Alte Rechenmaschinen und 1000 Jahre Straßburger Münster

Just zu Beginn der Feierlichkeiten zum tausendjährigen Geburtstag des Straßburger Münsters sind neue Rechenmaschinen des Uhrmachermeisters Schwilgué aufgetaucht.

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Alte Rechenmaschinen und 1000 Jahre Straßburger Münster

Rechtzeitig zum tausendjährigen Jubiläum des Straßburger Münsters aufgetaucht:  der für die Konstruktion der Uhr benutzte Tastenaddierer von Jean-Baptiste Schwilgué (etwa um 1840) mit 36 Messingtasten.

(Bild: Historisches Museum Straßburg)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Andreas Stiller

Am Heiligen Abend vor 170 Jahren meldete der französische UhrmachermeisterJean-Baptiste Schwilgué, der Schöpfer der letzten astronomischen Uhr des Straßburger Münsters, sein Patent für eine mechanische Addiermaschine und einen allgemeinen mechanischen Zähler an. Dazu gibt es interessante Neuigkeiten.

Schon im Januar 2014 hat der Schweizer Informatiker, Technikhistoriker und Dozent i.R. der ETH Zürich Herbert Bruderer (unter anderem Autor von "Konrad Zuse und die Schweiz") tief versteckt im Fundus der Sternwarte an der ETH Zürich zwei besondere Schätze gehoben, ein frühes Exemplar des Thomas-Arithmometers und eine Tastenaddiermaschine von Jean-Baptiste Schwilgué aus dem Jahre 1851.

Das Thomas-Arithmometer, gebaut von dem Versicherungsunternehmer Thomas de Colmar (1785 - 1870) aus Paris, war die weltweit erste erfolgreiche und in Serie gefertigte (mechanische) Rechenmaschine. Sie beruht auf dem Prinzip der Leibniz-Rechenmaschine, deren einziges Original sich in der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek in Hannover befindet und das Ende November erstmals der Öffentlichkeit präsentiert wurde.

Schwilgué (1776–1856) war der besagte Schöpfer der wohl berühmtesten astronomischen Uhr, die heute noch läuft. Seine Rechenmaschine gilt als das älteste erhaltene Addiergerät, bei dem sich die Zahlen über eine Tastatur eingeben lassen. Bisher waren nur zwei Modelle bekannt, das zweite, nicht betriebsbereite aus dem Jahre 1846 befindet sich in Straßburg. Es wurde erst 2014 von den Nachfahren der Ingenieure Ungerer, die später das Schwilgué-Unternehmen übernommen hatten, dem Straßburger Historischen Museum übergeben.

Die Schwilgué-Rechenmaschine (Modell C) aus dem Jahre 1846

(Bild: Historisches Museum Straßburg)

Weitere Funde

Kurz vor Weihnachten, am 9. Dezember, konnte Bruderer im Depot dieses Straßburger Historischen Museums – neben zwei Vormodellen und mechanischen Zählern – eine weitere eigenartige, mechanische Rechenmaschine von Schwilgué aufspüren. Wie sich dann herausstellte, war deren Existenz schon geraume Zeit einem lothringischem Technologiehistoriker bekannt, der jedoch seine Entdeckung aus unklaren Gründen unter Verschluss hielt und auch nicht wollte, dass Bruderer oder jemand anderes darüber berichtet. Aber auf Forschungs- und Veröffentlichungsverbote lassen sich Schweizer Wissenschaftler grundsätzlich nicht ein.

Anfang Dezember begannen in Straßburg bereits die zahlreichen Feierlichkeiten zum "millénaire des fondations de la cathédrale de Strasbourg", welche 2015 ihr tausendjähriges Jubiläum feiert. Passend dazu soll im Herbst 2015 das Buch "Meilensteine der Rechentechnik: Zur Geschichte der Mathematik und der Informatik" von Bruderer herauskommen, verziert auf der Titelseite mit der berühmten Rechenmaschine des Straßburger Uhrmachermeisters Schwilgué.

(Mit Material und Bildern von Herbert Bruderer) (as)