Konzern baut Öko-Stadt

Die Hausbauabteilung des japanischen Elektronikriesen Panasonic koordiniert die Erstellung einer "Future City".

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Die Hausbauabteilung des japanische Elektronikriese Panasonic koordiniert die Erstellung einer "Future City".

Noch klebt Folie an den Wänden, ist der Boden teilweise mit Pappe abgedeckt und die Decke nicht komplett verkleidet. Dennoch wird das Gebäude der internationalen Presse vorgeführt. Denn der Termin für die feierliche Eröffnung der "Fujisawa Smart Sustainable Town" stand nicht zur Diskussion. Schließlich ist der 27. November der Geburtstag von Konosuke Matsushita – dem Gründer von Panasonic, der in diesem Jahr 120 geworden wäre.

Vorgeführt wird ein Hightech-Öko-Städtchen, das der japanische Konzern und ein Konsortium aus aktuell 17 weiteren Firmen derzeit aus dem Boden stampfen. Rund 50 Kilometer nordwestlich von Tokio entstehen auf 19 Hektar Fläche 600 Häuser und 400 Wohnungen. In der endgültigen Ausbaustufe 2018 soll das Städtchen Platz für 3000 Menschen bieten.

Rein äußerlich wirkt diese "Zukunftsstadt" eher wie eine englische Reihenhaussiedlung: kleine, beige Einfamilienhäuser, umrahmt von schmalen, akkurat angelegten Beten. Nicht mal die in Japan allgegenwärtigen oberirdischen Strom- und Telefonkabel trüben den Eindruck. Sämtliche Leitungen liegen hier erdbebensicher unter der Erde. Und so verleihen das Elektrofahrrad in einem Hauseingang und die zum Trocknen aufgehängte Wäsche der Szenerie schon fast etwas Unordentliches.

Damit hört die Analogie zur englischen Reihenhaussiedlung aber auch schon auf. Die Fassaden sind mit einer schmutz-abweisenden photokatalytischen Schutzschicht versehen.

Eine aktive Belüftung mit Wärmetauscher sorgt für die Klimatisierung. Beleuchtet wird überall nur mit energie-sparenden LEDs. Außerdem verfügt jedes Haus über ein Energiemanagement-System, das vollautomatisch den Energieverbrauch minimiert.

Und für japanische Verhältnisse geradezu revolutionär: 30 Prozent des Energiebedarfs der Siedlung sollen aus Sonnenenergie stammen. Landesweit beträgt der Anteil der erneuerbaren Energien gerade mal zehn Prozent, und selbst davon geht der größte Teil auf das Konto von Wasserkraft. In Fujisawa hat jedes Haus Photovoltaik-Module auf dem Dach mit einer maximalen Leistung von vier Kilowatt.

Den restlichen Strom und das heiße Wasser liefern Brennstoffzellen, die mit Erdgas betrieben werden. Auch die öffentlichen Gebäude und Flächen sind mit PV-Modulen gepflastert. Diesen Strom verkauft die Betreibergesellschaft an Tepco – ironischerweise der Energieversorger, der auch die Atomkraftwerke in Fukushima betrieben hat. Im Krisenfall schaltet die Siedlung allerdings auf komplette Selbstversorgung. Sie kann sich dann für drei Tage aus ihren Speicherbatterien bedienen.

Über ein Steuer-Panel, Tablet, Smartphone oder das Smart-TV haben die Bewohner zudem Zugriff auf das virtuelle "Stadt-Portal". Dort können sie sich beispielsweise ein Elektroauto oder ein Pedelec reservieren, Nachrichten mit ihren Nachbarn austauschen oder sich für eine Veranstaltung im Gemeindezentrum anmelden. Dort gibt es etwa ein "Square Lab". Neben einer hochmodernen Küche bietet es einen 3D-Drucker und einen Lasercutter.

Das Stadt-Portal ist aber nicht nur das organisatorische Zentrum für die Freizeitgestaltung. Es soll auch die Basis für künftige Dienstleistungen legen. Wer es nutzt, hinterlässt Daten über seine Wünsche und Aktivitäten. Das Konsortium hofft, dass daraus neue Ideen für Geschäftsmodelle entstehen. So wollen die Firmen weitere Partner anlocken.

Die ersten 100 Häuser sind laut Panasonic bereits verkauft. Ein Teil davon ist auch schon bezogen. Auf hundert Jahre ist das Experiment angelegt. Es dürfte spannend werden, was die Bewohner mit ihrer Stadt machen – und die Stadt mit ihren Bewohnern. (wst)