Prostatakrebs-Diagnose ohne Biopsie

Niederländische Forscher haben ein neues Verfahren entwickelt, das Millionen Männern schmerzhafte Untersuchungen ersparen könnte.

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Niederländische Forscher haben ein neues Verfahren entwickelt, das Millionen Männern schmerzhafte Untersuchungen ersparen könnte.

Tumore im Bereich der Vorsteherdrüse sind nach wie vor ein großes Problem für die Systeme der öffentlichen Gesundheitsversorgung: Jahr für Jahr sterben mehrere Hunderttausend Betroffene weltweit daran. Laut Zahlen des Statistischen Bundesamtes gehen von 100 Todesfällen in Deutschland im Schnitt rund drei auf das Konto von Prostatakrebs. Es handelt sich damit nach Lungen- und Darmtumoren um die drittgefährlichste tödliche Krebserkrankung.

Aus diesem Grund werden in der Urologie immer häufiger Blutuntersuchungen auf das sogenannte prostataspezifische Antigen (PSA) durchgeführt. Ein hoher PSA-Wert deutet auf Veränderungen in der Prostata hin, die allerdings gut- und bösartig sein können. Der schnell durchgeführte Bluttest ist also nur ein erster Hinweis, danach muss spezifisch weiteruntersucht werden.

Prostata-Untersuchung mit Mischis "Contrast Ultrasound Dispersion"-Verfahren. Der Tumorbereich ist rot eingefärbt.

(Bild: TU Eindhoven)

Jedes Jahr wird daher bei über einer Million Männern eine Prostatabiopsie vorgenommen, weil Blutvorabtests auf PSA ein erhöhtes Tumorrisiko festgestellt haben. Bei der Biopsie werden große Nadeln – bis zu zwölf Stück an bis zu 16 verschiedenen Einstichstellen – über den Analbereich eingeführt, was die Untersuchung äußerst unangenehm, aufwändig und teuer macht.

Doch der Anteil der Patienten, bei denen nach der Untersuchung der entnommenen Gewebeteile tatsächlich Krebs festgestellt wird, liegt im Durchschnitt nur bei rund 30 Prozent. 70 Prozent werden also potenziell umsonst untersucht – trotz möglicher psychologischer (schwerer Stress) und physiologischer Komplikationen (etwa Entzündungen, die bei rund fünf Prozent aller Untersuchungen auftreten), die die Biopsie mit sich bringen kann.

Wissenschaftler an der Technischen Universität Eindhoven haben deshalb nun eine neuartige Diagnosemethode namens Contrast Ultrasound Dispersion (CUD) erfunden, mit der sich Prostatakrebs weitgehend schmerzfrei aufspüren beziehungsweise ausschließen lassen soll. Das Verfahren wurde von Massimo Mischi, Elektroingenieur am Institut für Elektroingenieurwesen, zusammen mit Medizinerkollegen entwickelt.

Chronisch entzündete Prostata: Nicht immer muss Krebs vorliegen.

(Bild: Nephron / Wikipedia / cc-by-sa-3.0)

Die Forscher aus Eindhoven um Forschungsleiter Massimo Mischi nutzen stattdessen nun eine Ultraschalldiagnose, bei der bestehende medizinische Scanner weiterverwendet werden können. Die Geräte erzeugen Bilder mit Hilfe von Schallwellen und leisten schon seit vielen Jahren in der Diagnostik gute Dienste, konnten die Unterschiede zwischen gesundem und Tumorgewebe bislang aber in den meisten Fällen nicht adäquat herausarbeiten. Das konnte zweifelsfrei nur die Biopsie.

Mischi und sein Team nutzen nun die Tatsache aus, dass Krebs auch im Prostatabereich eine große Anzahl kleiner Blutgefäße ausbildet, um wachsen zu können. Das ergibt ein charakteristisches Muster, dass sich identifizieren lässt. Damit es gut sichtbar wird, wird dem Patienten vorab ein Kontrastmittel gespritzt, das kleine Bläschen enthält. Diese wiederum verteilen sich bis in die kleinsten Blutgefäße hinein.

Mit einem Bildanalyseverfahren, das ebenfalls an der TU Eindhoven entwickelt wurde, ist es nun möglich, die Tumorblutgefäße klar hervorzuheben. Der Rechner gibt dem Arzt darüber ein Bild, das auch die Tumorposition anzeigt.

Weiteres Vergleichsbild: Auf der rechten Seite ist eine entnommene Prostata zu sehen.

(Bild: TU Eindhoven)

Das Verfahren könnte auch als Ergänzung zur Biopsie sinnvoll sein: Bei dieser kommt es nämlich vor, dass der Arzt ausgerechnet Proben an Stellen entnimmt, die kein Tumorgewebe enthalten. Das heißt, dass von den 70 Prozent der untersuchten Biopsien, die negativ ausfallen, keineswegs 70 Prozent der Patienten auch krebsfrei sind. Mischis Diagnostik lohne sich also in jedem Fall.

Als nächstes soll nun eine vergleichende Studie der neuen Diagnostik an drei niederländischen Kliniken durchgeführt werden, bei denen die Ultraschalltechnik gegen reguläre Biopsien antreten soll. Getestet werden soll das an mindestens 250 Männern. Ab frühestens 2016 könnte die Technik dann auf weitere Patientengruppen ausgedehnt werden, sollte sich die Methode als tatsächlich wie erhofft zuverlässig erweisen. (bsc)