Illegale Windows-Kopien: Verhafteter PC-Fritz-Chef will auspacken

Kein Millionär, kein Krebs, keine Firma: Der ehemalige Geschäftsführer von PC Fritz war offenbar nur ein Strohmann – und packt gegenüber den Behörden über die Hintermänner aus.

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Angeblich ist er Millionär. Angeblich hat er Krebs. Angeblich ist er Gründer des Online-Softwarehändlers PC Fritz. Vieles von dem, was man bisher über Maik Mahlow zu wissen glaubte, scheint nicht zu stimmen. Sicher ist nur, dass der 37-Jährige vor Kurzem verhaftet wurde. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Betrugs mit "gefälschten Betriebssystemen der Firma Microsoft". Laut einem Bericht von Spiegel TV sagt Mahlow aus und belastet dabei einen ehemaligen Partner schwer.

Maik Mahlow (r.) belastet seinen ehemaligen Geschäftspartner Firat C. (l).

(Bild: Screenshot/Spiegel TV)

PC Fritz steht sein Monaten im Visier der Behörden. Der Online-Händler war bekannt geworden, weil er Windows-7-DVDs für knapp 20 Euro verkauft hatte. Dazu hat das Unternehmen kräftig die Werbetrommel gerührt: Der kahlköpfige Mahlow, umgeben von Z-Promis, war mit seiner rührigen Geschichte des krebskranken Selfmade-Millionärs in allen Klatschblättern. Inzwischen verdichten sich die Hinweise, dass der gebürtige Hallenser nur ein Strohmann ist.

Nach Überzeugung von Microsoft sowie Zoll und Staatsanwaltschaft hat PC Fritz gefälschte Windows-DVDs mit ebenfalls gefälschten Echtheitszertifikaten verkauft. Das Unternehmen hat hingegen stets behauptet, es handle mit originalen Recovery-DVDs und OEM-Lizenzen von PC-Herstellern wie Dell. Dabei berief sich der Anbieter auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2000, das den separaten Verkauf von OEM-Lizenzen grundsätzlich billigt.

Im September 2013 hatten die Behörden Räumlichkeiten des Unternehmens durchsucht. Dabei wurden Unterlagen und rund 170.000 Datenträger beschlagnahmt, bei denen es sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft "durchweg um Fälschungen" handelt. Dennoch darf Microsoft derzeit nicht öffentlich behaupten, PC Fritz habe mit Fälschungen gehandelt. Das Unternehmen hat eine Einstweilige Verfügung erwirkt, gegen die Microsoft weiter vorgeht.

Irgendwann nach der Razzia ist PC Fritz offenbar der DVD-Vorrat ausgegangen: Ende Februar sollen die Verdächtigen versucht haben, in einem osteuropäischen Presswerk 1,5 Millionen Windows-DVDs herstellen zu lassen – unter einem gefälschten Briefkopf, auf dem das seit August 2013 nicht mehr verwendete alte Microsoft-Logo prangt.

Unter dem alten Microsoft-Logo wurde versucht, 1,5 Millionen Windows-DVDs herstellen zu lassen.

(Bild: Screenshot/Spiegel TV)

Im April erfolgte der nächste Schlag der Ermittler: Drei mutmaßliche Führungskräfte von PC Fritz wurden verhaftet, darunter der Berliner Firat C., den Mahlow nun schwer belastet haben soll. Laut Spiegel TV hat Firat C. langjährige Erfahrung im Handel mit billiger Software. Der 30-Jährige hatte stets abgestritten, bei PC Fritz die Strippen zu ziehen, und sich selbst als "PR-Berater" bezeichnet. Mahlow selbst will nur das Gesicht des Unternehmens gewesen sein. Auch reich sollen mit der PC-Fritz-Masche andere geworden sein.

Dabei ist Mahlow offenbar wirklich krank, hat aber keinen Krebs: Wie seine Mutter der Bild verriet, leidet der "Unternehmer" an Diabetes. "Die Krebserkrankung war eine reine Werbemaßnahme", sagte Mahlows Anwalt Jörn Manhart jetzt gegenüber Spiegel TV. Als die große PR-Tour im vergangenen Jahr losging, habe sein Mandant schon keine Wahl mehr gehabt: "Er hatte nicht mehr die Möglichkeit, auszusteigen". Es ist von Drohungen und körperlicher Gewalt die Rede.

Firat C. sitzt seit dem 10. April in Untersuchungshaft. Ein weiterer Verdächtiger, der Berliner Reiko O., hat sich dem Spiegel-Bericht zufolge auf die Krim abgesetzt. Die Zahl der Beschuldigten ist demnach auf elf angewachsen, in den Haftbefehlen ist von mindestens drei Millionen Euro Umsatz die Rede. Mahlow wurde Anfang Mai in Kassel verhaftet, dabei kamen die Fahnder offenbar nach einem anonymen Tipp auf seine Spur und nicht – wie zunächst berichtet – durch Facebook.

PC Fritz ist nach einigen Umfirmierungen und Adresswechseln inzwischen offline. Maik Mahlow, dem Spiegel-Bericht zufolge wieder auf freiem Fuß, versteckt sich und hat Angst: Bis auf Firat C. sind auch seine Ex-Partner wieder frei. (vbr)