbehinderte und Blinde zugänglichen Formaten zu erstellen.

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Von
  • Monika Ermert

Die Europäische Union hat am 30.4. in Genf gemeinsam mit Frankreich, Griechenland und Indien das Abkommen über Urheberrechtsausnahmen für Blinde und sehbehinderte Menschen unterzeichnet. Das so genannte Marrakesch Abkommen (vollständiger Text als PDF) war im vergangenen Sommer nach harten Verhandlungen von den Mitgliedsländen der Weltorganisation für Geistiges Eigentum (WIPO) verabschiedet worden. Die EU hatte lange Zeit zu den Gegnern einer gesetzlich fest geschriebenen Schrankenregelung gehört und auf freiwillige Maßnahmen der Verlage zur Verbesserung des Zugangs für Blinde gesetzt.

Mit der Unterschrift unter den völkerrechtlich verbindlichen Vertrag verpflichten sich die Staaten, eine Blindenschranke in nationales Recht umzusetzen. Autorisierte Organisationen, etwa Blindenverbände oder Bibliotheken - sollen dadurch das Recht erhalten, Kopien geschützter Werke auch ohne die Zustimmung der Rechteinhaber in Braille-Schrift oder anderen für Sehbehinderte geeigneten Formaten anzufertigen, solange sie dabei kein kommerzielles Interesse verfolgen. Auch der grenzüberschreitende Austausch der angefertigten Kopien soll zugelassen werden.

Der ursprüngliche Vorschlag für eine solche Blindenschranke kam von der World Blind Union (WBU) und deren nationalen Organisationen. Er wurde 2008 vorgelegt. Die EU verwies in zähen Verhandlungen lange Zeit auf eigene Anstrengungen im Rahmen eines Dialogs zwischen Verlagen und Blindenorganisationen auf EU-Ebene. Mit der EU, Frankreich, Griechenland und Indien haben nun insgesamt 64 WIPO-Mitglieder den Marrakesch-Vertrag unterzeichnet. Der Generaldirektor der WIPO, Francis Gurry, rief die Regierungen zu einer raschen Ratifizierung und Umsetzung der Bestimmungen auf. Deutschland hat das Abkommen noch nicht unterzeichnet.

Kategorisch abgelehnt hat die EU gestern eine weitere Beschränkung des Urheberrechts zugunsten von Bibliotheken und Archiven, die jetzt bei der WIPO verhandelt wird. Die Notwendigkeit einer solchen Schrankenregelung auf internationaler Ebene sei nicht nachgewiesen, sagte die Vertreterin der EU-Kommission in Genf. Befürwortet wird von der EU-Kommission dagegen ein neuer umfassender Schutz für Rundfunkunternehmen gegen Signalpiraterie. (dwi)