Breitbandausbau: Bundesnetzagentur gibt Startschuss für Vectoring-Liste

Ab heute können Netzbetreiber den Breitbandausbau mittels VDSL-Vectoring konkret starten, also mit jener Kupferdraht-Technik, die den großflächigen Glasfaserausbau der Telekom abgewürgt hat.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 131 Kommentare lesen
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Dusan Zivadinovic

Am heutigen 30. Juli wird die Vectoring-Liste offiziell eröffnet – also das Verzeichnis, anhand dessen Netzbetreiber jene Kabelverzweiger für sich reservieren, die sie mit dem VDSL-Beschleuniger, dem VDSL-Vectoring aufrüsten wollen. Damit legen sie sich fest, welche Breitbandausbauprojekte sie starten wollen.

Die Bundesnetzagentur hat festgelegt, dass die Deutsche Telekom die Vectoring-Liste führen darf.

(Bild: dpa, Oliver Berg/Archiv)

Weil die betreffenden Kabelverzweiger zum Netz der Deutschen Telekom gehören und das Netz des ehemaligen Monopolisten weiterhin der Regulierung unterliegt, hat die Bundesnetzagentur Regeln festgelegt, die einen geordneten Wettbewerb sicherstellen sollen. Breko-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers ist optimistisch, dass die Mitgliedsunternehmen des Breitbandverbands ihre geplanten Ausbauprojekte in großer Zahl übermitteln werden; der Breko leitet von der Vectoring-Liste Rechts- und Planungssicherheit ab.

Beim KVz-Ausbau gilt das Windhund-Prinzip: Wer einen Kabelverzweiger (KVz) für VDSL-Vectoring erschließen möchte, und in die Vectoring-Liste einträgt, reserviert ihn damit. Daneben muss jeder Interessent auch ein Ausbaudatum eintragen; das Datum darf ab dem Zeitpunkt der Eintragung maximal ein Jahr in der Zukunft liegen. Wollen mehrere Netzbetreiber denselben KVz reservieren, erhält derjenige den Zuschlag, der den am nächsten liegenden Erschließungszeitpunkt einträgt.

Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hatte die rechtlichen und technischen Rahmenbedingungen für den Einsatz der Vectoring-Technik im Netz der Deutschen Telekom Anfang Juni dieses Jahres festgelegt. Der von der Bonner Regulierungsbehörde vorgelegte Entscheidungsentwurf liegt der EU-Kommission aktuell zur Stellungnahme vor, ist aber bereits vorläufig in Kraft getreten.

Das Vectoring-Verfahren dämpft Übersprechstörungen zwischen den verschiedenen Leitungen in einem Leitungsbündel, sodass die Signalgüte jeder einzelnen Leitung und damit die Datenrate zunimmt. Ein für Vectoring ausgelegter DSLAM errechnet für jede einzelne Kupfer-Doppelader eines Bündels die jeweiligen Störeinflüsse der Nachbaradern und sendet neben dem Nachrichtensignal ein abhängig von den errechneten Störeinflüssen erzeugtes Gegensignal in die jeweilige Doppelader. Das Gegensignal elimiert nahezu die Übersprechstörung.

Die Telekom will auf dieser Grundlage Anschlüssse konfektionieren, die bis zu 100 MBit/s empfangen und bis zu 40 MBit/s senden. Die aktuell schnellste am deutschen Provider-Markt erhältliche VDSL-Technik liefert Zurzeit liefert die Telekom mittels VDSL, also ohne Vectoring, maximal 50 MBit/s und 10 MBit/s (Downlink, Uplink). Mit dem Start des Vectoring-Angebots der Telekom rechnen Fachleute ab der zweiten Jahreshälfte 2014. Über ihre in einigen Gebieten verlegten Glasfaseranschlüsse liefert die Telekom Privatkunden bis zu 200 MBit/s; in Senderichtung erreichen diese Anschlüsse bis zu 100 MBit/s.

Vectoring unterliegt technischen Restriktionen. Die Dämpfung der Leitung bleibt generell ein limitierender Faktor: Der Vectoring-Effekt nimmt ab einer Leitungslänge von etwa 500 Metern deutlich ab und ist ab 700 bis 800 Metern praktisch nicht mehr feststellbar. Vectoring ist daher nur vom Kabelverzweiger oder von einem Schaltverteiler mit durch diesen versorgten KVz verwertbar. Zusätzlich muss der Kabelverzweiger per Glasfaser oder Richtfunk an das Backbone-Netz angebunden werden.

Die Bundesnetzagentur hat festgelegt, dass die Deutsche Telekom die Vectoring-Liste führt. Man kann sich aber leicht vorstellen, dass ein unabhängiges Institut oder die Bundesnetzagentur selbst, prinzipiell einer geringeren Versuchung ausgesetzt sind, diese Liste zu eigenen Gunsten zu verwenden als die Telekom, der der Mitbewerb gelegentlich zu nahe auf die Pelle rückt. So ist die Bundesnetzagentur nun gefordert, engmaschige Kontrollen zu führen, um Missbrauch auszuschließen.

Ein Teil der Vorsichtsmaßnahmen besteht darin, dass der ehemalige Monopolist seine Einträge schon einen Tag vor dem Start bei der BNetzA hinterlegen musste. So will die BNetzA ausschließen, dass der ehemalige Monopolist in Reaktion auf Ausbaupläne der Mitbewerber ihre Ausbautermine vorverlegt, um dann Mitbewerber von lukrativen Ausbaugebieten fernzuhalten. Auch besteht ein Schadenersatzanspruch für den Fall, dass die Telekom die Vectoring-Liste sorgfaltswidrig führt.

Die Telekom hat ihre Hausaufgaben anscheinend schon gemacht. Ihre geplanten Vectoring-DSLAMs will die Firma offenbar überwiegend per Glasfaser an ihr Kernnetz anschließen. Dafür seien zahlreiche Sonderanträge für den Glasfaserausbau gemäß FTTC-Technik geplant (Fiber-to-the-Curb). Medienberichten zufolge will sie bundesweit rund 38.000 KVz mit der Vectoring-Technik erschließen, die Anträge für die Vectoring-Liste sollen der Bundesnetzagentur fristgerecht zugehen. Man kann gespannt sein, welche Termine die Telekom nun eingesetzt hat und wieviele dieser KVz die Mitbewerber letzlich für sich reservieren können.

Nach Breko-Geschäftsführer Albers wollen die Mitbewerber 9,1 Milliarden Euro bis 2018 investieren und 11,2 Millionen Haushalte und Unternehmen mit Highspeed-Breitband-Anschlüssen versorgen. Das sind nahezu drei Viertel der Haushalte außerhalb der Ballungsräume. Albers betont: "Wir setzen alles daran, um diese Zusage auch einzulösen". Nun darf man gespannt sein, wie sich das Rennen entwickelt. (dz)