"Bitcoin-Brothers": Berliner Startup will das Mining umkrempeln

Das Mining genannte Erzeugen neuer Bitcoins findet immer mehr in Rechenzentren statt. Ein Berliner Startup will das nun im großen Stil betreiben und verspricht dabei Mining-Hardware einer neuen Generation.

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Der Trend beim Bitcoin-Mining geht immer stärker zum Schürfen auf Rechenzentrums-Niveau. Das Geschäftsmodell der Anbieter verschiebt sich entsprechend vom Verkauf der Mining-Hardware hin zum "Cloud-Mining“, also der Vermietung von Hashing-Leistung an zahlende Kundschaft. Jüngstes Beispiel ist das 2013 gegründete Berliner Startup Bitcoin Brothers, das überaus selbstbewusst eine neue Generation von Minern verspricht, die "Massiven Super-Effizienten Maschinen“ (MSEM).

Rund 320 Petahash/s umfasst die Miningleistung des Bitcoin-Netzwerks aktuell. Glaubt man den Bitcoin Brothers wird es bald deutlich mehr sein.

(Bild: Blockchain.info)

Diese MSEMs sollen Leistungen von 6 Petahash/s erbringen – zum Vergleich: Aktuelle Modelle wie der SP35 Yukon Power von Spondoolies versprechen rund 5,5 Terahash/s. Und die Gesamtleistung des Mining-Netzwerks liegt laut Zählung von Blockchain.info aktuell bei rund 320 Petahash/s. In jeder dieser Wundermaschinen der Bitcoin Brothers sollen dabei 256.000 anwendungsspezifische integrierte Schaltkreise verbaut sein (16nm FinFET ASICs). "Von Anfang an haben wir alle Komponenten und die Geschäftsstrategie darauf ausgelegt, massiv zu skalieren," sagt Bitcoin Brother Mark Welle. So komme man auf ein Zehntel der Kosten aller sonstigen Mitbewerber.

Die Super-Miner sollen dann in isländischen Rechenzentren zum Einsatz kommen, die Energie dafür stammt dem Vernehmen nach aus erneuerbaren Quellen. Konkrete Partner in Island nannte das Start-Up nicht. Ab dem ersten Quartal 2015 solle die Vermietung von Hashing-Kapazitäten beginnen. Wie hoch die Leistung zum Start sein soll, wurde noch nicht deutlich. In der Pressemitteilung wird davon gesprochen, im ersten Quartal 300-400 Petahash/s zu erreichen – also praktisch das momentane Mining-Netzwerk.

Bitcoin-Mining dient zur Verarbeitung von Transaktionen, die dadurch im dezentralen Zahlungsverzeichnis Blockchain gespeichert werden. Die weltweit zum Mining versammelten Rechner müssen um die Wette eine kryptografische Aufgabe lösen, für die eine Belohnung von derzeit 25 Bitcoins winkt. Die Schwierigkeit passt sich dabei regelmäßig der versammelten Rechnerkapazität an. Für Privatnutzer lohnt sich die Anschaffung eigener Hardware dafür praktisch gar nicht mehr.

Thomas Ackermann, Technik-Chef der Bitcoin Brothers.

(Bild: Bitcoin Brothers)

Bei wem sich das Startup die selbstentwickelten ASICs fertigen lässt, ist noch unklar. Techcrunch ging in einem Bericht von einer Zusammenarbeit mit dem taiwanischen Hersteller TSMC aus. Thomas Ackermann, Technikchef der Bitcoin Brothers, wollte das gegenüber heise online nicht bestätigen. Man habe sich die beste Foundry dafür ausgesucht, Probleme, die Chips zeitgerecht in ausreichender Menge und Qualität herzustellen, gebe es nicht, erklärte er.

Offen ist auch noch, wie viel das Berliner Start-up in seiner Kriegskasse hat. Ein Eintrag in der Datenbank von Techcrunch nennt lediglich einen Kapitalstock von 400.000 US-Dollar – die Umsetzung der Pläne dürfte sicherlich Summen im zwei- bis dreistelligen Millionenbereich erfordern. Ackermann erklärte im Gespräch, dass der Eintrag von 2013 und längst veraltet sei, nannte aber weder aktuelle Zahlen noch Namen von Investoren. Allerdings nehme man noch zweistellige Millionenbeträge an, um den Start mehr "Bang" zu verleihen.

Die Frage, ob derartige Kapazitäten nicht praktisch ein Kapern des Netzwerks im Stile einer 51-Prozent-Attacke bedeuten, verneinte Ackermann. Bei einer solchen Attacke könnte ein Akteur, der über mehr als die Hälfte der Mining-Kapazität des Netzwerks gebietet, schwerwiegende Manipulationen vornehmen. Das Geschäftsmodell überlasse vielmehr den Kunden volle Kontrolle, ob sie die gemietete Leistung zum Beispiel dem gebündelten Mining in einem Pool zuführten, betonte Ackermann. Für sich selber wollen die Bitcoin Brothers nicht schürfen. Er hob stattdessen hervor, dass dem Bitcoin-Netzwerk so die nötigen Kapazitäten für die Verarbeitung viel größerer Transaktionsvolumina zur Verfügung stünden.

Sollte das Startup tatsächlich seine Ankündigungen umsetzen können, dürften diese hocheffizienten Maschinen das Bitcoin-Mining von Kopf bis Fuß umkrempeln. Allerdings gibt es bislang keine Nachweise, dass die MSEMs tatsächlich die versprochene Leistung erbringen können. Auch die vielen offenen Fragen lassen noch ein breites Spektrum an Einschätzungen zu – von revolutionär bis heiße Luft.

Doch auch wenn die Petahash-Revolution auf Island ausbleibt, bewegt sich der Markt scheinbar unausweichlich in die Richtung industriellen Minings. Erst kürzlich gab der schwedische Hersteller Kncminer bekannt, sich aus dem Verkauf von Miner-Hardware an Privatkunden zurückzuziehen und nur noch selbst zu minen. Nun legte das Unternehmen nach mit der Ankündigung, ein neues Rechenzentrum fürs Mining am schwedischen Polarkreis einzurichten.

Der Betreiber des Mining-Pools Btcguild sprach kürzlich von Schließung und dann von Verkauf des Pools – als einen der Gründe führt er an, dass die Mining-Farmen großer Anbieter den Ertrag drückten. Anbieter wie Megabigpower in den USA weisen ebenfalls in diese Richtung. Und in Deutschland will sich ein weiteres Startup namens Coinbau, das ursprünglich unter dem Namen Asic Rising firmierte, ein Stück vom Kuchen des Mining-Marktes ergattern.

[UPDATE, 05.11.2014, 22:10]

Die Bezeichnung "Berliner Startup" ist leider ungenau. Bitcoin Brothers gibt im Impressum Brandenburg an der Havel als Firmensitz an und ist im Handelsregister des Amtsgerichts Potsdam eingetragen. (axk)