Heftige Datenschutzgewitter über Thüringen
Der thüringische Datenschutzbeauftragte Lutz Hasse will das Innenministerium und die Polizei gerichtlich dazu verdonnern lassen, ihm zu helfen, ein ungesichertes Aktenlager zu beseitigen. Die CDU spricht von "Kriegsrhetorik".
Zur Präsentation seines aktuellen Tätigkeitsberichts für den Wirtschaftsbereich hat der thüringische Datenschutzbeauftragte Lutz Hasse Mitte der Woche angekündigt, das Landesinnenministerium beziehungsweise die Polizei auf Amtshilfe zu verklagen. Stein des Anstoßes ist der Fund eines umfangreichen ungesicherten Lagers einer insolventen Archivierungsfirma mit rund 250.000 sensiblen Akten auch von Anwälten oder Ärzten vorigen Sommer in Immelborn. Hasse will nach einem langen Streit mit Innenminister Jörg Geibert (CDU) erreichen, dass dieser Ordnungshüter abstellt, um die Halde aufzuarbeiten.
Seinen Plan umschrieb der Datenschützer mit markigen Worten: "Wir feuern zwei Torpedos ab und hoffen, dass einer trifft", sagte er. Die Klage solle spätestens Anfang Juni gestellt werden. Der Chef der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag, Mike Mohring, hat nun zurückgeschossen. Er bezeichnete die Rhetorik als "unwürdige Entgleisung" und "Kriegserklärung", bei der es ihm kalt über den Rücken hinunterlaufe. Hasse lege es offenbar darauf an, "für ein paar Schlagzeilen derartige Geschütze aufzufahren". Mohring forderte den Datenschützer auf, "zur Sacharbeit zurückzukehren" und seinen "Privatkrieg" gegen Regierungskreise einzustellen.
Videogaga
In seinem Tätigkeitsbericht für die vergangenen zwei Jahre beklagt Hasse vor allem einen Wildwuchs der Videoüberwachung, wie es Kollegen von ihm aus anderen Bundesländern jüngst auch bereits getan haben. Unter dem Stichwort "Videogaga" verweist der Datenschützer etwa darauf, dass Kameras in Gaststätten, Friseursalons, anderen Firmengebäuden oder in Verkehrsbussen rechtswidrig angebracht werden.
Den immer beliebter werdenden "Dashcams" auf dem Armaturenbrett von Autos widmet Hasse nicht nur ein Gedicht, sondern stellt darunter auch klar, dass es mit ihnen personenbezogene Informationen unerlaubt erhoben und gespeichert werden können, was mit einem Bußgeld von bis zu 300.000 Euro geahndet werde. In Kommunen plädiert Hasse für eine Meldepflicht, falls öffentliche Bereiche videoüberwacht werden sollen. Insgesamt gingen bei der Behörde allein 2012 rund 800 Beschwerden über Datenschutzverletzungen ein, während es 2011 noch etwa 300 weniger waren. (anw)