Spionageaffäre: Deutschland und USA um Deeskalation bemüht

Deutschland ist empört, Washington verstimmt. Doch der Streit um die US-Spionagepraxis soll nicht weiter eskalieren. Verbindliche Töne sind nun angesagt.

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Von
  • dpa

Nach der Eskalation der Spionageaffäre in den vergangenen Tagen konzentrieren sich Deutschland und die USA wieder stärker auf die Gemeinsamkeiten. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und sein US-Kollege John Kerry schlugen am Sonntag nach einem Treffen in Wien verbindliche Töne an. An diesem Montag werden in Brüssel die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen TTIP von der EU und den USA fortgesetzt.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Der Fraktionsvorsitzende der christdemokratischen EVP im Europaparlament, Manfred Weber, forderte dabei ein Entgegenkommen der USA. "Die Amerikaner müssen uns nun das Signal geben, dass sie verstanden haben, dass man mit Freunden anders umgeht", sagte der CSU-Politiker der Zeitung Die Welt. Wesentlicher Maßstab dafür sei "der Schutz der Daten von europäischen Unternehmen und Bürgern". Der US-Kongress solle Europäern zum Beispiel in Datenschutz-Fragen dasselbe Klagerecht vor US-Gerichten einräumen wie den eigenen Bürgern.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hatte die USA am Wochenende gewarnt, dass die Spionageaffäre den für das Freihandelsabkommen nötigen gesellschaftlichen Rückhalt gefährden könnte. Einen von der Opposition geforderten Verhandlungsstopp hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aber abgelehnt: Das Abkommen sei in deutschem Interesse. Zugleich hatte sie am Samstag deutlich gemacht, dass sie am Kooperationswillen der USA und einem Stopp der Spionage zweifelt. Die Geheimdienstzusammenarbeit will sie aus Sorge vor möglichen Terrorakten aber nicht infrage stellen.

Steinmeier sprach am Sonntag nach dem Treffen mit Kerry die "Beschwernisse" der vergangenen Wochen an. Die bilaterale Kooperation sei aber notwendig, um die weltweit drängenden Konflikte einer Lösung näher zu bringen. "Wir wollen daran arbeiten, diese Beziehungen zu beleben - auf Grundlage von Vertrauen und gegenseitigem Respekt", erklärte er. Kerry, der das Spionagethema umging, sagte: "Wir haben eine enorme politische Kooperation und wir sind enge Freunde."

Die USA hatten verstimmt reagiert, nachdem die Bundesregierung am Donnerstag den obersten US-Geheimdienstler in Berlin aufgefordert hatte, Deutschland zu verlassen. Begründet wurde das mit den Ermittlungen gegen zwei mutmaßliche amerikanische Spione beim Bundesnachrichtendienst (BND) und im Verteidigungsministerium sowie mit den Spähaktionen des US-Dienstes NSA.

Der US-Geheimdienst CIA führt laut Bild am Sonntag aber mehr als ein Dutzend Regierungsmitarbeiter in Deutschland als Quellen. Neben Merkels Handy sind nach einem Spiegel-Bericht wahrscheinlich auch die Mobiltelefone mehrerer Abgeordneter aus dem NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags ausgespäht worden. (jk)