ILA 2014: Auf zu neuen Drohnen

Zur Berlin Air Show ILA kommt auch gleich eine Drohnendebatte. Ausgelöst wurde sie diesmal von der Industrie, kurz vor der ehemaligen "internationalen Luftfahrt-Ausstellung" für 2020 eine europäische Drohne ankündigte.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 32 Kommentare lesen
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Detlef Borchers
Inhaltsverzeichnis

Die Rüstungsunternehmen Airbus Defence and Space, Dassault Aviation und Alenia Aermacchi haben einen Tag vor der ILA die Entwicklung einer europäischen Drohne namens MALE2020 angekündigt. Davon gar nicht begeistert zeigte sich Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen, weil das Drohnenkonsortium den Eindruck erweckt hatte, ihr bereits ein Angebot unterbreitet zu haben. Sie habe sich zum genannten Zeitpunkt im Kosovo befunden. Im Übrigen gebe es keinen Entscheidungsdruck, erklärte die Ministerin, die gerne eine gewisse Distanz zu Drohnen wahrt.

Auf der ILA machte Airbus Defence and Space derweil unverdrossen Werbung für die neue Drohne, die als MALE (Medium Altitude Long Endurance) waffenfähig sein soll. Aber auch der Heron-Einsatz bei der Bundeswehr in Afghanistan wurde von der kleinsten Airbus-Tochter Cassidian Airborne Solutions in den höchsten Tönen gelobt. Das Geschäft mit den Miet-Drohnen sei zukunftsweisend in der Zusammenarbeit von Militär und Industrie.

Die Firma, die insgesamt fünf Heron 1 besitzt, von denen drei in Afghanistan stationiert sind, kann sich über eine neue "Überbrückungslösung" freuen. Airbus Defense unterzeichnete mit der israelischen IAI einen Vertrag über die Lieferung des Nachfolgemodells Heron TP. Und Airbus Defence-Chef Bernhard Grewert verabschiedete die Bundesministerin nach ihrem ILA-Besuch derart lange, dass die Pressekonferenz zur Überbrückungslösung entfallen musste.

Die Ministerin und die Drohnen (6 Bilder)

Machte eher einen Bogen um Drohnen: Verteidigungsministerin von der Leyen auf der ILA.
(Bild: heise online)

Auf der ersten Pressekonferenz der neu gegründeten Airbus Defence and Space, zu der die Firmen Cassidian, Airbus Military und Astrium mit insgesamt 40.000 Mitarbeitern zusammengefasst wurden, präsentierte sich die Firma als "One Stop Shop" für die Verteidigung und Sicherheit von Ländern und ihrer Grenzen. Von Fliegern über Waffen, von der Satellitenkommunikation bis zur innovativen Grenzsicherung habe man alles im Portfolio, betonte CEO Eric Gerwert. Ein signifikantes Wachstum sei vor allem in der CIS-Sparte (Communications, Intelligence, Security) zu erwarten, da Staaten in aller Welt die Gefährlichkeit von Advanced Persistent Threats erkannt hätten, die in Cyber-Warfare eskalieren könnten.

Der für Flugsysteme zuständige Manager Domingo Urella freute sich über einen gesunden Bestand der Auftragsbücher mit 505 Fliegern aller Art wie A400M und Eurofighter, die noch zu bauen sind. Nach den überaus erfolgreichen Drohnenprojekten Harfang, Barracuda und Atlante sei MALE2020 ein logisches UAS-Projekt (Unmanned Aerial System), das mit der Erfahrung von fünf Jahren Vorarbeit völlig anders aufgesetzt sei.

Auf die Frage, wie man denn ein UAS spezifizieren könnte, wenn die europäischen Staaten selbst gar nicht wissen, was sie wollen, antwortete Urella, dass man "dem kleinen Club der Erstkunden" eine breite Palette an Lösungen bieten wolle. "Wir haben jetzt eine bessere Vorstellung davon, wie wichtig es ist, die Ideen so zu schützen, dass sie im Land bleiben und Länder nicht von anderen Ländern abhängen", meinte Urella in deutlicher Anspielung an zugekaufte Drohnensysteme aus den USA oder Israel.

Geht es indes nach Jürgen Howe von Cassidian Airborne Solutions, so sind solche internationalen Lösungen vorbildlich. Seine knapp 100 Mitarbeiter große Firma in Bremen kauft Heron-Drohnen und Ersatzteile vom Hersteller IAI in Israel und vermietet sie auf Stundenbasis an die Bundeswehr in Afghanistan. Die zweijährlich zu verlängernden Verträge der "SAATEG-Zwischenlösung" (System zur abbildenden Aufklärung der Tiefe des Einsatzgebietes) laufen 2014 aus, doch Howe hofft auf Fortführung der Zusammenarbeit auch über den Afghanistan-Abzug hinaus. "Wir müssen die einzigartigen Fähigkeiten und die gesammelten Erfahrungen fortsetzen und für weitere Aufklärungsmissionen bereithalten." Nur eine Lösung wie die Zusammenarbeit mit Cassidian könne garantieren, dass auf Anforderung der Bundeswehr schnell und unbürokratisch die "Payload" ausgewechselt werden kann. Die Bundeswehr sei da zu unflexibel.

Dass eine Payload bei den Heron-TP-Systemen auch Waffen umfassen kann, erwähnte Howe nicht. Bei der SAATEG-Zwischenlösung arbeiten jeweils 19 Cassidian-Techniker und -Piloten in zwei Schichten immer vier Wochen lang in Afghanistan. Sie warten die derzeit drei Heron-Drohnen, stellen sie auf Anforderung bereit und starten sie mit dem Line-of Sight-System, bis sie eine Flughöhe von 1000 Fuß erreicht haben. Dann übernimmt die Bundeswehr die Drohnensteuerung per Satkom-Satellitenverbindung und führt ihre Mission durch. Am Ende erfolgt die Übergabe auf 1000 Fuß, die Landung durch Cassidian und schließlich die Wartung nach dem Flug.

Da auch diese Wartung nach Stunden bezahlt wird, habe es beim SAATEG-Start im März 2010 etliche Auseinandersetzungen gegeben. "Wenn der Kommandeur sagt, das waren 20 Stunden, dann waren das 20 Stunden. Mit durchschnittlich 480 Flugstunden pro Monat habe sich das Projekt (bei dem die Bundeswehr die Transport-Logistik zwischen Bremen und Afghanistan stellt) jedoch gelohnt. Da die Cassidian wie Bundeswehr-Piloten zusammen bei IAI ausgebildet wurden, habe sich sehr schnell ein Teambewusstsein entwickelt. "Alle haben voneinander gelernt, am Ende arbeiten wie wie eine normale Militäreinheit", bekannte Howe. Er kündigte an, dass sich Cassidian verstärkt um die Zertifizierung von Heron-Einsätzen im deutschen Luftraum kümmern werden.

Dies ist besonders für die neuen Drohnen der Serie Heron TP wichtig. "Wir besitzen ein verlässliches, missionserprobtes und zertifizierbares System. Es freut uns sagen zu können, dass für eine Zertifizierung in Deutschland keine Hindernisse bestehen. Der Heron TP könnte innerhalb von 24 Monaten zur Verfügung gestellt werden", wird IAI-Chef Joseph Weiss in der Pressemeldung zitiert. Bernhard Gerwert freute sich "über eine nachhaltige und risikoarme Lösung für Deutschland". Neben der Vermietung wollen Airbus und IAI dem Verteidigungsministerium ausdrücklich auch eine Kaufoption anbieten, mit der der Ende 2014 auslaufende Vertrag über die Heron 1 ergänzt werden kann. (axk)