Customer Relationship Management (CRM) mit Open Source

Mit dem Siegeszug von Open-Source-Software in den Unternehmen entstehen immer mehr ausgewachsene Unternehmensanwendungen – auch zur Pflege der Kundenbeziehungen, dem Customer Relationship Management. Was also leisten OpenCRX, SugarCRM und Co.?

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 18 Min.
Von
  • F. F. Bevier
  • Dr. Oliver Diedrich
Inhaltsverzeichnis

Der erste Name, der einem im Zusammenhang mit Open Source und Unternehmenssoftware in den Sinn kommt, ist Compiere. Mächtig genug, um sogar bei Vergleichen mit kommerzieller betriebswirtschaftlicher Software bereits gut abzuschneiden, deckt die Software weitaus mehr ab als CRM (Customer Relationship Management). Die hohe Funktionalität hat jedoch ihren Preis: Auch die verwendete Datenbank muss einiges leisten, was bisher wohl nur kommerzielle Produkte – sprich: Oracle – ausreichend erfüllen können: aus der Traum vom CRM ohne Lizenzkosten.

Aber es verbleiben noch zahlreiche CRM-Lösungen, die weniger hohe Ansprüche an ihre Umgebung stellen und – auch bei der verwendeteten Middleware – vollständig die Kriterien der Open-Source-Definition erfüllen. Einige weitere Kriterien lassen die vermeintlich große Auswahl schnell schrumpfen. Ein Open-Spource-Projekt sollte lebendig sein: Nur kontinuierliche Weiterentwicklung, möglichst viele Entwickler und eine aktive Anwendergemeinschaft lassen auf langen Weiterbestand und schnelle Hilfe bei Problemen hoffen. Bei einer Anwendung zur Kundenbetreuung für deutschsprachige Büros erwarten wir eine deutsche Bedienoberfläche – und die Lauffähigkeit auch unter Microsoft Windows.

Und natürlich muss eine CRM-Anwendung zumindest grundlegende Funktionen für Marketing- und Verkaufsaktivitäten mitbringen: Anlegen und Pflegen von Kundenprofilen, Kontakt- und Kampagnenmanagement sowie eine Vorgangsbearbeitung, die idealerweise von der Lead-Generierung bis zur Rechnungserstellung reicht.

Einige Produkte erfüllen diese Anforderungen. SugarCRM, zuletzt durch die Kooperation mit Microsoft in die Schlagzeilen geraten, gibt sich derzeit mit eigenem Partnernetz als Platzhirsch unter den Open-Source-CRM-Lösungen. OpenCRX lässt dem Anwender die breiteste Auswahl, was Datenbank und Application Server angeht. XRMS setzt auf der gängigen LAMP-/WAMP-Plattform auf und ist daher schnell installiert. TinyERP verwendet einen eigenen Client an Stelle des sonst üblichen Webbrowsers.

GNU Enterprise (GNUe) ist bislang lediglich eine (für den praktischen Einsatz kaum zu gebrauchende) Entwicklungsumgebung für Unternehmensanwendungen. ERP5 bietet lediglich eine französisch-, englisch- oder chinesischsprachige Bedienoberfläche. AvERP darf lediglich von Vertriebspartnern der Hersteller betreut werden, was einen wesentlichen Open-Source-Vorteil aushebelt: die freie Auswahl des Dienstleisters.

Hipergate bietet zwar technisch interessante Features und eine strukturierte Online-Dokumentation, allerdings ist längst nicht nur die Eindeutschung fehlerhaft. Zudem weist es eine wenig intuitive Bedienoberfläche und nur eingeschränkte CRM-Funktionen auf. OpenCRM wurde offenbar Anfang 2005 im (Vor-)Betazustand und lediglich mit minimalen CRM-Funktionen eingestellt.

OpenCRX steht unter der BSD-Lizenz. Technisch ist diese Software die mit Abstand anspruchsvollste Lösung: eine MDA-Anwendung (Model Driven Architecture), die auf diversen J2EE-Servern und SQL-Datenbanken läuft (beispielsweise Jboss und PostgreSQL). Hinter der zugrunde liegenden MDA-Plattform OpenMDX steht dieselbe Kernmannschaft von zwei Entwicklern wie hinter OpenCRX, was den raschen Fortschritt dieses Projektes erklärt.

Die Vielfalt an Möglichkeiten von Servern und Datenbanken bedingt allerdings eine recht aufwändige Installationsprozedur, die auf der Kommandozeile abzuwickeln ist. Dabei verlangt die Komplexität von OpenCRX ein gewisses Maß an Sachverstand, das eine befehlszeilenbasierende Installation gleich zu Beginn anmahnt.

An Im- und Exportmöglichkeiten bietet openCRX generell XML auf Objektebene an, für Adressen/Kontakte zudem noch das vCard- und für Aktivitäten das iCalender-Format.

Trotz der kleinen Entwicklermannschaft funktioniert die Community, die Reaktion auf eine direkte Kommunikation über die Kontaktadressen der Website fiel erfreulich schnell aus. Zudem kann OpenCRX mit einem deutschsprachigen Handbuch aufwarten – eine Konsequenz der Tatsache, dass die Software aus der Schweiz stammt.

Überhaupt fällt die wohlstrukturierte Online-Dokumentation angenehm auf, besonders im Zusammenhang mit den Update-Anweisungen, da Updates aufgrund der mannigfaltigen Basisbausteine mit einem gewissen Schwierigkeitsgrad verbunden sind. Auch der detaillierte Vergleich mit den CRM-Marktführern Siebel, Salesforce, Microsoft und den Open-Source-Rivalen Compiere sowie SugarCRM zeigt den präzisen Stil der Macher dieses Projektes. Für den raschen Einstieg in die Anwendung existiert ein englischsprachiges Quickstart-Manual, die aufwändigen Aktivitäten werden in einem eigenen Dokument sorgfältig erläutert, und zuletzt runden technisch orientierte Handbücher für Lokalisierung, Oberflächenprogrammierung und Sicherheit das Bild ab.

OpenCRX deckt Marketing- und Sales-Funktionen mit komplexen, mehrstufigen Objekten für Kundenprofile, Aktivitäten und den gesamten Verkaufsprozess von der Lead-Generierung über das Opportunity-Management bis zu den Verkaufsbelegen ab. Ein einfach gestaltetes Produkt/Service-Management mit Preisgestaltung und rudimentärer Lagerverwaltung ermöglicht es, den Vertriebsablauf bis zur fertigen Rechnung durchzuführen. Zum Druck oder an eine externe Finanzbuchhaltung lassen sich die Verkaufsbelege dann per XML-Export geben.

Besonders interessant ist die Behandlung, die OpenCRX den Aktivitäten zuteil werden lässt. So lassen sich auch aufwändige CRM-Projekte verwalten, wobei geplante und beanspruchte Zeit- und Kostenaufwände für jede einzelne Tätigkeit differenziert darstellbar sind. Daneben lässt sich auf der obersten Projektebene jeder denkbare Zusammenhang von Aktivitätstypen mit Angestellten oder Statusangaben grafisch kontrollieren. Zusätzlich bietet OpenCRX benutzerspezifische Auswertungen bereits auf der Einstiegmaske an.

Auch hier steht der gesamte Funktionsumfang als Demo im Web zum Test bereit, wobei sich die Sprache über die Auswahlliste im Kopf einstellen lässt.