Der Mann, der Fleisch wachsen lässt

Das Start-up Modern Meadow will aus Zellkulturen statt Zuchttieren Leder und Nahrungsmittel produzieren.

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Von
  • David Talbot

Das Start-up Modern Meadow will aus Zellkulturen statt Zuchttieren Leder und Nahrungsmittel produzieren.

Andras Forgacs hat eine Vision. Der Chef und Mitbegründer von Modern Meadow aus dem amerikanischen Brooklyn will Produkte, für die bislang Tiere sterben müssen, bald im Labor produzieren – Fleisch etwa oder Leder. Dazu arbeitet die junge Firma an speziellen Zellkulturen.

Sollte die Idee umsetzbar sein, wäre das nicht nur für Tierfreunde gut, sondern auch für die Umwelt: Die Tierzucht zur Fleisch- und Lederproduktion benötigt enorme Mengen an Wasser, Land und Energie. Forgacs, der zuvor mit Organovo eine Firma gegründet hatte, die mit 3D-Druckern menschliches Gewebe für biomedizinische Anwendungen erzeugte, sprach mit Technology Review am Rande der EmTech-Konferenz im amerikanischen Cambridge.

Technology Review: Herr Forgacs, was steckt konkret hinter Modern Meadow?

Andras Forgacs: Die Firma wurde gegründet, um Ideen aus der biomedizinischen Gewebeherstellung weiterzudenken. Wenn wir schon Haut wachsen lassen können, können wir dann auch Leder herstellen? Und wenn wir Muskelgewebe erzeugen können, reicht das auch für Fleisch?

Das setzen wir jetzt um – und wir arbeiten auch mit Köchen und Lederexperten daran, die Ergebnisse zu perfektionieren. Wir sehen uns als Materialhersteller. Als erstes werden wir uns auf Leder konzentrieren. Da arbeiten wir zurzeit daran, eine hohe Qualität zu erzielen und das herzustellen, was die Kunden wollen. Darauf aufbauend entwickeln wir dann Prozesse, die sich im Industriemaßstab skalieren lassen.

TR: Sie haben aber mit ihrer Methode auch schon einige Ladungen Snacks produziert, die Sie "Steak-Chips" nennen und die aus Kuhmuskelzellen bestehen – mit Geschmacksrichtungen wie Teriyaki oder Shiitake-Pilz. Zur EmTech haben sie keine davon mitgebracht. Wann sind sie die denn marktfähig?

Forgacs: Wir führen derzeit eine interne Testphase durch, sind aber noch dabei, unser Rezept zu verfeinern und an Wegen zu arbeiten, wie man die Produktion hochskalieren kann. Wir müssen auch darüber nachdenken, ob das ein Produkt ist, das wir auf den Markt bringen wollen.

Es ist vorstellbar, dass solche Steak-Chips innerhalb von fünf Jahren im Handel sein werden. Die können dann sicher mit High-End-Snacks wie Kohlchips mithalten. Vorher müssen aber auch noch regulatorische Fragen geklärt werden, zudem ist die industrielle Fertigung noch nicht möglich.

Aber Tester haben uns schon gesagt, der Snack schmecke wie Beef Jerky, nur etwas krosser.

TR: Diese Frage kann ich mir leider nicht verkneifen – wäre es auch möglich, ein paar meiner Muskelzellen aus meinem Arm zu nehmen?

Forgacs: Ah, die Hannibal-Lecter-Fragen. Könnten wir das tun? Natürlich wäre das möglich. Aber wir nehmen die Bioethik sehr ernst und deshalb ginge das nicht. Momentan sind wir dabei, den Menschen die Idee einer solche Fleischherstellung schmackhaft zu machen. Da sollten wir uns so etwas verkneifen. (bsc)