Breitbandausbau: "Wir müssen uns echt beeilen"

Auf der Jahrestagung des Breko-Verbands in Berlin läuten Experten die Alarmglocken: Für die Breitbandpläne der Bundesregierung ist es schon Fünf vor Zwölf.

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Breitbandausbau: "Wir müssen uns echt beeilen"

Dorothee Bär im Gespräch mit Moderator Remco van der Velden.

(Bild: heise online/vbr)

Lesezeit: 4 Min.

Das Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur (BMVI) drängt auf eine möglichst schnelle Vergabe umgewidmeter TV-Frequenzen für den Breitbandausbau. "Uns ist es wichtig, eine schnelle Vergabe auch der 700-MHz-Frequenzen zu vollziehen, möglichst noch im ersten Halbjahr 2015", sagte Staatssekretärin Dorothee Bär (CSU) auf der Jahrestagung des Bundesverbands Breitbandkommunikation (Breko) am Donnerstag in Berlin. Das Geld, so hoffen nicht nur die Netzbetreiber, sollte dann nicht in irgendwelchen Haushaltslöchern versinken.

Die Frequenzen, auf denen bisher noch das terrestrische Fernsehen sendet, sollen im Zuge des Umstiegs auf DVB-T2 geräumt werden. Die Umwidmung des Spektrums für Mobilfunk ist eine der tragenden Säulen der Breitbandpläne der Bundesregierung, die bis 2018 eine flächendeckend Versorgung mit einer Bandbreiten von 50 Mbit/s vorsehen. Die Bundesnetzagentur will die Frequenzen im kommenden Jahr versteigern. Das Verfahren ist nicht unumstritten. Die Netzbetreiber wollen keinen neuen Goldrausch wie bei bei der UMTS-Auktion im Jahr 2000, über die sich vor allem der damalige Finanzminister Hans Eichel (SPD) gefreut hat.

Und auch die Opposition unkt. Die Bundesregierung solle nicht so tun, als ob die Frequenzauktion die Breitbandprobleme des Landes auf einen Schlag löst, meint die medienpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Grünen, Tabea Rößner. Schließlich müssten an den Erlösen die Bundesländer beteiligt und Nebennutzer der Frequenzen (etwa Veranstaltungstechnik) entschädigt werden. "Also bleiben dem Bund vielleicht 1,5 Milliarden", kalkuliert Rößner. "Das ist dann doch ein bisschen kurz gegriffen." Die Kosten für des Ausbau mit 50 Mbit/s werden auf 20 Milliarden geschätzt.

Warum die Frequenzen überhaupt versteigert werden müssen, fragt René Obermann. Dass der frühere Telekom-Boss, derzeit noch CEO des niederländischen Kabelnetzbetreibers Ziggo und dort auf dem Absprung, in Berlin vor den alten Konkurrenten spricht, kann man auch als Zeichen des schnellen Wandels in der Branche nehmen. Obermann bringt für die Frequenzvergabe einen "Beauty-Contest" ins Spiel: Das Spektrum wird nach Qualitätskriterien und mit Ausbauverpflichtung vergeben, das Geld geht erst gar nicht an den Staat. "Wer nicht ausbaut, dem werden die Lizenzen wieder weggenommen."

René Obermann in der Höhle der Löwen.

(Bild: heise online/vbr)

Obermann mahnt zur Eile. Der Breitbandausbau ist von strategischer Bedeutung für die Zukunft, in der jedes Auto, jedes Haushaltsgerät und jede Industriemaschine das Netz mit Daten flutet. Es geht also um eine kritische Infrastruktur, so wichtig "wie Straßenbau und Energieversorgung", meint der Ziggo-CEO. Wo die Netzbetreiber nicht ausbauen können, weil es sich nicht rechnet, müsse deshalb auch gezielt subventioniert werden bei einer Regulierung, die mehr auf Investitionen ausgerichtet ist. In dünn besiedelten Regionen müssten Wettbewerber auch zusammenarbeiten.

Eine Förderung für den Ausbau in ländlichen Regionen hat auch die Bundesregierung schon in Aussicht gestellt. Das dürfe aber nicht zu Lasten des Wettbewerbs gehen und letztlich der Telekom zu Gute kommen, warnt Klaus Holthoff-Frank. "Der Wettbewerb muss das zentrale Anliegen der Regulierung bleiben." Der Generalsekretär der Monopolkommission regt an, ein Teil des Spektrums für einen möglichen vierten Mobilfunkanbieter zu reservieren.

Rößner glaubt nicht, dass die Frequenzen alle Probleme lösen. "Wenn wir mal ehrlich sind, brauchen wir flächendeckend Glasfaseranschlüsse mit hohen Bandbreiten." Ohne Geld vom Staat wird das kaum zu schaffen sein. "Die Finanzierung ist ja eine Frage der Prioritäten", meint Rößner. Der Vorsitzende des Bundestagsausschusses Digitale Agenda, Jens Koeppen (CDU), stellt immerin noch eine Milliarde aus dem Bundeshaushalt in Aussicht.

Die Netzbetreiber stehen bereit und wollen "kräftig ausbauen, wenn die Bedingungen stimmen", verspricht Breko-Vize Johannes Pruchnow. Die Zeit drängt, findet Obermann: "Wir müssen uns echt beeilen." Auch Rößner vermisst Tempo: "Wenn jede Bundesregierung erstmal anfängt zu diskutieren, kommen wir nie weiter." In Berlin wird derweil viel Papier beschrieben: Netzallianz, Kursbuch. Alles wunderbar, sagt Breko-Präsident Ralf Kleint. "Aber wir müssen jetzt Butter bei die Fische geben." (vbr)