Das 150-Euro-Tablet von Aldi im Test

Seit Donnerstag bietet Aldi deutschlandweit ein Android-Tablet mit 8-Zoll-Display für günstige 150 Euro an. Dafür gibt es Quad-Core-Prozessor, Metallgehäuse und Android 4.4. Wir haben getestet, ob das Lifetab S7852 ein Schnäppchen ist.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 226 Kommentare lesen
Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Alexander Spier

Wenn Aldi ein Tablet zum Billigpreis anbietet, ist dem Discounter reichlich Aufmerksamkeit garantiert. Der Ruf, solide Hardware zum unschlagbaren Preis zu bieten, zieht über 15 Jahre nach dem Aldi-PC eben noch immer. Auch das seit 8. Mai erhältliche 8-Zoll-Tablet Medion Lifetab S7852 weckt Erwartungen. Für 150 Euro hat es die gleiche Display-Auflösung und eine umfangreichere Ausstattung als das erste iPad mini, das bei Apple immer noch 290 Euro kostet. Mit microSD-Kartenslot, Android 4.4 und sogar einem Infrarotsender bietet das Lifetab einfach mehr Möglichkeiten.

Für 150 Euro ist das Medion Lifetab S7852 bei Aldi zu haben.

(Bild: asp)

Dass Apples kleines iPad Pate bei der Entwicklung stand, lässt sich dann auch beim Anblick des Lifetab nicht leugnen. Die Rückseite besteht hauptsächlich aus Metall und das 7,85 Zoll (20 Zentimeter) große Display zieren ebenfalls nur dünne Ränder. Das Tablet ist überraschend solide verarbeitet. Nichts knarrt, das bräunliche Metall verleiht dem Tablet Stabilität und fasst sich angenehm an.

Rund ums Displayglas zieht sich ein Rahmen aus Plastik, der etwas über die Rückseite hinausragt. Dieser Grat beim Materialübergang ist durchweg spürbar und stört den ansonsten hochwertigen Eindruck. Das gilt auch für ein kleines Stück Plastik auf der Rückseite, das ebenfalls nicht bündig abschließt. Die 370 Gramm Gewicht und 9 Millimeter Dicke sind für die Preisklasse Standard, teurere Tablets können das deutlich besser. Richtig bequem lässt sich das Gerät mit einer Hand im Hochformat nicht halten: Gelegentlich geraten Finger oder Handballen auf den Touchscreen. Ausgefiltert werden sie anders als bei Apple nicht.

Alle Anschlüsse und Tasten sind beschriftet. Ein Designerstück wird das Gerät so nicht, praktisch ist es für Anfänger allemal. Der auffällige Lifetab-Schriftzug an der Front hat Tradition bei Medion und hebt das Gerät etwas aus dem schwarzen Tablet-Einerlei ab.

Medion Lifetab S7852 (9 Bilder)

Medion Lifetab S7852

Auf dem Lifetab läuft Android 4.4 mit nahezu unveränderter Oberfläche.
(Bild: asp)

Während das iPad mini ein bis zwei Ligen über dem S7852 spielt, gibt es einige vergleichbare Tablets in der gleichen Preisklasse. Acer bietet mit dem 170 Euro teuren Iconia A1 ein vergleichbares 4:3-Display, setzt aber auf einen Intel Atom, Samsung bietet das Galaxy Tab 3 8.0 in dieser Klasse an.

Schwacher Bildschirm

Wie beim ersten iPad mini verteilen sich nur 1024 × 768 Pixel auf dem 4:3-Display mit IPS-Panel. Bei Videos fällt die Auflösung noch nicht negativ ins Gewicht, wegen des Formats muss man jedoch häufig schwarze Balken in Kauf nehmen. Die geringe Pixeldichte (163 dpi) sorgt für deutlich sichtbare Treppenstufen bei Icons und Schrift. Kleine Buchstaben auf Webseiten und in Dokumenten gehen im Pixelbrei unter, für eine klar lesbare Darstellung muss man dort häufig zoomen.

Auch sonst bietet der Bildschirm Anlass zur Kritik. Während sein leichter Grünstich verschmerzbar ist, stört vor allem das minderwertige Displayglas. Es spiegelt stark und zieht hartnäckige Fingerabdrücke an. Zudem ist das Schutzglas trüb, was besonders von der Seite betrachtet unschöne Muster auf einfarbigen Flächen verursacht. Besonders Weiß wirkt deswegen grundsätzlich etwas schmutzig.

Der Bildschirm ist mit maximal 300 cd/m² für Innenräume ausreichend hell. Im Freien sieht man bei Tageslicht wegen der Spiegelungen dagegen wenig auf dem Display. Erfreulich hoch ist der von uns im c't-Displaylabor gemessene Kontrast von 1374:1. Durch den kleinen Farbraum bleiben Bilder dennoch eher blass. Deutlich bessere 8-Zoll-Bildschirme gibt es in der Preisklasse bis 150 Euro zwar nicht. Bei den kleineren 7-Zöllern macht aber beispielsweise das Asus MemoPad HD 7 vor, das es besser ginge. Richtig scharf und knackig bunt wird es mit den FullHD-Displays in den teuren Geräten.

Solide Performance

Medion hat sich für einen SoC (System on Chip) von Rockchip entschieden, der auch in anderen Billig-Tablets Dienst tut. Die vier Kerne des RK3188 müssen sich der aktuellen High-End-Konkurrenz klar geschlagen geben. Im CPU-Benchmark Coremark liegt der Chip rund 40 Prozent hinter den schnellsten Chips zurück. Im Alltag reicht die Leistung noch aus: Apps starten zwar behäbig, wenn sie nicht bereits im 1 GByte großen Arbeitsspeicher liegen. Das System reagiert aber prompt auf Eingaben, ruckelige Animationen sind die Ausnahme. Ebenfalls nichts zu mäkeln gibt es am gut reagierenden Touchscreen, der Eingaben zuverlässig umsetzt.

Videos spielt die Grafikeinheit flüssig ab, auch FullHD-Videos machten im Test keine Probleme. Für anspruchsvolle Spiele ist die GPU dagegen zu langsam, Spiele wie Real Racing 3 laufen auch mit reduzierten Details nur zäh. Aktuelle Grafikstandards wie OpenGL ES 3 werden nicht unterstützt.

Der Akku hält acht Stunden bei Videowiedergabe durch, im WLAN rund 7 Stunden. Das ist für die Preisklasse guter Durchschnitt, das Google Nexus 7 schafft aber bereits 11 respektive 13 Stunden. Unser Testgerät wurde zudem von einem Bug geplagt: Nach dem Auftauchen der ersten Warnmeldung bei 15 Prozent fiel der Akkustand rapide und das Tablet schaltete sich wenige Minuten später ab.

Das WLAN-Modem funkt mit 802.11b/g/n, 5-GHz-Netze werden nicht unterstützt. Die Anzeige kann per Miracast drahtlos an Fernseher gesendet werden, was im Test nach etwas Fummelei ohne Aussetzer klappte. Bluetooth 4.0 und GPS sind vorhanden.

Infrarot (noch) ohne Nutzen

An der Seite gibt es einen MicroSDXC-Slot für Karten bis 64 GByte, aus dem die Speicherkarten ein Stück heraus schauen. Das ist weniger fummlig beim Herausnehmen, jedoch eckt man regelmäßig mit Hand und Tischkante an der Karte an. Der MicroUSB-Anschluss ist OTG-fähig, das heißt USB-Sticks, Mäuse und Keyboards werden vom System erkannt. Ein Adapterkabel für normalgroße USB-Stecker liegt gleich in der Packung, ebenso wie ein brauchbares In-Ear-Headset. Beides ist auch bei hochwertigen Tablets unüblich.

Bisher selten in der Preisklasse zu finden ist der Infrarot-Sender, mit der man andere Geräte wie Fernseher fernsteuern kann. Leider hat Medion es versäumt, eine entsprechende App zu installieren. Mit den zahlreichen im Play Store angebotenen IR-Apps gelang es uns nicht, ein TV-Gerät zu bedienen. Ob das am Infrarot-Sender oder an der fehlenden Unterstützung durch die Apps lag, ließ sich in der Kürze der Zeit nicht feststellen. Mit Tablets von Samsung und Sony gab es keine Probleme.

Update 8.5. 15:30 Uhr: Im Laufe des Tages soll laut Medion eine Fernbedienungs-App über die Update-Funktion ausgeliefert werden. Die kann derzeit nur mit Medion-Geräten umgehen, Codes für Fernseher, Blu-Ray-Player usw. von anderen Herstellern sollen später folgen. Medion hat uns eine Beta-Version der App zur Verfügung gestellt. Mangels passendem Endgerät konnten wir die Funktion nicht testen.

Die 5-Megapixel-Kamera auf der Rückseite reicht für Schnappschüsse und um Dokumente abzulichten. Nahaufnahmen gelingen auch im Büro noch anständig, ansonsten rauscht es auf den Bildern deutlich sichtbar. Auch im Freien muss die Sonne scheinen, damit Details erhalten bleiben. Medion liefert nur die neue Kamera-App von Google mit, die sehr wenige Einstellmöglichkeiten bietet.

Software

Auf dem Tablet läuft bereits Android 4.4 (alias KitKat) – allerdings nicht die aktuellste Version 4.4.2, in der einige Fehler und Sicherheitslücken behoben wurden. Die Android-Oberfläche hat Medion nahezu unverändert gelassen. Auffälligster Unterschied ist die größere Zahl an Icons in der App-Übersicht. Gleich 60 Einträge quetscht Medion auf den Bildschirm im Querformat.

Im Lieferumfang befinden sich jede Menge Apps. Je nach dem wo das Tablet gekauft wurde, werden Apps von Aldi Süd oder Aldi Nord beim ersten Start installiert. Darunter sind auch einige sonst kostenpflichtige wie die Office-Anwendung Textmaker von Softmaker. Lobenswert: Alle Programme können durch den Nutzer nachträglich deinstalliert werden, auch die Apps für die Aldi- und Medion-Dienste.

Fazit: Gutes Angebot, kein Schnäppchen

Aldi bietet für 150 Euro ein solides 8-Zoll-Tablet an. Das Lifetab S7852 ist kein Grund, sich vor Ladeneröffnung anzustellen. Denn auch wenn Medion das Meiste aus den Möglichkeiten macht, in dieser Preisklasse geht es nicht ohne spürbare Einschränkungen. Das grobkörnige Display verdirbt das Vergnügen beim Lesen und Surfen, der langsame Prozessor verlangt Geduld und die Grafikleistung taugt nur für einfache Spiele.

Das Tablet reicht ansonsten für die meisten Aufgaben aus und sorgt für wenig Frust. Liebäugelt man ohnehin mit günstigen Tablets, bekommt man bei Aldi dank der umfangreichen Ausstattung den besten Gegenwert. Die gleich teuren Alternativen bieten entweder keine aktuelle Android-Version, bringen kein Headset oder weniger Apps mit. Bei Verarbeitungsqualität, Display und Geschwindigkeit nehmen sich die gleich großen Konkurrenten um 150 Euro dagegen wenig. Ist man jedoch bereit, auf den größeren Bildschirm zu verzichten, finden sich insbesondere bei den 7-Zoll-Tablets Alternativen mit höherer Auflösung wie das Memo Pad HD 7 von Asus für 140 Euro.

Update 9.5. 15:15 Uhr: Über die Update-Funktion des Tablets gibt es inzwischen die aktuelle Android-Version 4.4.2 inklusive der angekündigten App für die Fernbedienung. Auch der Dateimanager ist neu. Allerdings kann der momentan ausschließlich auf den internen Speicher zugreifen und nicht auf SD-Karten. (asp)