Urteil: DNS-Sperren sind zur Blockade von Inhalten "nur bedingt geeignet"

Nach einem Urteil des Landgerichts Hamburg ist ein Access-Provider nicht verpflichtet, den Zugriff auf Seiten mit rechtswidrigem Inhalt zu sperren.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 439 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Joerg Heidrich

Nach einem Urteil des Landgerichts (LG) Hamburg ist ein Zugangsanbieter nicht verpflichtet, den Zugriff auf Seiten mit rechtswidrigem Inhalt zu sperren. Dies entschied das Gericht mit Urteil vom 12. November 2008, dessen schriftliche Urteilsbegründung nunmehr vorliegt (Az.: 308 O 548/08). Danach ist die Einrichtung einer DNS-Sperre für einen Provider unzumutbar, da sie nur beschränkt zur Verhinderung des Zugriffs auf die Seite geeignet und zudem leicht zu umgehen sei.

Angestrengt hatten das Verfahren fünf Unternehmen der Filmindustrie, darunter drei amerikanische Großkonzerne. Sie verlangten von der Antragsgegnerin, einem Provider aus Hamburg, den Zugriff ihrer Kunden auf eine in Indien gehostete Website per DNS-Sperre zu unterbinden. Auf dieser, in deutscher Sprache gehaltenen Seite bot ein unbekannter und nicht zu ermittelnder Dritter urheberrechtlich geschützte Filme zum Download und Abruf via Streaming an.

Die Unternehmen der Filmindustrie vertraten in dem Verfahren die Ansicht, dass der Provider ihre Rechte dadurch verletze, dass er seinen Kunden den Zugang zu dieser Website ermöglichte und sie damit in die Lage versetzte, Urheberrechtsverstöße zu begehen. Diese Rechtsverstöße könne der Provider mit einer DNS-Sperre verhindern. Eine solche Sperre sei wirksam und könne nicht ohne weiteres umgangen werden. Das LG Hamburg wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung aber zurück. Der Provider sei weder als Täter oder Teilnehmer noch als Störer verpflichtet, seinen Kunden den Zugang zu der streitgegenständlichen Website zu verwehren.

Allerdings unterliegt der Zugangsanbieter nach Ansicht des Gerichts trotz der vermeintlich klaren Regelung des Paragrafen 8 des Telemediengesetzes (TMG) den Regeln der Störerhaftung. Die dort vorhandene Haftungsprivilegierung eines Access-Providers gelte nicht für Unterlassungsansprüche. Zur Begründung dieser Ansicht beruft sich das Gericht unter anderem auf die beiden "Rolex-Entscheidungen" des Bundesgerichtshofs (BGH). Die dort ausdrücklich nur für Hosting-Provider getroffenen Entscheidungen seien auch für Zugangsprovider anwendbar.

Jedoch, so das Gericht, setzt eine Störerhaftung voraus, dass eine Sperrung oder Entfernung der rechtswidrigen Inhalte für den Provider technisch möglich und zumutbar ist. Im vorliegenden Fall ist nach Ansicht der Richter die verlangte Sperrungsanordnung durch DNS-Sperren zwar technisch möglich. Es fehle allerdings an der Zumutbarkeit derartiger Blockaden. Insbesondere sei dabei die Eignung der in Betracht kommenden Maßnahme zu berücksichtigen. Die Einrichtung einer DNS-Sperre sei zur Verhinderung des Zugriffs auf einen Internetauftritt "aufgrund von Umgehungsmöglichkeiten, etwa durch Eintragung eines anderen Nameservers", nur "beschränkt geeignet".

Dem Vortrag der Filmindustrie, wonach die Mehrzahl der "durchschnittlichen Internetnutzer" durch die DNS-Sperre davon abgehalten würden, einen anderen Weg zu den gesperrten Inhalten zu suchen, wollte das Gericht keinen Glauben schenken. Tatsächlich sei es den Richtern selbst "in wenigen Minuten" gelungen, eine Internetseite mit einer Anleitung zur Umgehung mit den verfügbaren Nameservern zu finden. Dieses dürfte für die typischen Nutzer von Filmdownloadseiten sogar noch schneller möglich sein. (Joerg Heidrich) / (hob)