Verfassungsschutzbericht: Extremisten setzen auf soziale Netzwerke und Verschlüsselung

Soziale Netzwerke haben laut Verfassungsschutz eine immer wichtigere Rolle bei der Radikalisierung islamischer Extremisten. Links- wie Rechtsextremisten verwendeten zudem zunehmend verschlüsselte Kommunikation.

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Von
  • Detlef Borchers

Bundesinnenminster Thomas de Maizière und Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen haben in Berlin den Verfassungsschutzbericht 2013 (Kurzfassung hier) vorgestellt. Während für den Links- wie Rechtextremismus leicht rückläufige Zahlen gemeldet werden konnten, nahm der islamistische Extremismus zu.

NSA-Affäre? Es gebe keine Erkenntnisse, dass ausländische Dienste deutsches Recht gebrochen haben, sagt Verfassungsschutz-Chef Maaßen.

(Bild: dpa, Ralf Hirschberger/dpa)

Zur Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes vor der Bundespressekonferenz betonte de Maizière, dass der Verfassungsschutz als "Element gesellschaftlicher Aufklärung" für die Bundesregierung unverzichtbar sei. Neben der verdeckten Ermittlungsarbeit in extremistischen Umfeldern habe die Spionageabwehr an Bedeutung gewonnen, wobei Deutschland im Fokus von Angriffen aus China und Russland stehe. Ebenso unverzichtbar sei die nachweisbar erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Nachrichtendiensten befreundeter Staaten. Auf Nachfrage hin erklärte de Maizière zur NSA-Problematik: "Ich war in Amerika, Bundeskanzlerin Merkel war in Amerika, es gibt den transatlantischen Cyber-Dialog, es gibt nichts Neues."

Verfassungsschutz-Präsident Maaßen führte aus, dass sich besonders beim islamistischen Terrorismus die Rolle des Internet verändert habe. Klassische Propaganda-Medienstellen hätten zugunsten "authentischer Erlebnisberichte" in sozialen Netzwerken an Bedeutung für die Radikalisierung von Islamisten verloren. Eine zunehmende Verzahnung von realer und virtueller Welt führe dazu, dass der Verfassungsschutz genau auf die Nutzung von Facebook und Twitter schaue, ohne indes eine systematische Datenspeicherung in sozialen Netzwerken zu betreiben.

Zur NSA-Affäre befragt, erklärte Maaßen den Journalisten, dass dem Verfassungsschutz bislang keine Erkenntnisse darüber vorliegen würden, dass ausländische Nachrichtendienste gegen deutsche Gesetze verstoßen haben. Dies gelte auch für so genannte Contractor-Firmen. Maaßen lobte den Inormationsfluß im Bereich des islamistischen Extremismus. So habe der Hinweis eines ausländischen Nachrichtendienstes erst vor wenigen Tagen zur Verhaftung eines Syrien-Kämpfers geführt, der verdächtigt wird, in Europa Anschläge zu planen.

Im 384 Seiten starken Verfassungsschutzbericht wird die NSA-Affäre nur zwei Mal explizit erwähnt, als neues Argumentationsmodell der Linksextremisten, die in Systemen wie Prism ein Beispiel für die "kapitalistische Repressionsmaschine" sehen würden. Der Bericht enthält überdies ein eigenes Kapitel über die Nutzung des Internet durch extremistische Gruppen. Für die Linksextremen wie Indymedia wie für die Rechtsextremen wie Altermedia gelte, dass man zunehmend auf Verschlüsselungsverfahren setze. Dies sei eine Reaktion auf Presseberichte zu US-amerikanischen Aktivitäten, die ihrerseits eine Art
"Cyberterrorismus" produzierten:

"Nahezu zeitgleich mit ersten Presseberichten über die Internetaufklärung US-amerikanischer Nachrichtendienste forderten Anfang Juni 2013 Autoren, die sich selbst dem 'cyberterrorism' zuordnen, einen sensibleren Umgang mit Daten. Sie verweisen auf ein über 300 Seiten umfassendes "Privacy-Handbuch“, um verdeckter zu surfen, Anonymisierungsdienste zu nutzen und Daten zu verschlüsseln."

Zu den aktuell in der Politik diskutierten Aktionen der Gruppe "Islamischer Staat Irak und Großsyrien" um Abu Bakr al-Baghdadi vermerkt der Verfassungsschutzbericht: "Strukturen des ISIG in Deutschland sind nicht bekannt." (axk)