Kreative Kinder dank Wearables?

Kann eine neue Hardware unserem Nachwuchs die Kindheit wiederbringen? Ein japanischer Entwickler versucht es mit einer Idee, die sich inzwischen weltweit um die Handgelenke der lieben Kleinen schlingt.

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Von
  • Martin Kölling

Kann eine neue Hardware unserem Nachwuchs die Kindheit wiederbringen? Ein japanischer Entwickler versucht es mit einer Idee, die sich inzwischen weltweit um die Handgelenke der lieben Kleinen schlingt.

Meine Horrorvorstellung ist eine Generation von Kindern, die nur mit Spielekonsolen, Handys und Tablets aufwächst. Da wird nicht mehr wie in der analogen Kindheit meiner Generation draußen oder drinnen kreativ mit Dingen, die der Alltag kostenlos hergibt, die Welt in den Köpfen nachgespielt. Mit Tablets und Smartphones wird gemalt. Gelernt. Gespielt. Kommuniziert. Ferngesehen.

Und mehr noch: Die Kinder chatten durch die Geräte mit Freunden, die neben ihnen hocken. Durch diese Hardware sehen sie die Welt. Unbeweglich. Ewig sitzend, mit gekrümmten Rücken und verkümmerter Kreativität, geschrumpfter Gedulds- und Konzentrationsspanne. Und sie haben erderschütternde Wutausbrüche, wenn verzweifelte Eltern ihnen das Gerät wegnehmen, weil weder gut gemeinte Appelle noch eindrücklichere Ermahnungen zum bewussten Umgang mit Medien fruchten.

Doch halt! Der Japaner Akinori Takahagi hat vielleicht ein Wearables-Gerät entwickelt, mit dem wir unseren Kindern unsere Kindheit zurückbringen können: Moff heißt das Armband, das mit dem Smartphone verbunden werden kann. Und die Idee dahinter ist, Feuer mit Feuer zu bekämpfen. Sprich: Hightech zu nutzen, um die negativen Nebeneffekte von anderen Gadgets zu lindern. Denn verbunden mit dem Handy kann das Armband dank eingebauter Gyro- und Beschleunigungssensoren Bewegungen des Arms in Geräusche umsetzen, die das Smartphone dann wiedergibt.

Dank auf dem Handy wählbarer Geräuschkulissen werden Kochlöffel zu Schwertern, Tennisschlägern oder Trommelstöcken, Lineale zu Laserpistolen und Besen zu Gitarren. Alles wird zum Spielzeug, bewerben die Hersteller ihr Produkt. Und plötzlich springt das Kind aus seiner Kauerstellung auf und erlebt technisch beschwingt kreative Höhenflüge, in dem es wieder richtige Gegenstände aus der realen Welt in die Hände nimmt.

Grantler mögen einwenden, dass dies verglichen mit der analogen Welt ein phänomenaler Rückschritt sei. Schließlich haben wir all dies in unserer Jugend auch ohne Technik geschafft. Stattdessen machten wir uns unsere Geräusche selbst: "Tsching-tsching" fochten wir als die guten Piraten von St. Malo unsere britischen Verfolger ins Jenseits. Mit "Peng-peng, du bist tot!" schickten wir die Feinde Winnetous in die ewigen Jagdgründe. Und Eimer wurden schnell zu Trommeln.

Ehrlich gesagt glaube auch ich, dass diese eigene Entdeckung der Welt die Fantasie stärker fördert als die technisch angeleitete. Zudem ist die Idee schon genial. Denn Eltern im Digitalzeitalter bietet das Produkt eine Alternative zum kalten, kaum durchführbaren Mobile-Gadget-Entzug mitsamt seinen Entzugserscheinungen.

Anstatt unseren Kindern die Geräte wegzunehmen, nach denen wir selbst ja schon süchtig sind, gibt man ihnen einfach ein weiteres Gerät dazu, um sie wieder aktiver spielen zu lassen. Das ist zwar nicht ganz so wie in "unserer" Jugend (ich spreche mal für die analog aufgewachsene Generationen), aber immerhin besser, als sich vor allem virtuell auszutoben und nur so die Welt aufzunehmen. (bsc)