Mein Bild gehört mir: Rechtsfragen rund ums Bild

Rechte von Fotografen und Abgebildeten. Wenn Urheber- und Persönlichkeitsrechte bei der Veröffentlichung von Bildern miteinander ins Gehege geraten, kann es schnell kompliziert werden.

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Dr. Ingolf Prinz
Inhaltsverzeichnis

Wenn Urheber- und Persönlichkeitsrechte bei der Veröffentlichung von Bildern miteinander ins Gehege geraten, kann es schnell kompliziert werden. Manchmal kommt das alltägliche Rechtsempfinden dann nicht mehr mit. Warum sollte ich nicht ein Porträtfoto von mir, das jemand in meinem Auftrag angefertigt hat, ins Internet stellen dürfen? Und wer sollte es einem Fotografen verbieten, mit einem von ihm geschossenen Hochzeitsfoto auf seiner Website die Werbetrommel zu rühren?

Ein Rechtsanwalt und IT-Berater wollte sich bei Unternehmen um eine Arbeitsstelle bewerben. Weil er gelernt hatte, dass der erste optische Eindruck wichtig sein kann, ließ er sich in einem professionellen Fotostudio für edel aussehende Bewerbungsbilder ablichten. Was dabei herauskam, gefiel ihm so gut, dass er beschloss, es auch anderen Verwendungszwecken zuzuführen.

Was der Mann mit den Fotokünstlern beim Auftragsgespräch genau vereinbart hatte, ließ sich später nicht mehr eindeutig klären. Jedenfalls hatte er nicht bloß auf seinen Beruf hingewiesen, sondern auch erläutert, er benötige Bewerbungsfotos in digitaler Form, weil er beabsichtige, auch Online-Bewerbungen durchzuführen. Er bekam die angefertigten Porträts nicht nur in Form von Papierausdrucken, sondern auch als JPEG-Dateien auf einer mit der Beschriftung "Online" versehenen CD-ROM, die man ihm zusätzlich in Rechnung stellte.

Als das Studio später feststellte, dass der Kunde eines der Fotos zu Präsentationszwecken auf seiner Website eingestellt hatte, forderte es ihn auf, dies zu unterlassen. Eine Web-Veröffentlichung sei durch den von ihm gezahlten Preis nicht abgedeckt. Er nahm das Bild zwar vom Netz, wollte aber keine Unterlassungserklärung unterschreiben. Bei der Erteilung des Auftrags habe er doch hinreichend deutlich gemacht, dass er die Porträts zur Veröffentlichung im Rahmen seines Web-Angebots benötige.

Die Sache kam vors Landgericht (LG) Köln. [1] Dort berief der Kunde des Fotostudios sich unter anderem auf Paragraf 60 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG), der die "Vervielfältigung sowie die unentgeltliche und nicht zu gewerblichen Zwecken vorgenommene Verbreitung eines Bildnisses" durch dessen Besteller oder durch den Abgebildeten für "zulässig" erklärt. Die Richter wiesen jedoch auf eine fast genau drei Jahre zuvor ergangene Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) am gleichen Ort hin [2]: Es hatte bereits festgestellt, dass dieser Paragraf keine umfassenden Verwertungsrechte einräumt.

Vielmehr geht es um das aus persönlicher Verbundenheit herrührende Interesse eines Bildbestellers beziehungsweise eines Abgebildeten, die betreffende Darstellung selbst zu vervielfältigen und kostenlos an einzelne Dritte weitergeben zu können. So ist es legal möglich, beispielsweise ein bestelltes Porträtfoto privat zu kopieren und als Erinnerungsgeschenk bei einer Familienfeier an Verwandte oder Freunde weiterzugeben [3]. Eine Art Freifahrschein für die öffentliche Wiedergabe, insbesondere im Internet, liefert § 60 UrhG jedoch nicht.

Dem Landgericht zufolge ist keine vertragliche Einigung darüber zustande gekommen, ob der Kunde das Bildmaterial auf seiner Website veröffentlichen dürfe. Dazu wäre ein expliziter Hinweis auf die geplante Nutzung erforderlich gewesen. Allein durch die Erwähnung seiner beruflichen Tätigkeit sowie die Bestellung digital angefertigter Fotos für Online-Bewerbungen habe der Mann dem Fotostudio nicht zweifelsfrei klargemacht, dass er die Abbildungen auch zur Veröffentlichung im Internet benötige.

Gemäß den Paragrafen 133 und 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) seien Willenserklärungen, die im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung abgegeben werden, nach dem "objektiven Empfängerhorizont" auszulegen. Auf Deutsch: Es ist nicht entscheidend, was jemand sagen wollte, sondern wie es von seinem Vertragspartner verstanden werden musste. Das Fotostudio sei nicht verpflichtet gewesen, den Erklärungen des Kunden die von diesem vielleicht beabsichtigte erweiterte Bedeutung beizumessen, er wolle die Bilder auch im Internet veröffentlichen. Die Verwendung des Materials im Rahmen individueller Online-Bewerbungen sei etwas ganz anderes als das

Nur kurz verwiesen die Richter auf den in § 31 Abs. 5 UrhG festgelegten und als Auslegungsregel anzuwendenden Zweckübertragungsgedanken [4]: Sofern beim Abschluss eines Vertrags über die Nutzung urheberrechtlich geschützten Materials nichts anderes eindeutig vereinbart wird, räumt der Urheber seinem Vertragspartner nur so weit Nutzungsrechte ein, wie es zum Erreichen des Vertragszwecks unerlässlich ist.

Das Landgericht urteilte also zugunsten des Fotostudios. Der durch allerlei unklare Sachverhalte geprägte Fall ging schließlich in die Berufungsinstanz, wo sich die Streitparteien auf einen Vergleich einigten. [5] Das LG-Urteil ist somit nicht rechtskräftig geworden - das hat aber für die eigentliche Sache keine Bedeutung.

Auch ein Hinweis auf das viel beschworene "Recht am eigenen Bild" hätte dem Fotokunden letztlich nicht weitergeholfen. Es bildet den Gegenstand von Paragraf 22 des "Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie" (KunstUrhG). Dort heißt es: "Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden." Genau gelesen bedeutet das aber nur, dass der Abgebildete eine Veröffentlichung und Verbreitung seines Bildnisses durch Dritte verhindern kann, wenn er nicht damit einverstanden ist.

Das "Recht am eigenen Bild" schützt das Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten, räumt ihm jedoch keine Verwertungsrechte an dem Bildnis ein. Nach Paragraf 72 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) kommt dem Fotografen als "Lichtbildner" ein urheberrechtlicher Schutz an dem von ihm gefertigten Bild zu. Somit stehen das Vervielfältigungsrecht (§ 16 UrhG) und das Verbreitungsrecht (§ 17 UrhG) ausschließlich dem Fotografen zu. Falls dieser als Angestellter etwa eines Fotogeschäfts gehandelt hat, liegen die Verwertungsrechte gemäß § 43 UrhG im Zweifelsfall bei diesem Unternehmen.

Umgekehrt stoßen aber auch derartige Verwertungsrechte an Grenzen - und zwar genau dort, wo sie mit den Persönlichkeitsrechten des oder der Abgebildeten kollidieren. Das mussten gelegentlich bereits Fotografen zähneknirschend einsehen, die etwa mit besonders gelungenen Ablichtungen von Hochzeitspaaren ihre Websites, Angebotsflyer oder Anzeigen verziert hatten. Erboste Brautpaare, die nicht als unfreiwillige Werbemodels herhalten wollten, wehrten sich erfolgreich dagegen.

Literatur

[1] Urteil des LG Köln vom 20. 12. 2006, Az. 28 O 468/06

[2] Urteil des OLG Köln vom 19. 12. 2003, Az. 6 U 91/03, mit weiteren Nachweisen

[3] Näheres hierzu bei Dieter Nennen, Porträtfoto im Internet, in: Multimedia und Recht (MMR) 2007, S. 466-467

[4] Mit der Frage nach der Zweckübertragung hat der Bundesgerichtshof (BGH) sich in seinem Urteil zu Comic-Übersetzungen vom 22. 4. 2004 (Az. I ZR 174/01) befasst.

[5] beim OLG Köln, Az. 6 U 12/07 (tho)