Bienen als Arznei-Kurier

Australische Forscher haben ein Verfahren entwickelt, bei dem die Bestäuber ein Pflanzenschutzmittel direkt auf Kirschblüten aufbringen.

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Australische Forscher haben ein Verfahren entwickelt, bei dem die Bestäuber ein Pflanzenschutzmittel direkt auf Kirschblüten aufbringen.

Der Monilinia-Pilz, der in den Arten Monilia laxa, Monilia fructigena und Monilia fructicola vorkommt, ist unter Obstbauern gefürchtet. Bei befallenen Kirsch- und Apfelbäumen verfaulen die Früchte und die Ernte reduziert sich deutlich. Die von dem Schädling ausgelösten Pflanzenkrankheiten, die auch als Fruchtfäule oder Spitzendürre bekannt sind, treten sofort nach der Blüte auf, wenn Gegenmaßnahmen längst zu spät sind.

Deshalb werden die Bäume meist mit einem scharfen Fungizid gespritzt. Das ist weder besonders kostengünstig – hochspezialisierte Pflanzenschutzmittel sind teuer – noch umweltfreundlich, denn das Spritzmittel gelangt in die Böden und belastet potenziell die Früchte.

Die Biene soll nicht nur bestäuben, sondern auch als punktgenauer "Pflanzendoktor" dienen.

(Bild: Fotolia)

Australische Forscher der University of Adelaide wollen nun gezielter gegen Monilinia vorgehen. Dabei setzen sie auf einen natürlichen Verbündeten: Bienen. Forscherin Katja Hogendoorn entwickelte mit ihrem Team einen speziellen Spender für ein Gegenmittel – die Sporen eines parasitären Pilzes, der den Monilinia verdrängt, für Mensch und Pflanze aber harmlos ist und nach der Ernte abgewaschen wird. Den Spender platzierten sie am Ausgang eines Bienenstocks. Schwärmten die Bienen aus, nahmen ihre Bestäubungshärchen die "guten" Sporen künftig ganz automatisch auf.

Beim Besuch der Obstbäume brachten sie das Gegenmittel zur Pilzinfektion auf diese Weise genau dorthin, wo es hin soll: mitten in die Blüte, denn dort wird schließlich bestäubt. Bei Erdbeeren wird die Technik, die die Forscher "Entomovectoring" nennen, in Europa schon erfolgreich angewandt. Dem australischen Team gelang es aber nach eigenen Angaben erstmals, sie auch auf Kirschbäume zu übertragen.

Ein großflächiges Versprühen von Pflanzenschutzmitteln wäre nicht mehr notwendig.

(Bild: U.S. Department of Agriculture / cc-by-2.0)

"Fruchtfäule betrifft die 150 Millionen Dollar schwere australische Kirschindustrie besonders – durch die Fungizidkosten, Ernteverluste und verdorbene Früchte", sagt Hoogendoorn. Alle kommerziell aktiven Obstbauern spritzten deshalb während der Blüte, um eine spätere Entwicklung der Pilzerkrankung zu verhindern. "Wir nutzen stattdessen Bienen zur Auslieferung eines biologischen Schädlingsbekämpfungsmittels, wenn es gebraucht wird." Die Bienen agierten zuverlässig jeden Tag. "Das Sprühmittel wird nicht in andere Bereiche getragen, es sickert nichts ins Grundwasser und man muss weniger große Maschinen einsetzen. Wir sparen Wasser, Arbeitsleistung und Treibstoff."

Hoogendoorn glaubt, dass das Verfahren künftig auch auf andere Pflanzenarten ausgedehnt werden könnte, etwa Mandeln, Himbeeren, Birnen, Trauben oder Steinfrüchte. Biologische Schädlingsbekämpfungsmittel, die gezielt wirken, kämen nach und nach auf den Markt.

Kirchblüte: Die Pilzgattung Monilia stellt Obstbauern vor Probleme.

(Bild: Andrew Taylor / Flickr / cc-by-2.0)

Die Bienenvölker, die weltweit unter dem sogenannte Colony-Collapse-Disorder-Syndrom (CCDS) leiden, das nach wie vor nicht gänzliche aufgeklärt ist, schädige ihr "Nebenjob" nicht, betonen die Forscher. Die zusätzliche Arbeit als Arzneimittel-Kurier könnte für Imker sogar einen Anreiz schaffen, mehr neue Völker aufzubauen, was wiederum dem CCDS entgegenwirkt.

Anderswo wird unterdessen an Pflanzenschutzmitteln geforscht, die explizit bienenfreundlich sein sollen. Wissenschaftler an der Universität von Newcastle haben als Reaktion auf das Bienensterben nun ein neuartiges Biopestizid entwickelt. Die Bestandteile sollen zwar gegen die wichtigsten Schädlinge auf den Feldern wirken, den Honigsammlern selbst aber nichts anhaben können. Der Stoff namens Hv1/GNA basiert auf dem Gift der australischen Trichternetzspinne sowie Lektinen aus Schneeglöckchen-Pflanzen.

"Wenn wir die Biodiversität der Bestäuber zerstören, wird es irrelevant sein, wie effektiv unsere Pestizide sind, weil wir dann keine Nutzpflanzen mehr haben, die es zu schützen gilt", sagt Geraldine Wright vom Honigbienen-Labor an der Newcastle University. Es seien mittlerweile umfassende Hinweise vorhanden, dass auf Neonicotinoiden basierende Pflanzenschutzmittel die Leistungsfähigkeit der nützlichen Brummer einschränke. (bsc)