Toyota träumt weiter vom Wasserstoff

Brennstoffzellen sind zuletzt in der Autoindustrie ein wenig aus der Mode geraten. Selbst Pionier Daimler hat den Start eines Serienmodells nach hinten verschoben. Nur die Japaner und Koreaner trotzen dem Trend.

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Von
  • Martin Kölling

Brennstoffzellen sind zuletzt in der Autoindustrie ein wenig aus der Mode geraten. Selbst Pionier Daimler hat den Start eines Serienmodells nach hinten verschoben. Nur die Japaner und Koreaner trotzen dem Trend.

Die Autoindustrie ist ein vertracktes Geschäft, besonders wenn es um die Antriebsformen der Zukunft geht. Wer eine Weltmacht sein will, muss nicht nur Verbrennungsmotoren den Durst abtrainieren, sondern gleichzeitig an Elektroautos, Hybriden und der Brennstoffzellentechnik basteln. Auch der Zeitpunkt der Einführung der jeweiligen Motorisierungen in den Massenmarkt muss gegen Gewinninteressen abgewogen werden.

Wie das Schicksal der einst viel gehypten Brennstoffzellentechnik (die Strom für einen Elektroantrieb aus Wasserstoff generiert) zeigt, schlägt das Pendel in der Regel in Richtung Profitmaximierung aus. Daimler hat die Einführung seines Modells nun auf 2017 verschoben, Volkswagen rechnet erst in der kommenden Dekade mit einem nennenswerten Markt. Auch Renaults Partner Nissan, der Frühstarter und Wegbereiter von Elektroautos, sieht den Durchbruch von Brennstoffzellenfahrzeugen noch in weiter Ferne.

Wie gut, dass es da noch andere ostasiatische Hersteller gibt, die sich nicht zu schade sind, Nischen zu beackern. Südkoreas Hyundai und Japans Honda setzen auf die Brennstoffzelle. Doch der Pionierpreis geht in dieser Woche an Toyota.

Der weltgrößte Autobauer stellte nun in Tokio sein erstes Brennstoffzellenauto für den kommerziellen Verkauf vor. Bereits im ersten Quartal 2015 soll es in Japan bei den Händlern stehen, im Sommer dann in Europa und den USA, kündigte Toyotas Vize-Präsident Mitsuhisa Kato während der Pressekonferenz an.

Auch der Preis ist deutlich niedriger als befürchtet. Rund 50.000 Euro wird ein Käufer für die windschnittige Limousine in Japan wohl berappen müssen. Dies ist immerhin 30 Prozent weniger als Toyota sich noch vor wenigen Jahren als Anfangspreis ausgemalt hatte.

Auch Toyota ist bei diesem Tarif natürlich klar, dass der kommerzielle Brennstoffzellenerstling kein Kassenschlager werden kann. Das Unternehmen setzt auf Fahrer mit genauso viel Geld wie Umweltbewusstsein und auf Firmen und Behörden, die sich mit Brennstoffzellenautos ein umweltfreundliches Image verpassen wollen. Aber offensichtlich hofft der Konzern, die Erfolgsgeschichte des Hybridantriebs zu wiederholen.

Was haben gerade die deutschen Hersteller vor 15 Jahren den Vorstoß von Toyota und Honda belächelt, Benzin- und Elektromotoren zu kombinieren. Und in gewisser Weise hatten sie ja recht: Lange butterte Toyota Geld zu. Zudem sind Hybridmotoren noch immer in der Minderheit. Aber für Toyota und auch für Honda hat sich diese Strategie absolut ausgezahlt.

Nicht nur ist die Technik so populär, dass die anderen Hersteller nachziehen mussten. Außerdem wirft die Dominanz in der Nische inzwischen besonders für Toyota fette Gewinne ab. 2013 setzte der Konzern mehr als 1,2 Millionen Hybridfahrzeuge ab und erzielte einen Rekordgewinn. Das sind Stückzahlen, die sich rechnen.

Ob die Kalkulation allerdings auch bei der Brennstoffzelle aufgehen wird, muss sich zeigen. Nicht nur ist noch gänzlich unentschieden, ob nicht doch batterieelektrische Autos wie Nissans Leaf das Rennen machen. Auch ist der Zeithorizont sehr viel länger, weil anders als beim Hybridantrieb dieses Mal auch eine neue Infrastruktur für Wasserstoffproduktion und die Betankung aufgebaut wurden muss. Selbst Japans Wirtschaftsministerium geht in seiner am Montag vorgelegten Brennstoffzellenstrategie von einem jahrzehntelangen Prozess aus, obwohl die Regierung die Verbreitung der Technik mit Taten und viel Geld fördern will.

Bis 2015 sollen in einem ersten Schritt 100 Wasserstofftankstellen staatlich subventioniert in den vier Megacities des Landes und entlang der Autobahn, die sie verbindet, aufgebaut werden. Ab 2017 wird die Fertigentwicklung und damit ernsthaftere Verbreitung von Brennstoffzellen als Stromgenerator für Häuser und Autos eingeplant.

Zur Olympiade in Japan im Jahr 2020 soll dann die nächste Stufe der Entwicklung, die Massenverbreitung und großindustrielle Wasserstoffproduktion, gezündet werden. Doch selbst in dem Entwicklungsplan der notorisch optimistischen japanischen Wirtschaftsplaner wird es bis 2030 dauern, bis eine globale Wasserstoffproduktion etabliert sein könnte. Und erst nach 2040 wird sich der Traum der Wasserstofffreunde erfüllen, das Knallgas nicht unter zu Hilfenahme von fossilen Brennstoffen, sondern gänzlich ohne Kohlendioxidemissionen zu produzieren.

Brennstoffzellenautos könnten sich dabei zunehmender Beliebtheit erfreuen. Aber das Ministerium rechnet auch damit, dass die neue Antriebstechnik erst um das Jahr 2025 mit der Einführung ihrer dritten Generation preislich mit Hybridautos mithalten kann. Wer zu diesem Zeitpunkt bereits eine Massenproduktion aufgebaut hat, kann möglicherweise dann auch in der Nische Reibach machen.

Genug Geduld und Geld, auf Zeit zu spielen und auf Gewinne zu verzichten, hat Toyota jedenfalls. (bsc)