Streit um Technologie für Erdkabel

Ein niedersächsischer Ingenieur hat ein Konzept entwickelt, um HGÜ-Stromleitungen billiger und umweltschonender im Boden zu verlegen. Die Stromnetzbetreiber blocken ab.

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Ein niedersächsischer Ingenieur hat nach eigenen Angaben ein Konzept für Erdkabel entwickelt, das günstiger als die konventionelle Technologie sein soll und zudem weniger in die Landschaft eingreift. Das berichtet Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe.

Erdkabel als Alternative zu Stromtrassen?

(Bild: Tennet)

Ingo Rennert, der unter anderem Netzanschlüsse für Offshore-Windparks plant, schlägt vor, die Kabel in Gräben mit sogenanntem Flüssigboden zu verlegen. Ein Graben von fünfzig Zentimetern Breite reiche so völlig aus, um zwei Kabel mit einer Kapazität von zusammen einem Gigawatt aufzunehmen. Außerdem könne man muffenlose Kabelstücke von bis zu drei Kilometern verwenden, was was die Zahl der Verbindungsstellen auf ein Drittel reduzieren würde.

Im Streit um den Ausbau von Stromtrassen gelten Erdkabel den Betroffenen zwar als schonendere Alternative. Die zur Zeit angelegten Erdkabeltrassen für Drehstromleitungen sind aber alles andere als unsichtbar. Stromnetzbetreiber Amprion beispielsweise setzt für sein Projekt in Raesfeld eine Trassenbreite von insgesamt 22 Metern an. Daneben müssen die Netzbetreiber alle 800 Meter garagengroße Gebäude errichten, die einen Zugang zu den sogenannten Verbindungsmuffen der einzelnen Kabelabschnitte ermöglichen.

Amprion teilt Rennerts Optimismus daher nicht. Das Konzept sei in weiten Teilen "technisch auf absehbare Zeit noch nicht umsetzbar", erklärt ein Unternehmenssprecher. Zudem kritisiert der Netzbetreiber die Kostenkalkulation. "Hier sind Annahmen getroffen worden, die nicht nachvollziehbar erscheinen“, sagt der Amprion-Sprecher. So sei es unrealistisch, Kosten für die Verlegung der Kabel zu nennen, ohne den exakten Verlauf der Trasse zu kennen.

Auch zwei Wissenschaftler der Universität Hannover äußern in einem von Tennet in Auftrag gegebenen Gutachten Zweifel am Konzept. So stellen die Forscher infrage, ob eine Kabelmodullänge von drei Kilometern angesichts des logistischen Aufwands – auch bei Reparaturen – wirklich sinnvoll ist. Darüber hinaus verweisen sie darauf, dass die Stecker, die die Module miteinander verbinden sollen, "bisher nicht oder nicht in dem für eine neue Technik erforderlichen Maße eingesetzt“ worden sind. (wst)