Zank um neue Top Level Domains

Eine Neuauflage des Streits um die Bewerbungen für generische Top Level Domains zeichnete sich beim Treffen der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) in Los Angeles diese Woche ab: Geografische Namen sollen besser geschützt werden.

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Von
  • Monika Ermert

Eine Reihe von Regierungsvertretern will Bewerbungen wie .amazon oder .patagonia künftig von vornherein ausschließen – durch einen besseren Schutz für geografische Namen im DNS. Das rief die Vertreter von Unternehmensnutzern und Markenrechtsinhabern (Business Constituency und IP Constituency) auf den Plan. Marschieren die beiden Seiten sonst gerne gemeinsam, wenn es um den Schutz des geistigen Eigentums geht, boten sie jetzt einen Vorgeschmack auf das bevorstehende Scharmützel in der .geo-Frage.

Der Regierungsbeirat der ICANN hatte in Los Angeles zu einerAussprache über erste Entwürfe zum besseren Schutz der geo-TLDs in Runde zwei geladen. Aus Sicht zahlreicher Regierungen sollte der Schutzbereich geografischer Namen über die in der noch laufenden Runde eins bereits geschützten Länder- und Städtenahmen hinausgehen. Auch andere Ortsbezeichnungen sowie Namen für Bevölkerungsgruppen oder Sprachen sollten nicht ohne Zustimmung der jeweils zuständigen Administration oder Gemeinschaft registriert werden können.

Die Vertreterin Perus riet beim Treffen in Los Angeles dazu, auch den Kampf gegen Biopiraterie in die Überlegungen einzubeziehen. Als “zu vage” und “unvorhersagbar” in ihrer Reichweite griffen Vertreter der Business Constituency und der IP Constituency der ICANN dies an. Einig waren sie sich mit den Regierungen andererseits in einer harschen Kritik an ICANNs zu lascher Politik beim Schutz anderer Namensansprüche in der laufenden Runde. Manche TLD-Betreiber knüpften Markeninhabern Wucherpreise von 4500 Dollar für Vorabregistrierungen in der so genannten Sunrise-Phase ab. Überdies bleibe es Geheimnis der Registries, wer noch auf “ihre” Namen scharf sei.

Die Regierungen präsentierten der ICANN ihrerseits eine lange Liste von Nachbesserungen. Für Domains im Gesundheits-, Bankenbereich oder aus dem Bereich anderer stark regulierten Branchen, für Domains, die Kinder ansprechen oder für urheberrechtlich neuraligische TLDs fehle es noch an der Implementierung und Durchsetzung besonderer Valildierungs- und Verifizierungsverpflichtungen. Kritik kassierte die ICANN-Führung schließlich wegen der von vielen als unfair empfundenen Ablehnung von Community-TLDs.

Bei so viel Kritik kann es kaum verwundern, dass es derzeit mehr Gegner als Befürworter einer raschen zweiten Bewerbungsrunde gibt. Noch steckten gerade die heiklen TLD-Bewerbungen mitten im Verfahren, mahnte Hubert Schöttner, Vertreter des Wirtschaftsministeriums in Los Angeles. Deren Abschluss solle man erst einmal abwarten. Die von ICANN angekündigte Evaluierung von Runde eins bedeute keineswegs, dass man schon im kommenden Jahr neu starte, hieß es von Seiten der ICANN. Eine Reihe von abgelehnten Bewerbern befürwortet aber eine Art “Wiedergutmachungsrunde”, damit sie noch vor einem möglichen zweiten Ansturm zum Zug kommen könnten. Die ICANN hat ihre Einkommenserwartungen aus den neuen TLDs mittlerweile übrigens nach unten berichtigt, trotz der der bis Ende September erzielten rund 14 Millionen Dollar allein durch Auktionen. (js)