Was bringt uns das All?

Erfolgsmeldungen und Rückschläge in der Raumfahrt machten in den letzten Wochen Schlagzeilen. Ein Grund für die nüchterne Frage: Was kostet uns die Raumfahrt?

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Von
  • Ulrike Weichert

Erfolgsmeldungen und Rückschläge in der Raumfahrt machten in den letzten Wochen Schlagzeilen. Ein Grund für die nüchterne Frage: Was kostet uns die Raumfahrt?

Gebannt verfolgte die Welt letzten Mittwoch die erste Landung des Mini-Labors Philae auf dem Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko. Seine Mission: Daten von der Kometenoberfläche zu sammeln. Experten vergleichen das Aufsetzen auf „Tschuri“ gern mit der Mondlandung. Im Wettlauf um den Mond während des Kalten Krieges spielten Kosten jedoch keine Rolle. Raumfahrt war vielmehr die Fortführung von Politik mit anderen Mitteln. Inzwischen arbeiten beide Weltraumnationen zusammen: Russische Raumtransporter befördern amerikanische Astronauten zur Internationalen Raumstation – ein 100-Millarden-Dollar-Projekt.
Nach sechs Monaten auf der ISS kehrte der deutsche Astronaut Alexander Gerst auf die Erde zurück. Er führte mehr als 100 Experimente zur bemannten Raumfahrt durch. Die Mitfluggelegenheit für Gerst kostete etwa 50 Millionen Euro.

Doch es gab auch herbe Rückschläge: Im Oktober explodierte die unbemannte, zweistufige Antares-Rakete wenige Sekunden nach dem Start. Mit dem Raumfrachter Cygnus verglühten nicht nur knapp zweieinhalb Tonnen Versorgungsgüter für die Internationale Raumstation ISS, sondern auch mehr als 157 Millionen Euro.
Viel Geld hatte sich auch Virgin-Chef Richard Branson aus seinen touristischen Weltraumausflügen versprochen. Rund 700 Menschen, vor allem Hollywood-Prominenz, hatten bereits Flugtickets für je 250,000 Dollar gebucht. Nach dem Absturz der VSS Enterprise Ende Oktober, bei dem der Co-Pilot verstarb, muss er sich mit den Erlösen wohl noch gedulden.

Die Erforschung des Weltraums ist teuer und lebensgefährlich. Wenn sich auch einzelne Zweige der Raumfahrt, wie vor allem Satelliten, kommerziell erfolgreich betreiben lassen, sind die Aussichten auf Rendite eher marginal. Die Frage wird laut, ob das Geld nicht besser in Forschung gesteckt werden sollte, die „weltliche“ Probleme löst.

Der Film „Interstellar“ spielt mit dieser Idee: Statt weiter an Raumfahrttechnik zu forschen, werden Ingenieure in die Landwirtschaft berufen, um die Ernährung der Welt zu gewährleisten. Der verbleibende Rest der Weltraumbehörde Nasa versteckt sich in einem Maisfeld. Nach katastrophalen Ernteausfällen rettet die Grundlagenerkenntnis aus einer letzten Weltraummission kurz vor knapp den Lebensraum der Menschen. Sicherlich eine überspitzte Utopie, die Story tragen soll. Dennoch hebt der Film die Wichtigkeit von Grundlagenforschung hervor. Eine Botschaft, die den Nutzen von Erkenntnissen aus der Raumfahrt verdeutlicht, auch wenn deren praktische Anwendungsmöglichkeiten nicht direkt ersichtlich sind.

Aber auch ein weiteres Phänomen wird verbreitet: die Schutzbedürftigkeit der Erde. Alexander Gerst verschickte Hunderte von Fotos über den Zustand der Erde in den Weiten des Alls. Dass es überhaupt möglich ist, den Kometen „Tschuri“ in in etwa 510 Millionen Kilometern Entfernung zu erreichen, versetzt die Welt ins Staunen. Es drängt Menschen dazu, die noch unerforschten Gebiete im Mikro- oder Makrokosmos verstehen zu wollen. Statt also zu fragen, was uns die Erforschung des Weltalls kostet, sollte vielmehr die Frage medial in den Vordergrund rücken, was es uns bedeutet. Das Geld für die Raumfahrt ist dann gut investiert, wenn ihre Errungenschaften im Bewusstsein der Menschen ankommen. Der Weltraum hat einen enormen emotionalen Wert, der sich nicht mit einer Kosten-Nutzen-Rechnung bemessen lässt. Die Aufgabe, diesen Wert zu vermitteln, fällt den Medien zu – auch wenn es dabei nicht direkt um die dramatische Rettung der eigenen Spezies gehen muss. (jlu)