Schulter-Kameras für Hamburger Polizisten

Sogenannten Body-Cams sollen Polizeibeamte vor Übergriffen schützen. Damit begeben sich die Länder in eine rechtliche Grauzone.

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Nach Hessen und Bayern will nun auch Hamburg seine Polizisten mit sogenannten Body-Cams ausstatten. Das berichtet das Magazin Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe 10/2014 (jetzt am Kiosk oder hier zu bestellen).

Hamburg entscheidet sich für ein einjähriges Pilotprojekt mit Bodycams.

(Bild: Hessisches Ministerium des Innern und für Sport)

Anfang September hatte der Hamburgische Senat das „Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei“ (PolDVG) geändert. Damit gibt er grünes Licht für ein einjähriges Pilotprojekt mit vier Schulterkameras, die vor allem an Wochenende und nachts in St. Pauli eingesetzt werden sollen. Die Kameras dürfen nicht permanent filmen, sondern nur bei "Maßnahmen zur Gefahrenabwehr“, bei der "Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten“ sowie bei "Gefahren für Leib und Leben“.

In Frankfurt am Main tragen einige Polizisten schon seit Frühjahr 2013 Kameras auf den Schultern. Sie sollen Übergriffe von Bürgern auf die Beamten dokumentieren. Nach knapp einem Jahr wurde das Pilotprojekt auf Wiesbaden und Offenbach ausgeweitet. Nun überlegt sich das hessische Innenministerium, die Body-Cams flächendeckend einzusetzen.

Bislang gibt es weder einen rechtlichen Rahmen noch ein durchgängiges Konzept dafür. Oliver Heß, Polizeihauptkommissar in Hessen, ist von den bisherigen Erfahrungen dennoch begeistert: Deutschlandweit habe die Gewalt gegenüber Polizisten in den letzten Jahren zugenommen, in Frankfurt aber nicht – dort ist die Zahl der Übergriffe auf Polizisten laut dem hessischen Innenministerium innerhalb eines Jahres von 27 auf 20 zurückgegangen, die Anzahl der verletzten Beamten von vier auf null.

Der Effekt der Kameras sei wirklich überraschend, sagt Heß: Sobald Störenfriede auf die laufende Aufnahme hingewiesen würden, beruhigten sie sich. Laut Heß sind schon 23 Videosequenzen aus dem hessischen Pilotprojekt vor Gericht als Beweismittel herangezogen worden. Offizielle Zahlen dazu gibt es noch nicht.

Allerdings ist die Körperkamera keinesfalls objektiv. „Sie filmt nur einen bestimmten Ausschnitt – und zwar den, den der Polizist mit eigenen Augen sehen würde“, erklärt Christoph Gusy, Polizeirechtsexperte von der Universität Bielefeld. Zudem dürfen Polizisten in Frankfurt die Aufnahmen ihrer Einsätze anschauen. Normale Bürger müssen aber bis vors Gericht gehen, wenn sie die Aufnahmen sehen wollen.

Im Vergleich zu fest installierten Kameras in Bahnhöfen oder Einkaufspassagen werfen Body-Cams zudem ganz eigene rechtliche Fragen auf. Während öffentliche Plätze eher zur „allgemeinen Lagebeschreibung“ gefilmt würden, seien die Aufnahmen der Körperkameras „zwangsweise personenbezogen“, so Gusy. „Dafür sind besonders intensive Abwägungen nötig.“

In Hessen stimmten die Datenschützer dem Einsatz der Körperkameras deshalb nur unter Bedingungen zu. Erstens: Die Aufnahmen dürfen nur gemacht werden, wenn Polizeibeamten oder Dritten Gefahr für Leib und Leben droht. Zweitens: Die Polizisten müssen Westen mit dem klaren Hinweis „Videoüberwachung“ tragen. Drittens: Es gibt streng geregelte Löschroutinen. Nach jedem Einsatz tragen die Beamten alle Vorfälle, die sie gefilmt haben, mit Kommentar in ein Einsatzbuch ein. Der Vorgesetzte entscheidet, welche Aufnahmen direkt gelöscht und welche als Beweismittel sechs Monate vorgehalten werden.

Viertens: Alle Aufnahmen müssen ohne Ton gemacht werden. „Die Aufzeichnung des öffentlich gesprochenen Wortes ist ein zusätzlicher Grundrechtseingriff“, erklärt Barbara Dembowski vom Büro des Hessischen Datenschutzbeauftragten. „Das kommt ja in die Nähe eines Lauschangriffes.“ Genau das sieht Hamburg aber vor: „Die vorgeschlagene Regelung ermöglicht sowohl Bild- als auch Tonaufzeichnungen“, schreibt die Behörde für Inneres. Auch Bayern will nicht auf die Töne verzichten. (grh)