Chinesische Kinos blenden Zuschauer-Kommentare vor den Film

In China erlauben Kinos ihren Zuschauern, Filme live zu kommentieren und blenden diese Kurztexte direkt vor die Leinwand. Damit wollen sie junge Menschen anlocken, die nicht darauf verzichten wollen, ihre Meinung zum besten zu geben.

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In China experimentieren mehrere Kinos mit eingeblendeten Kurzmitteilungen der Zuschauer, die vor der Leinwand entlang gleiten. Das berichtet die New York Times unter Berufung auf einen Artikel der chinesischen Zeitung China Youth Daily. Demnach können die Zuschauer während des Films – kostenpflichtige – Kurzmitteilungen senden, die dann vor der Leinwand, dem sogenannten Bullet Screen (etwa "Einschlussleinwand") durchlaufen. Das Bild kann dadurch von mehreren solcher Mitteilungen teilweise oder sogar überwiegend verdeckt werden.

Ein Video mit vorgeschalteten Kommentaren

(Bild: The Nanfang Insider )

Andere Kinos blenden die Nachrichten nicht direkt vor das Bild sondern auf Bildschirme, die rechts und links von der Leinwand aus angebracht sind. Zuschauer, die wissen wollen, was die anderen im Saal denken, müssen dann ihren Kopf drehen, um mitzulesen, zeigt CCTV. Mit diesen Experimenten wollen die Betreiber vor allem die jungen Leute ins Kino locken, die sich an den Second Screen gewöhnt haben und nicht mehr darauf verzichten wollen.

Im vergangenen Monat hätten mehrere Kinos solche Leinwände installiert und bei Vorführungen des Animationsfilms The Legend of Qin und Tiny Times 3 eingesetzt. Dafür ausgerüstete Kinosäle gäbe es inzwischen in Peking und Shanghai, aber auch in "kleineren Städten" wie Hangzhou, berichtet The Hollywood Reporter. Nutzer könnten dabei nicht nur an die Leinwand schreiben, sondern per Kurzmitteilung auch um Hilfe bitten, wenn ihr Akku zur Neige geht. Wenn sie schreiben, auf welchem Platz sie sitzen, kommt ein Hotelangestellter mit einem Ladegerät, zitiert die New York Times einen Blogger.

Die Installation der Technik sei technisch insgesamt keine große Herausforderung und die Vorführungen seien gefüllt, erklärt demnach einen Kinobetreiber. Gegenwärtig denke jeder, das sei eine ungewöhnliche und coole Sache, aber langfristig könne das natürlich Einfluss auf die Aufmerksamkeitsspanne junger Kinogänger haben, schiebt der dann noch nach.

Die Idee für die Bullet Screens kommt dem Bericht zufolge ursprünglich aus Japan, wo das Internet-Videoportal Niconico ebenfalls Kommentare direkt vor dem Bild anzeigt. Fans seien der Meinung, dass es oft gar nicht darum gehe, das Filmchen selbst zu sehen, sondern mit anderen darüber zu lästern und einfach zusammen zu kommen. Die Kinos wollen diese Technik nun vorerst lediglich in Filmen für diese junge Zielgruppe einsetzen, aber unter Umständen bald landesweit. Der chinesische Regisseur He Ping ist davon aber noch nicht überzeugt. Sollten diese Bildschirme größere Verbreitung finden, müssten ihre Anwendung vorher von den Autoren und Regisseuren des Films genehmigt werden, forderte er gegenüber der China Youth Daily. (mho)