Online-Speedtests im Test

Die meisten DSL-Kunden fragen sich irgendwann, ob ihnen die bezahlte Leistung wirklich zur Verfügung steht. Ihnen versprechen Online-Speedtests, die wahre Geschwindigkeit anzuzeigen. Die Ergebnisse sind allerdings wenig aussagekräftig.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Urs Mansmann

Alle Breitband-Angebote enthalten eine entscheidende Einschränkung: Mit den Wörtchen "bis zu" behalten sich die Anbieter vor, weniger als versprochen zu liefern. Das weckt natürlich das Misstrauen der Kunden, die dann gerne wissen wollen, wie schnell ihr Anschluss wirklich ist. Wer einen Online-Speedtest einsetzt, um zu prüfen, welche Bandbreite die DSL-Leitung hergibt, erhält zwar ein Ergebnis, das aber wenig Aussagekraft besitzt.

Speedtests nutzen zum Messen einen Download, und das bedeutet, dass an der Messung zahlreiche Komponenten beteiligt sind: Die zu übertragenden Daten werden von einer Applikation auf dem Testserver generiert oder eingelesen, ans Betriebssystem übergeben, das es wiederum auf die Netzwerkschnittstelle schaufelt. Von dort aus laufen sie über einen oder mehrere Switches auf den Backbone, passieren mehrere Netzknoten, möglicherweise einen Peering-Punkt und weitere Netzknoten bis zum DSLAM des Teilnehmers, dann die DSL-Leitung, einen NAT-Router und womöglich noch ein WLAN, bevor sie an der Netzwerkkarte des Client-Rechners eintreffen. Dort nimmt das Betriebssystem, in dem zahllose Einstellungen und parallel laufende Applikationen die Performance beeinflussen können, die Daten entgegen und leitet sie an den Browser weiter, der sie verarbeitet und dem Server eine Rückmeldung gibt.

Kurz gesagt erhält der Anwender Antwort auf eine Frage, die er gar nicht gestellt hat, nämlich wie schnell kann der Online-Speedserver mit dem Client unter den gegebenen Bedingungen Daten austauschen. Weicht diese von der zugesicherten Geschwindigkeit ab, ist es unwahrscheinlich, dass ausgerechnet die DSL-Leitung daran schuld ist. Hat das Modem einmal mit einer bestimmten Geschwindigkeit synchronisiert, ist die Bandbreite auf der DSL-Leitung annähernd eine Konstante, auch wenn hin und wieder eine Neusynchronisierung stattfindet. Nur bei Defekten an der Leitung leidet die Bandbreite; das aber ist die seltene Ausnahme und keinesfalls die Regel.

An einem 16-MBit/s-Anschluss mit 1 MBit/s Upstream streuen die Speedtests erheblich.

Wir probierten zahlreiche Speedtests aus. Um Schwächen aufzudecken, nutzten wir dazu zunächst eine symmetrische 100-MBit/s-Leitung. Die Ergebnisse streuten dabei wild, meist lagen sie zu niedrig, mitunter auch zu hoch. Die extremsten Ausreißer lagen bei 3 und 220 MBit/s im Downstream, im Upstream erreichten wir hingegen bestenfalls ein Drittel des tatsächlichen Werts. Das liegt daran, dass die Entwickler der Online-Speedtests beim Upload deutlich niedrigere Werte erwarten und den Test darauf auslegen. Aber auch der praxisnahe Test an einem 16-MBit/s-Anschluss lieferte stark streuende Ergebnisse, sowohl für den Down- als auch für den Upstream.

Vor diesem Hintergrund ist es fragwürdig, wenn Zeitschriften solche Messungen benutzen, um damit die Bandbreite der DSL-Leitungen zu bewerten, insbesondere wenn obendrein noch Leserangaben mit einfließen. Kürzlich kam es in einem solchen Fall zu merkwürdigen Ergebnissen: GMX und 1&1 etwa schnitten bei einem Vergleich sehr unterschiedlich ab, obwohl beide die gleiche technische Plattform nutzen.

Die Frage, wie schnell die DSL-Leitung Daten maximal übertragen kann, beantwortet nur das DSL-Modem richtig. Die meisten neueren DSL-Router mit integriertem Modem zeigen die tatsächlich mit dem Modem im DSLAM ausgehandelte Geschwindigkeit in der Bedienoberfläche an. Hier wird aber häufig nur die Brutto-Bandbreite angezeigt. Nur in ganz wenigen Ausnahmefällen bremst der Provider die Leitung zusätzlich aus, etwa bei älteren Hansenet-Anschlüssen mit 4 MBit/s. Bei diesen synchronisiert das Modem zwar mit bis zu 16 MBit/s, der Datentransfer wird aber auf einer höheren OSI-Schicht auf die bestellte Geschwindigkeit abgeregelt.

In vielen Fällen kann man sich das Nachmessen der Leitung ohnehin schenken: DSL-Anschlüsse der Telekom mit 6 MBit/s oder weniger, egal ob direkt oder per Resale vermarktet, laufen nämlich grundsätzlich nur mit fest eingestellter Bandbreite (fixed rate). Wird diese unterschritten, kann das Modem nicht mehr synchronisieren. Wie hoch diese Bandbreite ist, lässt sich der Auftragsbestätigung entnehmen, denn die Telekom schaltet bei solchen Anschlüssen eine langsamere Variante nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Kunden.

Will man sich auf die Modem-Anzeige allein nicht verlassen, setzt man zum Ausreizen des DSL-Anschlusses am besten einen Download-Beschleuniger ein. Die meisten zeigen einen gleitenden Durchschnitt für die Download-Geschwindigkeit an, der recht präzise ist. Bei Bedarf kann man zusätzliche Download-Streams öffnen. Mit gleichzeitigen Downloads von verschiedenen Servern lässt sich selbst eine schnelle DSL-Leitung voll auslasten – und ganz nebenbei mit einiger Sicherheit die tatsächliche Anschlussbandbreite bestimmen.

Sind die Verbindungen trotz hoher Bandbreite auf der DSL-Leitung allgemein langsam, sollte man zunächst einmal die eigenen Netzwerkeinstellungen unter die Lupe nehmen, bevor man den Fehler beim Zugangsprovider sucht. (uma/c't) ()