Französisches Gesetz zu Internet-Sperren: Einspruch beim Verfassungsrat

Sozialisten kritisieren unter anderem die faktische Pflicht zur Installation einer staatlich zugelassenen "Sicherungs-Software"

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Von
  • Thomas Pany

Abgeordnete der sozialistischen Partei (PS) Frankreichs haben beim französischen Verfassungsrat ("conseil constitutionel") Einspruch gegen das "Gesetz zur Verbreitung und zum Schutz kreativer Inhalte im Internet" eingereicht, das in der vergangenen Woche vom Parlament verabschiedet wurde. Das in der öffentlichen Diskussion sehr umstrittene Gesetz sieht eine Sperre des Internetzugangs von bis zu einem Jahr bei dreifachen Urheberrechtsverstößen vor.

Wie französische Medien heute berichten, führen die Parlamentarier mehrere Punkte an, weshalb der Verfassungsrat das Gesetz annullieren sollte. Als einer der wichtigsten Punkte wird der Verstoß gegen die Unschuldsvermutung genannt. Das neue Gesetz würde ganz im Gegenteil eine grundsätzliche Annahme der Schuld begründen. Die zuständige Behörde (Hadopi), die die Abmahnungen verschickt und die Internetsperren verhängt, kann, so der Vorwurf der Abgeordneten, einen Internetnutzer bestrafen, ohne dass dessen Verstoß gegen Urheberrechte nachgewiesen wird. Es liegt vielmehr am User, seine Unschuld zu beweisen, indem er zeigt, dass er "alle erforderlichen Maßnahmen getroffen" habe, um seine Verbindung "abzusichern", indem er beispielsweise eine von der Regierung zugelassene "Sicherungs-Software" installiert.

Vorgeworfen wird dem Gesetz darüber hinaus "Unbestimmtheit". Da es nicht das unbefugte Herunterladen von urheberrechtlich geschützten Werken als solches bestrafe, sondern das Versäumnis, den Internetzugang ausreichend dagegen abzusichern, kann jeder Inhaber eines Provider-Accounts bestraft werden, auch wenn er selbst nicht gegen das Urheberrecht verstoßen habe, sondern ein Dritter. Zum anderen bemängeln die Abgeordneten die Unverhältnismäßigkeit der Bestrafung. So sollen Internetnutzer unter anderem trotz Sperre die Providergebühren weiter bezahlen müssen. Zum anderen können neben zivilrechtlichen auch strafrechtliche Schritte eingeleitet werden, was eine "doppelte Strafe" bedeute, die gegen die Rechtssprechung des Conseil constitutionnel verstoße.

Der Verfassungsrat muss innerhalb eines Monats zum Einspruch Stellung nehmen. ()