Kommentar: Apple und IBM – die Hölle friert zu

Lange Jahre war IBM für Apple der Staatsfeind Nr. 1, heute könnten sich die Chefs aus Armonk und Cupertino kaum lieber haben. Verlierer dieser iOS-Allianz sind Microsoft und Google, meint Ben Schwan.

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Apples neue Enterprise-Partnerschaft mit IBM könnte für noch mehr Unruhe bei Microsoft sorgen und Google schaden. Das ist gut, denn dann kommt wieder mehr Bewegung in den lange festgefahrenen Firmenkundenmarkt.

Ein Kommentar von Ben Schwan

Mac & i-Redakteur Ben Schwan schreibt seit 1994 über Technikthemen und richtet sein Augenmerk mittlerweile insbesondere auf Apple-Geräte. Er mag das Design von Mac, iPhone und iPad und glaubt, dass Apple nicht selten die benutzerfreundlicheren Produkte abliefert. Immer perfekt ist die Hard- und Software-Welt aus Cupertino für ihn aber nicht.

Wer im Zeitalter der Heimcomputer aufgewachsen ist, wird sich noch daran erinnern, was man bei Apple dereinst von den "Langweilern" und "Anzugträgern" von IBM hielt. Apples Kampagne zur Einführung des Macintosh war auch eine gegen Big Blue. Damals kämpfte Apple gegen den IBM-PC, der die Büros der Welt zu beherrschen begann. Erst spät entdeckte man in Cupertino, dass Microsoft der größere Gegner war. Aber das ist eine andere Geschichte.

Wenn sich nun Apple mit IBM zusammenschließt, um gemeinsam das Enterprise-Geschäft ins Mobilzeitalter zu führen, ist das historisch betrachtet schon recht witzig. Ich glaube trotzdem, dass auch der 2011 verstorbene Steve Jobs den Deal für gut befunden hätte. Jobs war Pragmatiker. Das Geschäft ist schlicht smart.

Das, was Tim Cook zusammen mit IBM-Chefin Ginni Rometty am Dienstagabend vorgestellt hat, erweist sich als erstaunlich sinnvoll. Wie Puzzleteile passen IBM und Apple zusammen, meint Cook. Und er hat Recht: Beide Firmen machen sich schon seit langem keine direkte Konkurrenz mehr.

IBM verkauft Software, Services und hochspezialisierte Server, die Übernahme des Endkundengeschäfts durch Lenovo begann vor fast zehn Jahren. Apple wiederum baut schicke Hardware, die so manchem Büroarbeiter gefällt, ein dazu nahtlos passendes Mobilbetriebssystem, könnte aber im Enterprise-Geschäft (erinnert sich hier jemand an den Xserve?) noch einiges reißen.

Apples Willkommensgruß an IBM aus dem Jahr 1981.

(Bild: Apple)

Cupertino kann sich zudem über eine Vermarktung seiner Hardware durch IBMs nach wie vor gigantisches Industrie-Vertriebsteam freuen. Und Armonk bekommt einen direkten Draht zu den iOS-Entwicklern, kann in Sachen Sicherheit nachhelfen und trägt seine Software und Services ins Herz des Apple-Mobilgeschäfts.

Aber was heißt das praktisch? Cook und Rometty hatten in einem TV-Interview (durchaus sehenswert) ein prima Beispiel für die neue Arbeitsteilung: Die Luftfahrtbranche. Nachdem IBMs Software in der hauseigenen Cloud überprüft hat, wie viel Kerosin das Flugzeug braucht, um möglichst effizient über den Atlantik zu kommen, kann der Pilot diese Informationen sofort auf seinem iPad abrufen, das er statt eines kiloschweren Pilotenkoffers bei sich trägt. Solche und ähnliche Anwendungsfälle wollen IBM und Apple in Dutzende Industriesegmente tragen.

Für Microsoft und Google ist die neue Allianz keine gute Nachricht. Redmond verliert mittlerweile auch im Enterprise-Geschäft an Boden, weil die Dominanz von Windows und Office langsam aber sicher zu Ende zu geht. Gleichzeitig holt sich IBM mit Apples Hilfe Endkunden-Knowhow, Apple wiederum viel Firmenkundenerfahrung. Dass Microsoft eine marktanteilsstarke Mobilplattform fehlt, ist da nur ein weiteres Problem für den neuen Chef Satya Nadella.

Und was ist mit Google? Dort wird man versuchen, mit Partnern – etwa Samsung – zu versuchen, Android stärker im Firmengeschäft zu platzieren. Und Google Docs & Co. brauchen einen weiteren Marketingschub. Einfacher wird das durch die Allianz von Apple und IBM sicher nicht. (bsc)