Bundestag verabschiedet neue Anti-Terror-Paragraphen

Mit den Stimmen der großen Koalition hat das Parlament den Gesetzesentwurf der Bundesregierung zu neuen Straftatbeständen im Staatsschutzrecht, darunter die Kriminalisierung von Bombenbau-Anleitungen im Netz, abgesegnet.

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Mit den Stimmen der großen Koalition hat der Bundestag am heutigen Donnerstag den umstrittenen Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Einführung neuer Straftatbestände im Staatsschutzrecht abgesegnet. Mit dem von CDU/CSU und SPD nur redaktionell überarbeiteten Vorhaben sollen unter anderem die gezielte Verbreitung von Bombenbau-Anleitungen über das Internet und der vorsätzliche Besuch von Terrorcamps kriminalisiert werden. Die vorgesehenen Freiheitsstrafen für derlei "schwere staatsgefährdende Gewalttaten" betragen bis zu zehn Jahren.

Die Opposition votierte geschlossen gegen den Vorstoß und kritisierte ihn scharf. Der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Jerzy Montag, sah in den neuen Anti-Terror-Paragraphen "mehr als einen rechtsstaatlichen Kollateralschaden". Dass die Vorbereitung einer Vorbereitung einer Straftat unter Strafe gestellt werden solle, sei "Ausdruck einer Sicherheitsphobie", die keine Grenzen kenne. Die Gefahr, dass unbescholtene Bürger betroffen sein würden, "ist nicht vertretbar". Scheibchenweise habe Schwarz-Rot die Grundpfeiler des Rechtsstaates geopfert. Die Gesellschaft müsse dagegen lernen, mit Risiken zu leben, um stark zu sein gegen Straftäter, "die unsere freiheitliche Rechtsordnung im Visier haben". Ähnlich äußerten sich Vertreter der FDP und der Linken, die vor einem Gesinnungsstrafrecht warnten.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hatte die Initiative dagegen vorab gegenüber der Frankfurter Rundschau verteidigt. Strafbar mache sich nicht, wer zufällig auf eine Webseite mit Anleitungen zum Bombenbau gerate oder sich bei Wikipedia informiere. Es gehe der Koalition nicht darum, "neugierige Surfer zu bestrafen". Der Täter müsse den Vorsatz haben, eine schwere, den Staat gefährdende Straftat zu begehen. Telefone abgehört oder Computer ausgespäht werden dürften bei dieser Straftat nicht. Es würden auch keine Gesinnungen bestraft, sondern nur konkrete Vorbereitungshandlungen.

Gleichzeitig mit den neuen Paragraphen 91 und 89a Strafgesetzbuch (StGB) hat die Koalition ein Bündel weiterer rechtspolitischer Vorhaben wie die Wiedereinführung der Kronzeugenregelung oder zur Verständigung in Strafverfahren (umgangssprachlich "Deals" genannt) verabschiedet. Abgeordnete der Regierungsmehrheit nutzten die abschließende gemeinsame Lesung der entsprechenden umfangreichen Gesetzesentwürfe in nur 90 Minuten daher auch zu einer Generaldebatte. Schwarz-Rot habe in den vergangenen vier Jahren "rechtspolitische Geschichte geschrieben", betonte etwa Joachim Stünker von der SPD.

Siegfried Kauder von der Unionsfraktion erklärte die CDU zur "Partei der inneren Sicherheit". Ohne sie gäbe es keine heimlichen Online-Durchsuchungen oder keine Vorratsdatenspeicherung. Das Strafrecht könne generell auch präventiv wirken und es sei etwa möglich, schon in Vorbereitungsphasen Telekommunikation zu überwachen, um Ermittlungsansätze zu erhalten. Für die FDP in Baden-Württemberg signalisierte der dortige Justizminister Ulrich Goll unterdessen bereits seine Zustimmung im Bundesrat zum erweiterten Staatsschutzrecht. Es gebe trotz des Neins der Liberalen im Bund keine Blockade der Länder mit FDP-Regierungsbeteiligung. (Stefan Krempl) / (jk)