Nanosatelliten umgehen Internet-Zensur

Das Outernet-Projekt will kostengünstige Erdtrabanten ins All schießen, über die dann in alle Welt freie Inhalte gesendet werden. Mit dabei ist auch ein deutscher Sender.

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Das Outernet-Projekt will kostengünstige Erdtrabanten ins All schießen, über die dann in alle Welt freie Inhalte gesendet werden. Mit dabei ist auch ein deutscher Sender.

Das Internet ist in vielen Ländern der Welt nur zensiert nutzbar. So kümmern sich etwa in China Tausende Mitarbeiter des Ministeriums für Öffentliche Sicherheit (Ministry of Public Security, MPS) darum, dass unerwünschte Inhalte nicht im Netz auftauchen. Hinzu kommen automatische Filter im Rahmen der "Great Firewall" und des sogenannten "Golden Shield", das nicht nur zensiert, sondern auch überwacht. In anderen asiatischen Ländern, der arabischen Welt und in vielen Staaten Afrikas ist es kaum anders – es gibt das Netz zwar, aber es ist nicht frei.

Das Non-Profit-Projekt Outernet will hier nun einschreiten: Es baut eine alternative Infrastruktur auf, die sich kaum zensieren lässt, weil sie nicht auf vorhandene Netzverbindungen setzt, sonder auf neue Wege.

Das Grundprinzip von Outernet.

(Bild: Outernet)

Die Idee: Statt Daten über das reguläre Internet an die Empfänger zu senden, werden ausgewählte Inhalte über eine eigene Satelliteninfrastruktur auf die Erde geschickt. Ganz normales Surfen ist so zwar nicht möglich, aber Nutzer können eine einfache SMS über ihr Handy an das System schicken und so beliebige Web-Inhalte quasi bestellen. Für die Auslieferung will Outernet sowohl gemietete Kapazität auf bestehenden Satelliten als auch ein Netz sogenannter Nanosatelliten verwenden, die sich vergleichsweise kostengünstig ins All schicken lassen.

Der größte Nachteil der Technik: Um das Outernet zu nutzen, benötigt man neben Computer, Tablet oder Smartphone auch ein eigenes Empfangsgerät mit Satellitenantenne. Es erhält die Daten und verteilt sie an andere Geräte, die per WLAN im gleichen Netz hängen.

Zur Darstellung, was Internet-Zensur bedeutet, veranstalteten die Outernet-Macher eine symbolische Bücherverbrennung.

(Bild: Outernet)

Die Empfangsanlage lässt sich bei den Organisatoren des Projekts entweder erwerben oder aus relativ einfachen Komponenten selbst zusammenbauen. Zudem stehen sowohl Hard- als auch Software unter einer freien Lizenz inklusive Quellcode (Open Source), was erlauben soll, dass die Technik auch von externen Mitstreitern weiterentwickelt wird. Allerdings benötigt sie zunächst eine kritische Masse an Nutzern. Das Outernet soll alles übertragen können, was auch das reguläre Internet bereitstellen kann – Webseiten ebenso wie Audio und Video sowie Anwendungen (Apps).

Zu den Inhaltelieferanten in der aktuell laufenden Testphase des Projekts zählen auch deutsche Medien wie die Deutsche Welle (DW). "Outernet tritt für viele Werte und Ziele ein, für die auch die Deutsche Welle maßgeblich steht. Das Satellitennetz ist ein deutliches Signal an alle, die das Internet zensieren oder den Zugang einschränken wollen", sagt DW-Intendant Peter Limbourg.

Mini-Satelliten wie diese können die Outernet-Inhalte auf die Erde funken.

(Bild: NASA)

Da der Empfang technisch einfach sei und ein effizientes Stören (Jamming) aufgrund der Vielzahl kleiner Satelliten kaum möglich werde, könne die Zusammenarbeit der Deutschen Welle mit dem Outernet-Projekte zudem "zur Netzneutralität beitragen und Zensurmaßnahmen umgehen", glaubt der Intendant. Allerdings gab es bislang noch keine öffentlich bekannt gewordenen Jamming-Versuche. Mittelfristig verbinde er mit Outernet die Hoffnung, die Zielgruppen der Deutschen Welle "gerade in Krisengebieten und Ländern mit stark eingeschränkter Pressefreiheit noch besser" zu erreichen.

Derzeit ist das Outernet allerdings noch nicht auf der ganzen Welt zu empfangen, abgedeckt werden über gemietete Satellitenkapazitäten derzeit Nord- und Mittelamerika sowie Europa, Nordafrika und die arabische Welt bis hin zu Teilen Indiens und Chinas. Bis Ende des Jahres soll eine weltweite Abdeckung erreicht sein. Das hängt auch von erfolgreichen Satellitenstarts und der weiteren technischen Umsetzbarkeit ab.

Thane Richard, Leiterin des Bereiches "User Engagement" bei Outernet, meint, dass sich mit der Technik auch die digitale Kluft überwinden lasse. Die Zusammenarbeit mit Medien erlaube es, "verlässliche Nachrichten und weitere relevante Inhalte zu unseren Nutzern zu bringen". (bsc)