Euro Hawk: Von der Leyen heizt Drohnen-Debatte wieder an

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will offenbar genau dort weitermachen, wo ihr Vorgänger Thomas de Maizière um ein Haar scheiterte: Mit einem Fernsehinterview provozierte sie eine neue Drohnendebatte.

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Von
  • Detlef Borchers

Die Bundeswehr besitzt seit dem heutigen Montag ein Gutachten, das neun Rüstungsprojekte bewertet und dabei auf 140 Problem- und Risikofelder aufmerksam macht. Dabei kommt das von der Bundeswehr SLÜWA genannte Projekt der Aufklärungsdrohne Euro Hawk noch relativ glimpflich davon. Prompt wird es von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen zum Vorzeigeprojekt erklärt, obwohl allein für die Weiterentwicklung der Aufklärungstechnik ISIS nach Auskunft der Bundesregierung weitere 255 Millionen Euro nötig sind, zusätzlich zu den 288 Millionen, die ISIS bisher kostete.

In der rund 50 Seiten starken Kurzfassung der von den Wirtschaftsprüfern von KPMG, der Ingenieurgesellschaft P3 und der Kanzlei Taylor Wessing angefertigten Risikoanalyse der Rüstungsprojekte kommt die Drohnentechnik verhältnismäßig gut weg. So heißt es zum Euro-Hawk-Projekt der Erprobung von "Systemen der Signalerfassenden Luftgestützten Weiträumigen Überwachung und Aufklärung" (SLÜWA), dass die Bundeswehr in Zusammenarbeit mit der Industrie eine "belastbare Informationsgrundlage" schaffen sollte, aus der klar werde, ob neben den 255 Millionen Euro Entwicklungskosten die dann serienreifen ISIS-Module für 55 Millionen Euro pro Stück gebaut werden könnten. Wenn diese Entscheidungsreife erreicht sei, könne man sich nach Trägersystemen umsehen. In der erwähnten Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen wird als Alternativdrohne zum technisch veraltenden Euro Hawk die "RQ-4 Triton" genannt.

In einem Interview in der Fernsehsendung "Bericht aus Berlin" nahm von der Leyen den Ball auf und erklärte, dass die ISIS-Technik fast fertig erforscht sei und den Labortest bestanden habe. Sie müsse nur noch den Praxistest in großer Höhe bestehen. Ihr Ministerium habe sich mit den Gutachtern umgeschaut und gesehen: "Es ist die Plattform Euro Hawk, die genommen wird, um die Technik zu erforschen. Dann wird es einen zweiten Schritt geben, nämlich für die Serienreife. Wenn wir dann in den Normalbetrieb gehen, werden wir eine andere Drohne nehmen, die heißt Triton. Die ist aus den USA."

Die gravierenden Einwände gegen das Projekt Euro Hawk, von der mangelnden Informationsbereitschaft des US-amerikanischen Herstellers Northrop Grumman bis zum Problem der Zulassung und Integration der Drohne in den allgemeinen Luftraum, werden zumindest in der Kurzfassung sehr schwammig umschrieben. So heißt es zum potenziellen Risiko: "Weiterhin gilt es zu beschließen, ob der Einstieg in die unbemannte Luftfahrt der HALE-Klasse weiter zu verfolgen ist. Hierbei sind die Zukunfts- und Aufwuchsfähigkeiten dieser Technik und ihres höheren operationellen Potenzials (24-Stunden-Verfügbarkeit) sowie der Schutz von Einsatzpersonal gegen die noch offenen Fragen der Luftverkehrszulassung abzuwägen."

Für den Neustart des Projektes kann sich der übrigens auch Koalitionspartner SPD erwärmen. Gegenüber der Rheinischen Post erklärte Rainer Arnold, verteidigungspolitischer Sprecher der SPD, dass ein Comeback des Euro Hawk die beste Lösung sei. Euro Hawk sei ein Quantensprung, weil das System eine Flughöhe von 20 Kilometern erreichen könne: "Die weltpolitische Lage ist so, dass signalauffassende Aufklärung benötigt wird", erklärte Arnold. Von Deutschland aus wäre die Auswertung des allgemeinen Funkverkehrs bis in die Ukraine und nach Russland möglich. (anw)