Justizminister Maas rät Snowden zu Rückkehr in die USA

Seit knapp einem Jahr hat der Whistleblower Edward Snowden Asyl in Russland. In wenigen Tagen läuft seine Aufenthaltserlaubnis ab. Justizminister Maas sieht für Snowden nur eine gute Lösung.

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  • dpa

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) rät dem ehemaligen NSA-Mitarbeiter Edward Snowden zu einer Rückkehr in die USA. "Er ist erst Anfang 30 und will sicher nicht den Rest seines Lebens auf der ganzen Welt gejagt werden oder von einem Asyl zum nächsten wandern", sagte Maas der dpa in Berlin.

Heiko Maas

(Bild: bmjv.de)

"Wie man hört, sind wohl die Anwälte von Herrn Snowden in Verhandlungen mit amerikanischen Stellen, ob er möglicherweise in die USA zurückkehrt, um sich dort einem Verfahren zu stellen", sagte der Minister. Wenn sich beide Seiten einig werden könnten, wäre damit auch Snowden am meisten gedient. "Denn sonst wird er immer auf der Flucht vor den US-Strafverfolgungsbehörden sein", sagte Maas.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Snowden hatte vor gut einem Jahr in großem Stil vertrauliche Dokumente über die Überwachungspraxis der National Security Agency und anderer Geheimdienste an die Öffentlichkeit gebracht. Die USA suchen ihn per Haftbefehl und haben ein Festnahmeersuchen an die Bundesregierung übermittelt – für den Fall, dass Snowden nach Deutschland kommen sollte.

Seit Anfang August 2013 hat der heute 31 Jahre alte US-Bürger Asyl in Russland – begrenzt auf ein Jahr. Das heißt, die Aufenthaltserlaubnis läuft formell Ende Juli aus. Die Entscheidung der Russen über eine mögliche Verlängerung steht noch aus.

Die Opposition bemüht sich seit Monaten, Snowden für eine Aussage vor dem NSA-Untersuchungsausschuss nach Deutschland zu holen. Linke und Grüne wollen dafür notfalls vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Die Bundesregierung hat eine Vernehmung des Amerikaners in Deutschland bislang aber immer abgelehnt und dies mit einem angeblich drohenden Schaden für das deutsch-amerikanische Verhältnis begründet.

Zu der Option, dass Snowden noch nach Deutschland kommen könnte, äußerte sich Maas zurückhaltend, aber auch nicht mit einem endgültigen Nein. "Das sehe ich im Moment eher nicht", sagte der Ressortchef. Am Ende komme es dabei auf den NSA-Ausschuss an. "Wir sind nicht völlig frei in dieser Entscheidung", betonte er. "Wenn Herr Snowden Mitarbeiter eines deutschen Geheimdienstes wäre, hätte er sich nach deutschem Recht möglicherweise strafbar gemacht."

Über das Festnahmeersuchen Washingtons hat die Bundesregierung noch nicht entschieden. "Wir sind da sehr zurückhaltend und kritisch und wollen von den Vereinigten Staaten sehr genau wissen, wie die Umstände wären, wenn sich Snowden einem Verfahren in den USA stellen würde", sagte Maas. "Hierzu haben wir einige Fragen an die US-Regierung geschickt, aber noch keine Antworten bekommen. Insofern gibt es für uns im Moment keinen Grund, auf einer unsicheren Datenbasis über ein Ersuchen der USA zu entscheiden."

Nach Meinung des SPD-Politikers hat Snowden Deutschland mit seinen Enthüllungen Nutzen gebracht. "Insgesamt haben wir davon profitiert, weil wir Dinge erfahren haben, die wir vorher nicht wussten. Es ist ein Verdienst von Herrn Snowden, dass er uns da die Augen geöffnet hat", sagte Maas. "Und er hat uns eine Grundlage gegeben, auf der wir entscheiden können, ob wir wollen, dass sich das alles so in Richtung totale Überwachung weiterentwickelt." Snowden habe eine große öffentliche Debatte angestoßen und das Bewusstsein aller Bürger für das Thema Datensicherheit geschärft.

Maas räumte ein, Snowdens Tat zu bewerten sei schwierig. "Wir haben in Deutschland kein Moralstrafrecht", betonte er. "Auch in Zukunft wird es Fälle geben, in denen es Wertungsunterschiede gibt – zwischen dem, was strafrechtlich relevant und was aber einige möglicherweise trotzdem noch moralisch vertretbar finden. So wie im Fall von Edward Snowden." (anw)